Dann bist du endlich auf der Straße. Das Radel wankt wie ein Schiff. Die wuchtige Last auf dem Vorderrad, durch die beiden Packtaschen, ist ungewohnt. Nur träge, mit gemächlicher Verzögerung lässt sich das Fahrrad steuern.
Abendstimmung. Hängt da ein Gewitter im Westen? Ja, du da, dunkle Wolke, genau dich meine ich. Geh weg. Angenehm kühl. T-Shirt Radelwetter an der Grenze zur Langhosigkeit. Ich durchquere Homburg. Zwanzig Uhr. Die Läden sind geschlossen. Mein warmes Essen kann ich mir abschminken, ich habe noch keinen Spiritus für den Kocher. An einer Bushaltestelle sitzt ein Typ in meinem Alter, bärtig, von Plastiktüten umschart. Genau wie ich. Auf der Straße. Man könnte sagen beruflich, so wie ich, aber das ist ziemlich zynisch. Wir winken uns. Unsere Lächeln kratzen aneinander vorbei. Mit meiner Arche voller Hightech schaukele ich raus aus der Stadt, mache die ersten Streckenfotos. Wieder werde ich alle zehn Kilometer den Weg fotografieren. Die Straße Richtung Reiseziel. Genau wie 1995, als ich die Reise ans Nordkap – von Mainz startend – schon einmal gemacht habe.
Der dichte Wald, durch den der Radweg führt, drückt aufs Gemüt. Keine Menschenseele. Querab säuselt die A6. Wie wünsche ich mir in diesem Moment eine volksfestbelebte Stadtstraße. Stattdessen Blair Wich Project Feeling pur. Eine verlassene Bahnline unterquere ich zwei Mal.
Bis ich hinter Waldmohr, schon wieder in Rheinland-Pfalz, endlich Licht sehe. Dämmerlicht. Da vorne das muss Schönenberg-Kübelberg sein. Da führt der Bahntrassenradweg vorbei, der auf der Strecke verläuft, deren nicht ausgebautes Teilstück ich vorhin gekreuzt habe. Da will ich hin. Den Glanradweg hinaufradeln. Das scheint mir eine gute Richtung, obwohl es über Kaiserslautern, die Pariser Direkte nehmend, sicher viel kürzer wäre.
Auf einem Hof außerhalb treffe ich einen jungen Mann, frage nach dem Weg zum Radweg und gleich noch nebenbei, ob es eine Zeltgelegenheit gibt?
Für eine Nacht?
Für eine Nacht nur.
Aber klar. Gleich am Radweg, die mit Flatterband abgesperrte Wiese. Das wird nämlich der Parkplatz für das Turnier.
Turnier?
Islandpferdeturnier nächstes Wochenende.
Im Dämmerlicht ein Schild mit dem Hofnamen. Ich glaube er heißt Heidehof.
Zwei riesige, zig Meter lange Zelte stehen auf der Turnierwiese. Und Dixitoiletten in regelmäßigen Abständen. Auch ein paar Concordes, Wohnmobile, parken schon.
Abseits baue ich das Zelt auf.