#umsLand | Tag 3 – Homebasics

Bei sonnigem Frühlingswetter ist Irgendlink heute gut vorangekommen. Was für ein Abentheuer aber auch!

Wieder gings über Berge und durch Täler und nun hat Irgendlink auf einem noch geschlossenen Zeltplatz Asyl gefunden. Eben hat er getwittert: »Der Camping Konz ist noch zu. Alle Campings an der Mosel seien zu, sagt der Platzwart. Ich darf auf der Wiese das Zelt aufbauen.«

So ein Glück!

In Abentheuer am Rande des Nationalparks Hunsrück-Hochwald auf einem Bänklein unter dem Ortsschild alt werden. Das wärs.
In Abentheuer am Rande des Nationalparks Hunsrück-Hochwald auf einem Bänklein unter dem Ortsschild alt werden. Das wärs.
 Das spirituelle Zentrum Goloka Dhama (http://goloka-dhama.de) im Traumbachtal.
Das spirituelle Zentrum Goloka Dhama (http://goloka-dhama.de) im Traumbachtal.
Lostplace gegenüber von Goloka Dhama
Lostplace gegenüber von Goloka Dhama
 Alter Bahnhof am Bahntrassenweg Ruwer-Hochwald, der von Trier nach Hermeskeil führt.

Alter Bahnhof am Bahntrassenweg Ruwer-Hochwald, der von Trier nach Hermeskeil führt.
 Auf der Saarbrücke an der Saarmündung in die Mosel bei Konz. Man kann den Camping sehen. Es ist sehr laut. Diesseits und jenseits beider Flüsse.

Auf der Saarbrücke an der Saarmündung in die Mosel bei Konz. Man kann den Camping sehen. Es ist sehr laut. Diesseits und jenseits beider Flüsse.

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Google maps (nur annähernd)

Über Hunsrück und Hochwald zu Mosel, Saar und Ruwer | #UmsLand

Birkenfeld, Tag drei der Reise. Samstagfrüh. Am Ortsrand arbeitet ein Mann mit Axt und Kettensäge, was ist auf dem Gelände?, frage ich und weise über den Stacheldrahtzaun, an dem in regelmäßigen Abständen Schilder hängen, Militärisches Irgendwas, aber das Gelände scheint verlassen. Syrer? fragt der Mann zurück, zögert, fragt weiter: Nichts mehr? Okay, das Militär ist weg und zwischendurch war es eine Auffangstelle für Asylbewerber, rekapituliere ich. Im Hinterstübchen flimmert noch ein Funke Erinnerung, dass Zweibrücken und Birkenfeld zu Hochzeiten der Flucht große Auffanglager waren. Nun herrscht wieder Stille in dem kilometerlangen Areal. In Birkenfeld ist samstagfrühwenig los. Nur in der Bäckerei an der Hauptdurchgangsstraße hat sich eine Menschenmenge gebildet. Frischbrötchengieriges Volk. Ein junger Papa mit zwei Kindern vor mir. Der kleinere der Buben fällt aus unerfindlichen Gründen hin und fängt an zu plärren, was der Vater beflissentlich ignoriert. Ist der Bub vielleicht gar nicht sein Sohn? Ich bin perplex. Er steckt das Wechselgeld ein und sagt zu dem vielleicht Dreijährigen: Komm jetzt, oder willst du alleine hier bleiben? Der Bub schreit. Der Vater geht zur Tür und lässt ihn zurück. Irgendwann rafft sich das Kind auf und rennt hinterher. Alle in der Bäckerei sind wie paralysiert.

Später, wieder auf dem Rad, mache ich mir Vorwürfe, dass ich nicht reagiert habe. Ich hätte das Kind aufheben müssen, es trösten, als Stellvertretender einfühlsamer Mensch. Warum kommt einem in Krisensituationen nie der richtige Gedanke, warum immer zu spät? Wer weiß, vielleicht ist das Erlebnis in der Bäckerei ein Schlüsselerlebnis für das Kind, das ihn ein Leben lang prägen wird? Vielleicht hat er diese Schlüsselerlebnisse aber auch täglich und sie liegen auf ihm wie Mist.

Jenseits von Birkenfeld führt der Radweg durch einen Mix aus Kuhweiden und Wald hinüber zum Traunbach, der einen schließlich in die Berge, zu seiner Quelle hin entführt. Die Gegend ist spannend. Es gibt ein Buddhistenkloster und viele große Anwesen, in denen womöglich viele faszinierende Menschen wohnen. Es folgt eine schier endlose Steigung auf geteertem Waldweg.

