The White Horse, eine Meile außerhalb von Peasenhall. Ein Edelrestaurant, wie sich herausstellt. An der Wand hängen Urkunden und handgemalte Teller, die bekunden, dass das Restaurant regelmäßig Platz 1 unter den Dinig-Pubs in Suffolk belegt. Nur in einem Jahr, 2007, klafft eine Lücke, sagt die Besitzerin, da seien sie nicht zugelassen worden zum Wettbewerb. Die Preise liegen für den Hauptgang bei 15 Pfund. Obschon in meinem Hinterkopf das Damoklesschwert des Bankrott baumelt, gönne ich mir diesen Abend unter samstagsfeinen Gästen.
Von meinem Platz, unweit des ehemals offenen Kamins, in dem ein geschlossener Ofen lodert, beobachte ich das Ein und Aus der Gäste. Zwei-Meter-Typen, die sich limboesk unter der kleinen Tür durchzwängen gefolgt von edlen Ladies, Menschen in Abendgarderobe. Alle kommen zuerst zum Tresen, um sich anzumelden, die Karte zu empfangen, ein Getränk zu bestellen, zu ihren Tischen zu verschwinden. Direkt neben der Tür steht ein zum Tisch umfunktioniertes Fass, an dem Kurzzeitgäste Platz nehmen, Pärchen, die nur mal eins trinken möchten. Ein kahler Kerl fummelt zwischen den Beinen seiner gelangweilt wirkenden Begleiterin. Sie knutschen.
Wie ein Leuchtfeuer schweift mein Blick über die Gästeschar über das Kommen und Gehen. Fast erstarrt trinkt ein Zausel ein Pint nach dem anderen, wohl fest verankert in seiner Stammecke am Tresen. Mit dem Daumen fummelt er im Mundwinkel. Hinterm Tresen rochadieren Wirt und Wirtin. Ich bestelle Lamm und ein Pint. Genieße die Wärme und die murmelnde Ruhe im Raum, das Klappern von Geschirr, die fremde Sprache, von der ich doch mehr verstehe, als ich anfangs geglaubt habe.
Der Hund des Wirtspaars mogelt sich durch die offene Tür, schwanzwedelt von Tisch zu Tisch. „Oooch, ist der süß“, ruft eine Braunhaarige, und ihr Kavalier, dessen Schlips wie eine Henkersschlinge schlapp um den Hals hängt, streichelt zurückhaltend das Tier. Er will ihr gefallen, konstatiere ich. Sie kennen sich noch nicht lange. Er hat Angst vor Hunden oder ekelt sich. Mit dem Taschentuch wischt er sich die Hand ab, kramt ein Päckchen Tabak hervor, dreht zwei Zigaretten, beide verschwinden nach draußen, um zu rauchen und der Hund sitzt nun bettelnd am Tisch neben mir, wo ein Paar, das sich schon lange kennt, diniert. Sie lacht mit dem Hund, mit mir, und er schneidet ein Stück von seinem Steak ab, spießt es auf die Gabel, bückt sich zum Hund, zieht es mit den Fingern von der Gabel und gibt ihm zu fressen.
So sind wir Hunde an den fett gedeckten Tafeln dieser Welt. Die einen wollen Fleisch und Lächeln und ein anerkennendes Wort und die anderen wollen Geschichten und Lächeln und ein „ooch, bist duuu aber ein Feiiiiner“, gesprochen mit der hohen Stimme edler Damen an einem Abend im Irgendwo und Irgendwann dieser schönen reichen Welt.
(entfippthelert und gepostet von Sofasophia)