Schottischer Kurzbesuch, Kultur und Nordseeradweg Rückdenken

Ein Besuch in der Völklinger Hütte. Industriekultur und Kunst. Rost trifft Popart. Moderne Kunst in von Pflanzen zurück erobertem Gelände. Mit von der Partie ist Ray, den ich während der Nordseeumrundung im Sommer kennen lernte. Für drei Tage ist er Gast auf dem einsamen Gehöft in der Pfalz. Gestern gabs Kultur in Völklingen, heute steht ein Artwalk in Zweibrücken auf dem Programm. Natürlich per Rad.

Am Eingang zur Allen Jones Ausstellung in Völklingen – drinnen herrscht Fotoverbot
Allen Jones-Ausstellung in der Völklinger Hütte
Das Außengelände des Eisenwerks an der Saar ist der Natur überlassen
Völklinger Hütte

Rekonstruktion der Nordseerunde auf Everytrail

An Tag zwei der Nordseerunde, dem 29. März 2012, radelte Reisekünstler Irgendlink von Saarlouis über Frankreich bis nach Esch sur Alzette in Luxemburg. Gut 70 Kilometer durch hügeliges Land. Sonne hold. Abends schrieb er „Im Gaalgebierg“, eine Situationsstudie zu später Stunde auf dem örtlichen Campingplatz.

  • Die viermonatige Radtour auf dem Nordseeküstenradweg wurde zwischen 28. März und 1. August 2012 live auf https://irgendlink.de gepostet, täglich frisch, Fotos, Berichte, Hintergrundinfos. Hier gehts zur Kategorie Ums Meer, chronologisch sortiert von Anfang bis Ende.

Nachfolgend der Trip auf Everytrail, angereichert mit ein paar Fotos. Im Gegensatz zum Beitrag vom ersten Tag wird an dieser Stelle nicht mit Flashplayer gearbeitet. In der Hoffnung, dass es besser angezeigt wird (Emil berichtete ein Problem). Ihr müsst die Bilder anklicken, um sie zu vergrößern. Ein Klick auf den Titel führt zur Slideshow-Darstellung auf Everytrail.com

North Sea Cycle Route 2 at EveryTrail – Tag 2 der Reise um die Nordsee auf Everytrail

 

Ein Sowchosist auf digitalem Großgrund

Webseitengestalten ist die Fortsetzung der Landwirtschaft mit anderen Mitteln.

Du solltest auf einem Traktor sitzen mit sollllchen Reifen. Dreißig Liter Diesel die Stunde. Maisernte vorbei. Scheun‘ und Fass gefüllt. Die Zwanzigzwölfer Ernte war schlecht aber es reicht.

Stattdessen Pixelschubsen. Neues Wissen aneignen. Mein Traktor hat fünf Füße, Rücken und Armlehne, sogar kleine Räder an den Füßen. Null Liter Diesel pro Stunde. Das Steuerrad vom Typ QWERTZ ist per Funk mit dem Internet verbunden. Mein Acker ist ein von Menschen für Menschen bereitetes Terrain, aufgeteilt in Parzellen: www.irgendlink.de und sofasophia.wordpress.com etwa heißen die Grundstücke der modernen Kleinstbauern. Hier ackern wir und schuften, düngen mit Schlagworten. Ganzjährig währt die Saison. Wir bauen Wissen an, Humor, Unterhaltsames wächst direkt neben Politischem. Literatur und Plattitüden stehen Feld an Feld. Die Grenzen sind ebenso klar wie durchlässig. Es gibt keinen Raum, keine geometrische Fläche und dennoch hat man das Gefühl, im agrikulturellen weltweiten Netz wie in einem echten Garten spazieren zu gehen. Man kennt seine Nachbarn und man ist sich der Weite bewusst, ja, ich möchte fast sagen, der Unbegrenztheit.

Alles scheint möglich. Täglich entsteht neues, vergeht altes.

Wo hätte ich in den Siebzigern gedacht, auf echtem Acker meinen Vater bewundernd, dass ich einmal etwas anderes tun würde, als Felder zu bewirtschaften, Vieh züchten, schlachten, Wurstbauer der feinen Künste. Wo hätte ich mir in den Achtzigern und Neunzigern träumen lassen, dass ich einmal Pixelbauer werde, Sowchosist auf digitalem Großgrund. Das Internet ist ein Segen.