Plötzlich fast auf dem Erbeskopf. Ein Hinweisschild sagt, dass es nur 7,7 Kilometer sind bis zum Thron des Hunsrücks. Das GPS zeigt 726 Meter. Kalter eisiger Wind. Das verschwitzte T-Shirt fühlt sich beim Abwärtsradeln nach Thiergarten an wie ein kaltes Korsett.

Thiergarten hieß nicht immer so, erzählt mir ein Mann, der auf Morgenspaziergang ist. Er trägt Filzpantoffeln, stützt sich auf einen Stock und empfiehlt mir, zum Baumarkt zu fahren zum Mittagessen. Da gäbe es das halbe Hähnchen für 2,50 und überhaupt wäre es besser über den Baumarkt zu radeln, anstatt runter nach Hermeskeil. Günstigeres Esses, weniger Schwitzen weil nicht runter und wieder rauf müssen und die alte Bahntrasse mit dem Radweg sei in der Nähe. Mir läuft das Wasser im Mund zusammen. Nicht nur wegen des Hähnchens, sondern auch wegen des Zauberworts Bahntrassenradweg. Sags noch einmal, Bahntrassenradweg. Das heißt Tunnel und Brücken und kein Straßenverkehr und Picknickbänke und Idyll. Hier oben in Thiergarten ist es recht garstig. Kahle Wiesen und Felder, umgarnt von Fichtewäldern. Dazu pfeift der Wind. Irgendwo auf einer Wiese steht ein alter Bitburger Bierlaster, umfunktioniert zum Hühnerstall. Thiergarten sei das höchste Dorf der alten Rheinprovinz, sagt der Mann mit den Filzpantoffeln. Bevor die Fürsten kamen und hier ihre Tiere weideten oder jagten, was genau, weiß er auch nicht, hieß der Ort Tranken. Tranken wie Trinken, nur mit A. Mit dem Kinn weist er nach unten ins Neubaugebiet. Dort gab es einst eine Quelle. Die Nikolausquelle. Die Leute im Dorf trieben Handel mit dem Wasser. Aber dann kamen die Jungen und wiesen ein Baugebiet aus und die Quelle, die man sich wie eine wässrige von Rinnsalen durchzogene Wiese vorstellen muss, wurde zugebaut und überall liegen Drainagen. Das Wasser fließt nun in die Prims. Futsch. Für immer. Und er wettert über die Verantwortlichen, da muss man doch zweimal blöd werden. Wie bitte, frage ich, haben Sie eben zwei mal blöd werden gesagt? Ja, zweimal blöd werden. Der Spruch gefällt mir. Auf dem Weg durch den Wald lasse ich mir die Worte im Hirn zergehen. Plötzlich eine Rakete, senkrecht in den Himmel ragend, bereit zum Start, so scheint es. Und Flugzeuge. Sogar eine Concorde steht auf dem Gelände praktisch mitten im Niemandsland. Ein Schild am Eingang erklärt, dass es sich um die Hermeskeiler Flugzeugausstellung handelt. Die Ausstellung öffnet aber erst am 1. April.

Weiter zum Baumarkt. Samstagliches Treiben. Zwei Fressbuden. Keine Grillhähnchen, aber die hätte ich mir wohl sowieso nicht angetan. Stattdessen gibt es eine Currywurst und Smaltalk mit einem Gästepaar am Stehtisch. Ein scharzer Kleinwagen fährt vorbei mit offenem Fenster und sol-chen Bässen. Die Anfangssequenz von Pink Floyds Wish You Were Here dröhnt aus den Lautsprechern. Das macht mich ganz melancholisch. Der Himmel trübt ein. Solllte Wikipedia recht behalten wollen und extra für mich nun Regen über Hermeskeil machen? Immerhin sei es einer der regenreichsten Orte Deutschlands.