Die Loungemöbelfabrik, in der ich so gerne gearbeitet habe – vor der Reise um die Nordsee – ist geschlossen. Die Rückkehr in den geliebten Job als Möbelbauer, als Tacker, kaum möglich. Nicht ohne den Wohnsitz zu wechseln.

Was liegt näher, als sich ein Stück brachliegendes Digital-Land vorzuknöpfen und es zu bewirtschaften? Die Installation eines Content Management Systems und das Einrichten einer Datenbank, kommt dem allherbstlichen Umpflügen der Felder ziemlich nahe, finde ich.

Sowchosistin Sofasophia digitalisiert einen Acker
Sowchosistin Sofasophia digitalisiert einen Acker

 

Nordseeküstenradweg 2012 – Tag 1

Rekonstruktion von Irgendlinks Reise auf dem Nordseeküstenradweg erster Reisetag von Zweibrücken nach Saarlouis zunächst einige Kilometer weit auf dem Saarradweg.

In der ursprünglich live gebloggten Reise waren die Tagesetappen nur grob skizziert. Hier folgt die exakte Strecke in der eigens angelegten Rubrik Nordseeküstenradweg v 2.0.

28. März 2012 – sonnig, die übliche Aufregung vor dem Start, das Fahrrad viel zu schwer beladen. Nach einem Kurzbesuch bei Hauptsponsor Sarcom durchquert Reisekünstler Jürgen Rinck alias Irgendlink die saarländische Landeshauptstadt und folgt dem gut ausgebauten Fernweg entlang der Saar bis nach Saarlouis. Die erste Nacht auf dem Campingplatz Dr. Ernst Dadder ist kühl. Der Platz nur von ein paar Dauercampern belegt. Irgendlink postet per Mobilfunknetz: Nennt mich Bob für 8,50 die Nacht.


Die Radtour auf dem Nordseeküstenradweg wurde zwischen 28. März und 1. August 2012 live auf https://irgendlink.de gepostet, täglich frisch, Fotos, Berichte, Hintergrundinfos. Hier geht’s zur Kategorie Ums Meer, chronologisch sortiert von Anfang bis Ende.

North Sea Cycle Route 2012 – Irgendlinks Nordseeküstenradweg 2012 rekonstruiert auf Everytrail.com