Es regnet nicht. Ab Hermeskeil folgt die Rheinland-Pfalz-Radroute dem Ruwer-Hochwald-Radweg. Gut dreißig Kilometer bis zum Dörfchen Zerf. Dann geht es durch Felder, vorbei an Höfen und Viehweiden hinauf zur Wasserscheide, um schließlich kilometerweit steil abwärts ins Saartal zu führen. Weinberge. Hände tun weh vom Bremsen. Ich verpasse Saarburg, dessen Wasserfall ich mir so gerne angeschaut hätte. Als ich an der Saar stehe, folge ich dumm wie ein Schaf der Beschilderung nach Konz, statt den Schlenker nach Links durch Saarburg zu machen. Es ist bald dunkel. Ich bin müde und unaufmerksam. Nur noch knapp 15 Kilometer. Dort ist ein Campingplatz, der offen hat, und auf dem ich übernachten möchte. Drei Feuerwehrmänner, die für die Webseite Fotos von ihrem Feuerwehrauto machen, erklären mir den Weg: über die Saarbrücke (unter der wir gerade stehen) nach Konz, da, schau, da kannst du ihn schon sehen. Die machen auch Essen und es gibt Wohntonnen, die man mieten kann, ist ja noch recht kalt und als Essen empfehlen sie Hähnchenflügel mit Pommes, das sei eine Spezialität und typisch für diese Gegend. Wieder läuft mir das Wasser im Mund zusammen und im Geiste miete ich eine der Tonnen, dusche heiß und ewig. Die Männer erzählen mir auch von einem kuriosen 24 Stunden-Lauf, der als Wohltätigkeitslauf für ein Trierer Hospiz jährlich stattfindet. 198 Kilometer von Koblenz die Mosel hinauf bis hierher. Schon acht Läufer, die es tatsächlich geschafft haben, die gesamte Strecke in 24 Stunden zu laufen. Ein Kollege von ihnen sei einmal mit einem uralten Rad von Morbach im Hunsrück nach Koblenz geradelt und habe anschließend noch am Hospizlauf teilgenommen. Der Mann war siebzig.

Halboffenen Mundes ob so viel Leistungswillen verabschiede ich mich. Neunzig Kilometer in den Beinen.

Der Camping ist zu. Eine Telefonnummer am Eingang. Die Campingwartsfamilie erlaubt mir, dennoch mein Zelt aufzuschlagen und eine Flasche Wasser schenken sie mir auch. Ohnehin habe der Kaufland im Ort bis 22 Uhr auf und das Schwimmbad, falls ich mich waschen möchte, sei bis 21 Uhr auf. Egal. Ich bin glücklich. Nur laut ist es hier, umringt von Straßen.

#umsLand | Tag 4 – Sonntagsradeln

Bei seinem Schlenker durch Luxembourg, wo er sich heute Morgen nach der Zeltnacht ein Frühstück gönnt, ist Irgendlink begeistert von der lokalen Sprachdiversität:

Doch nicht nur Sprachen auch Wasserstraßen und damit Überschwemmungen gibt es in dieser Gegend viele.

Hochwassermarke an einer Moselbrücke.
Hochwassermarke an einer Moselbrücke.
 Unesco Welterbe Igeler Säule. "Auf dem Weg von Zweibrücken nach Zweibrücken erfreute mich bald das Monument in der Nähe von Igel", um es mal mit Goethe zu sagen.
Unesco Welterbe Igeler Säule. „Auf dem Weg von Zweibrücken nach Zweibrücken erfreute mich bald das Monument in der Nähe von Igel“, um es mal mit Goethe zu sagen.
Grenze zu Luxemburg bei Wasserbillig.
Grenze zu Luxemburg bei Wasserbillig.
 Vielleicht ist das die Teufelsschlucht, von der ich im Landgasthaus in Holsthum hörte. Die Prüm unweit von Holsthum.
Vielleicht ist das die Teufelsschlucht, von der ich im Landgasthaus in Holsthum hörte. Die Prüm unweit von Holsthum.

In Arzfeld hat er vorhin im Hotel zur Post eingecheckt, von wo aus er mir mit seinem superlahmen Netz ein paar Bilder gemailt hat.

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Google maps (annähernd)

#umsLand | Tag 5 – Ein Bilderbuch

Heute hat Irgendlink zwar noch nicht gebloggt, dafür hat er mir soeben vom Campingplatz bei Stadtkyll viele Bilder geschickt, die ich gerne mit seinen Kommentare für sich sprechen lasse.

Blick nach Belgien über das Ourtal bei Lützkampen
Blick nach Belgien über das Ourtal bei Lützkampen
Wächter von Welchenhausen
Wächter von Welchenhausen
Wachhund nahe dem kleinsten Museum "wArtehalle" in Rheinland-Pfalz
Wachhund nahe dem kleinsten Museum „wArtehalle“ in Rheinland-Pfalz
Alte Eisenbahnbrückenruine über die Our, den Grenzfluss zwischen Rheinland-Pfalz und Belgien
Alte Eisenbahnbrückenruine über die Our, den Grenzfluss zwischen Rheinland-Pfalz und Belgien
Das Radel am Grenzübergang zu Belgien. Man beachte das durchgestrichene Belgique und denke dann über Europa nach, seine separierungswilligen Menschen.
Das Radel am Grenzübergang zu Belgien. Man beachte das durchgestrichene Belgique und denke dann über Europa nach, seine separierungswilligen Menschen.
Alte Zapfsäule in Welschenhausen, franz. Zählwerk mit Franc. Zu Zeiten der Grenze.
Alte Zapfsäule in Welschenhausen, franz. Zählwerk mit Franc. Zu Zeiten der Grenze.
Zahlreiche Ourbrücken sind zu überqueren bis der Radweg nach Bleialf abzweigt. Unbemerkt überquert man die Grenze im Fluss.
Zahlreiche Ourbrücken sind zu überqueren bis der Radweg nach Bleialf abzweigt. Unbemerkt überquert man die Grenze im Fluss.
Zahlreiche Ourbrücken sind zu überqueren bis der Radweg nach Bleislf abzweigt. Unbemerkt überquert man die Grenze im Fluss.
Zahlreiche Ourbrücken sind zu überqueren bis der Radweg nach Bleialf abzweigt. Unbemerkt überquert man die Grenze im Fluss.
Abt Reginald schreibt die Weltchronik in Prüm.
Abt Reginald schreibt die Weltchronik in Prüm.
Kaiser Lothar kriegt ein neues Fundament. Prüm hat eine hohe Statuendichte.
Kaiser Lothar kriegt ein neues Fundament. Prüm hat eine hohe Statuendichte.
Der vermutlich höchste Hochsitz von Rheinland-Pfalz steht in Schönfeld unweit von Stadtkyll
Der vermutlich höchste Hochsitz von Rheinland-Pfalz steht in Schönfeld unweit von Stadtkyll

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Google maps (annähernd)

Mitten in einem imaginären Tibet voller Wunder und Fremdheiten | #UmsLand

Tourtag 4 – von der Mosel nach Arzfeld.

Die Klospülung rinnt. Superweiche Matratze. Schneidersitz. Gelber Frotteebezug. Tastatur und Handy vor mir. Gelbes Licht aus einer uralten Nachttischlampe mit Messingfuß und einem Lampenschirm, der aussieht wie eine umgedrehte, abgeschnittene Eistüte. Pechschwarze Nacht. Der Mond ist verschwunden. Auf der Hauptstraße, die man durch das zugige Fenster gut hören sollte, herrscht Stille. Sehr selten rauscht ein Auto vorbei. Das Hotel ist ein Labyrinth. Ich bin im Südflügel untergebracht. Überall in den Fluren stehen alte Möbel, Regale, Nippes, Dekoration. Weiche Teppichböden. Als ich eintraf, musste ich dem Besitzer erst einmal helfen, zwei Sofas aus dem Flur zu räumen, rüber in die alte Kegelbahn, damit mein Radel durchpasst. Der Mann ist schon im Rentenalter. Seine Frau auch und der unglaublich dicke, pelzige Hund sieht auch nicht mehr jung aus, wie er sich sonor bellend hinter dem Tresen hervorschleppt, wenn Fremde kommen.

Das Haus ist in den 1970er Jahren stehen geblieben, wenn man so sagen kann, wenn Häuser stehen bleiben können. Generationen von Mobiliar machen einen eigenartigen Designmix. Die Heizung ist abgestellt. Das Wasser ist eiskalt. Ein kleiner Elektroheizer bringt mein Zimmer auf vielleicht fünfzehn Grad. Mir macht das nichts aus, denn so ist es bei mir daheim ja auch. Ob Gäste kommen? Und wenn ja, ob sie bleiben? Das Haus entspricht ganz und gar nicht den Standards. Aber es hat einen wunderbaren Charme, was so manchem hochgezüchteten Hotel, das den sogenannten Standards entspricht, fehlt. Ein geradezu kultiger Ort. Wie maßgeschneidert für Vagabunden wie mich, oder für Hostel erprobte Weltenbummler, die von weither nach weithin unterwegs sind. Und irgendwie passt das. Ich komme mir nun, gut zweihundert Kilometer von Zweibrücken entfernt und noch über achthundert Kilometer bis wieder daheim, ein bisschen wie auf Weltreise vor. Hab die Seidenstraße des kleinen Mannes gemeistert, wenn man so will und befinde mich mitten in einem imaginären Tibet voller Wunder und Fremdheiten. Da kommt der Funken Wärme meines Backpacker-Hostels zur Post gerade recht.