Die „Situation“ – Bloggen um des Bloglesendürfens willen

Verflixte SoSo! „Was wäre, wenn wir alle über die selbe Situation bloggen würden?“, schlägt sie gestern Abend vor. Ein burgähnliches Brauhaus in Karlsruhe. Sechs Bloggerinnen und Blogger am Tisch. Man speist, trinkt, scherzt, debattiert über die Bloggosphäre, Kleinbloggersdorf, wie man so schön sagt. Keiner kennt keinen. Nur die Blogs der Anderen hat man manchmal gelesen, bzw. den einen oder anderen Nicknamen gehört. „Und wir dürfen natürlich erst die Blogs der Anderen lesen, wenn wir auch selbst über die Situation gebloggt haben“, legt die SoSo die Messlatte in unglaubliche Höhe.
Mach‘ immer das, was deine SoSo dir sagt. Der Abend verstreicht und mein Hirn hat sich in die hinterste Ecke des Schädels zurück gezogen; es satzt auf einem Stein und dachte Bein mit Bein, daruff satzt es den Ellenboggen und hat in sinne Hand gesmoggen … wir essen, trinken, reden und mein Hirn grübelt munter, welche der vielen Situationen des Abends die SoSo wohl gemeint hat. Das Brauhaus? Dieter Motzels Vernissage, die uns alle in der badischen Metropole zusammengebracht hat? Der kurze Spaziergang nach der Ausstellungseröffnung hierher? Was ist eine Situation? Mein Gott, das hätten wir doch erst einmal definieren müssen! Sonst schreibt die Eine über die Zigarette vor der Türe draußen in der Kälte, der Nächste schwärmt vom Essen, die dritte detailisiert, wie wir alle gebannt der quietschenden uralten Straßenbahn hinterher starrten, die in der Abenddämmerung hinterm Stammsitz der PTV Firmenzentrale vorbei gerauscht ist, und wieder jemand anderes thematisiert hochphilosopisches Gerede an Hirschragout mit Kutteln und Preisebeermarmelade, flambiert.
Ich rede wirres Zeug.
Die Bloggosphäre ist wirr. Man hat nur schemenhaft eine Vorstellung von den Machern (und Macherinnen) hinter den Blogs, von den StrippenzieherInnen hinter den Pixeln. Auch das ist ein Credo des Abends. Echte Menschen sind einfach die besseren Menschen. Nur ein Blogger / eine Bloggerin zu sein hinter der selbst zusammen geschusterten Maske seines Blogs, ist grundsätzlich von Verwirrendem überlagert. „Wie ist denn das nun mit den Buchfeen?“, fragt Reisebloggerin Philea, „was hat es mit Klausbernds und Dinas Buchfeen auf sich? Du hast die Mischpoke doch persönlich kennen gelernt.“ So enthülle ich, schamlos Salat schmatzend, dass es ein literarischer Kunstgriff ist, dass die beiden Flatterwesen literarisch aufgebaut wurden und nun feste Stimmen bei einer der ersten Adressen der deutschen Literaturblogszene sind.
Mit einem Schlag wird mir klar, dass die Bloggosphäre mit den vielen tausend Menschen wie Du und Ich, ein einziges, großes, spannendes Rätsel ist. Wie oft kratze ich an der Tür wildfremder Blogs, begehre um Einlass, versuche, die Person, die dahinter schreibt, zu verstehen, mir ein Bild von ihr zu machen. Die einen haben ein echtes Impressum mit Namen und Anschrift, andere verschanzen sich hinter einem Nicknamen, wieder andere schreiben ihren Namen so kompliziert, dass man ihn kaum aussprechen kann. Bei manchen ist unklar, ob ein Mann oder eine Frau schreibt. Rätsel über Rätsel. Und selbst die, von denen man glaubt, ein konkretes Bild zu haben (Mann, Mitte vierzig, naturwissenschaftlich interessiert, zum Beispiel, oder Frau, 36, reiselustig, Krimifan) entpuppen sich bei näherem Hinschauen als jemand ganz anderes. War es früher schon schwer, Menschen, die man in „echt“ kennen gelernt hatte, einzuschätzen, ist es mit der virtuellen Barriere noch einmal komplizierter geworden.
SoSo und ich haben den Abend letztlich überlebt. Unsere Zweifel, ob wir nicht von verrückten Serienkillern unter dem Vorwand, eine Vernissage zu feiern, in eine Falle gelockt werden, haben sich nicht bestätigt. Man reichte Häppchen, Butterbretzeln, Sekt, Pi, Pa und Po und nach vollbrachter Ausstellungseröffnung strömte die beachtlich große Gruppe der Bloggenden unter den Ausstellungsgästen ein paar Häuser weiter ins Brauhaus, wo SoSo die verhängnisvolle Mutmaßung aussprach, „Wie wäre es eigentlich, wenn wir alle über die gleiche Situation bloggen würden – punkt punkt punkt, gespannte Pause – aber keiner darf die Blogs der anderen lesen, bevor er nicht über die Situation geschrieben hat.“
Herrjeh. Und so kommt es, dass Mister Oberfaul Le Blogmüde Irgendlink sich diesen Artikel aus den Rippen reißt, damit er endlich bei den anderen Dabeigewesenen lesen darf, was sie als „die Situation“ empfunden haben und verdammt, wie hat eigentlich das Haushundhirschragout geschmeckt?

Die Dabeigewesenen:
Haushundhirsch – stellt in Karlsruhe im Stammsitz von PTV Zeichnungen und Gemälde aus und verursacht somit das oben beschriebene BloggerInnentreffen.
Philea – Mitarbeiterin beim Veranstalter, lädt Haushundhirsch ein in der Firmenzentrale auszustellen und verursacht somit die o.g. Ausstellung.
Lakritze – reist eigens aus Mainz an und verursacht veranlasst durch SoSo diesen (Link kann ich ja erst setzen, wenn ich meine Hausaufgaben gemacht habe und selbst, Situation, Ihr wisst schon) Artikel.
SoSo – stiftet mit ihrer enthusiastischen Bemerkung, wie wäre das eigentlich (Ihr wisst schon) alle anderen inclusive moi même an, sich den Kopf über Situation zu zerbrechen und auch noch darüber zu berichten.
Irgendlink – übernimmt die volle Schuld für diesen Artikel.