Die Etappe von der Mosel hier herauf ist ein Erste-Sahne-Stückchen auf der Rheinland-Pfalz-Radroute. Fast durchgängig auf Radwegen oder kaum befahrenen Sträßchen, geht es stets bergauf entlang der Flüsse Mosel, Sauer, Prüm, ein kurzes Stückchen Nims bei Irrel und dann über eine Landstraße und eine Kuppe hinüber ins Enztal. Einige Kilometer vor Neuerdorf radelt man schließlich in eine felsige Minischlucht und hinterm Tunnel Neuerdorf auf dem zehn, fünfzehn Meter hohen Damm einer alten Bahntrasse etwa zwei drei Prozent steil bis nach Arzfeld.

Die Route verläuft in Grenznähe zu Luxemburg.

Frühmorgens frage ich einen Mann am Moselufer nach einem Frühstückscafé. Er erklärt mir den Weg: zur Brücke, ins Dorf, bei der Kirche. Da gibt es Kaffee für einen Euro, sagt er. Der Dialekt klingt fremd und vertraut zugleich. Kehlig kindlich witzig. Es ist schwer zu beschreiben. Der Mann hat ein Feuer angezündet, in dem er die Gartenabfälle verschürt. Das dürfe er zwar nicht, aber was soll man machen, sagt er und zeigt mir die Himbeeren, die er freigelegt hat. Der Garten ist direkt am Radweg. Manchmal kommen Frauen vorbeigeradelt und bedienen sich an den Himbeeren und wenn er sie erwischt, sagt er: Erste Hand gratis, zweite Hand Hütte. Er grinst durchtrieben. Später im Café, das ein Salon de thé ist, so steht es über der Tür, werde ich Zeuge von einem seltsamen Sprachengewirre. Die Bäckerin begrüßt mich auf Luxemburgisch „Moie“, was fast klingt wie bei uns in der Westpfalz, schaltet aber auf Hochdeutsch, als sie merkt, dass ich alles andere nicht verstehe. Nahe beim Verkaufstresen setze ich mich. Andere Menschen, andere Sprachen. Ein Mann mit amerikanischem Akzent gefolgt von Leuten aus dem Dorf, dann Franzosen und schließlich eine Engländerin – ein wunderbarer Sprach-Pingpong. Immer grüßt die Bäckerin fröhlich „Moie“ und schaltet dann in die Sprache ihres Gegenübers um. Ich würde wetten, sie kann alle Sprachen der Welt.

Der Supermarkt ist geöffnet, obwohl Sonntag ist. Am Fenster kleben Werbeplakate für Kaffee. Alles ist viel günstiger als auf der anderen Seite der Grenze und durch die schimmernde Scheibe kann man Regale voller Kaffee und Zigaretten sehen. Natürlich gibt es auch stinknormale Lebensmittel.

Unterwegs, den Flüssen folgend, bereue ich es ein bisschen, nichts gekauft zu haben. Auf den kleinen Dörfern auf der deutschen Seite herrscht Sonntag. Vor den Kirchen parken Autos. Glockengeläut. Sonntagsstaat. Alles zu. Es gibt ohnehin kaum Läden. In Holsthum, kurz vor der Wasserscheide zwischen Prüm und Enz mache ich Mittagsrast. Stiller Ort. Zwei Gasthöfe, von denen einer geschlossen ist, bzw. er ist schon geöffnet, aber es gibt vorsaisonbedingt noch kein Essen. Stattdessen Dart, viele Menschen aus der Umgebung, man darf sogar rauchen und: ein Hund namens Mozart.

Holsthum scheint ein guter Ort als Basis für Wanderferien. Die Teufelsschlucht sei nah, viele Wanderwege, die mich ein bisschen ans Tessin erinnern. Schmale Pfade, ab und zu eine lange, steinerne Treppe. Felsdurchwirkter Laubwald, Vorfrühlingslicht und ich könnte mir vorstellen, dass ich bei den Prümkaskaden kurz vor Holsthum schon in der Teuelsschlucht radelte. Aber vielleicht liegt die ja an einem ganz anderen Ort.