Vom Geocachen

Nix Besonderes heute. Freitag, nicht? Guter Tag. Ziemlich grau. Hier siehts übel aus. Wilde Tiere haben die gelben Säcke zerfetzt. Dunst und Temperaturen, die einem, dank der Kälte letzte Woche, sehr erträglich vorkommen.

Gestern König für einen Tag. Das hab ich Kokolores zu verdanken, die mich, anlässlich meines Geburtstages mit absolutistischer Macht ausgestattet hatte. Eine Rolle, die mir nicht unbedingt liegt. Trotzdem konnte ich ihr befehlen, mir beim Geocachen Gesellschaft zu leisten.

Seltsamer Weise werden wir neuerdings oft gefragt: „Na, wart Ihr wieder Kästchen suchen?“ Das Geocachen übt selbst in unbeteiligten Kreisen eine gewisse Faszination aus. Ich kann das auch gut verstehen. Es sind die kleinen, selbstgebastelten Geheimnisse, die dieses Hobby so spannend machen. Im Grunde ist es ganz einfach: Bewaffnet mit einem GPS-Empfänger, den es schon für weniger als hundert Euro zu kaufen gibt, und den Hinweisen, die man sich auf der Internetseite (siehe oben) ausdruckt, begibt sich der Geocacher auf die Suche nach einem Schatz. Der Schatz, das sind meist Tupperdosen, gefüllt mit mehr oder weniger wertvollem Kleinkram sowie einem Gästebuch. Im Gästebuch schreibt man ein paar Zeilen und loggt seinen Geocacher-Namen, damit man später auf der Geocache-Webseite den Besuch höchst offiziell loggen darf. Schließlich tauscht man noch einen Gegenstand in der Box. Je nach Cache sind manchmal echte Schätze dabei. Bücher, CDs, Kerzen, Spielzeug. In einer Box fanden wir einen Baseball, kennt man hierzulande ja kaum, den womöglich ein in Ramstein stationierter GI beigesteuert hatte. Von einer gewissen Combatnurse, habe ich ein echtes amerikanisches Coollight ergattert.
Unsere gestrige Tour führte uns in die Guldenschlucht, 5,3 km südwestlich vom einsamen Gehöft. Die Guldenschlucht ist eine, knapp ein Kilometer lange Klamm, die mit zahlreichen Brücken und steilen Steintreppen für den geneigten Wanderer erschlossen ist. Sie ist auch (inoffizieller) Teil des Pfälzer Jakobswegs. Hatte nie geahnt, dass es in unserer Gegend solche Kleinodien gibt, wie man sie normalerweise nur in Bayern findet. Wildromantische Felsen, Überhänge, Eiszapfen und ein kleiner Bach. Unter einer der Brücken waren die Koordinaten versteckt, die einen zu dem Cache-Versteck führten. Wir programmierten sie ins GPS und folgten dem Pfeil bis zu einem verfallenen Bunker. Normalerweise führt einen das Empfangsgerät fast metergenau bis zum Versteck. Nur manchmal, wenn der Empfang nicht so gut ist, weil Bäume oder Berge zwischen Satelliten und Empfänger sind, muss man in der Umgebung ein wenig suchen. Meist hilft einem dann die Vorgabe, wo würde ich selbst die Box verstecken?, weiter.

Erstaunlich ist auch die Tatsache, dass weltweit zigtausende dieser Verstecke existieren, und dass es also auch etliche Anhänger dieses Hobbys geben muss. In Deutschland liegen mehr als 15.000 Boxen versteckt.

Kauf dich frei mit dem Einkaufswagen-Euro

Bei Aldi, wo mich ein pummeliges Mädchen verfolgte, Fisch, Wein und Butter kaufte und sodann, bei den Handys im Glaskasten, mit mir zusammenrempelte, wir uns entschuldigten.
Doch das tut nichts zur Sache.
Vor der Tür saß ein Bettler. Nein, er kniete und hielt einen Hut, in dem sich einige Münzen befanden. Weil der Bettler so jung war, konnte ich mir Gedanken wie: „Wieso arbeitet der nicht?“ nicht verkneifen. Kam schließlich aber zu dem Schluss, dass es in unserer Gesellschaft einfacher ist, zu arbeiten, als zu betteln. Will sagen. Er macht das nicht zum Spaß und nicht aus Faulheit. Sondern weil er keine andere Wahl hat. Man lässt sich ja so gerne von Äußerlichkeiten blenden. Wenn ein Bild zeigt: junger, gesunder Mann auf Straße hält Hand auf, ist man geneigt, zu krakeelen: „Der Penner, was tut der!? Soll was arbeiten!“ und so weiter und so fort. Das individuelle Schicksal bleibt auf der Strecke.
Ich hab mich oft gefragt, wenn ich einem Menschen begegnet bin, wie er just an dieser Stelle des Lebens landen konnte. Wie er so werden konnte, wie er in dem Moment, als er mir begegnete, wirkte. Egal um wen es sich handelte, egal ob reich oder arm, glücklich oder vom Pech verfolgt. Stets sah ich ein Abbild. Man könnte sagen ein Portrait. Nicht die Wirklichkeit. Die Wirklichkeit, das ist der Rattenschwanz an Erlebnissen und Verquickungen, die den jeweiligen Menschen bis hierher, bis direkt vor meine Augen gebracht hat.
Es ist die bösartige Fratze des Vorurteils und der Ignoranz, die einen die Bilder, die man sieht, so interpretieren lässt wie man sie interpretiert.
Wie dem auch sei.
Mit einem schmutzigen Einkaufswagen-Euro kaufte ich meine Gedanken frei, verstaute leckere Lebensmittel im Auto und fuhr zurück zum einsamen Gehöft.

Grün auf Schwarz

Problematisch, wenn man erst in diesem Jahrtausend mit der Computerei angefangen hat. Man ist von grafischen Oberflächen verwöhnt. Alles ist klickbar.
Seit ich mit meinem Cousin zusammen eine Server-WG gegründet habe – besser gesagt: er mit mir – sehe ich mich mit der Kommandozeile konfrontiert. Alles muss getippt werden. Es gibt keine Maus. Grüner Text auf schwarzem Bildschirm. Kryptisches. Das ist einerseits berauschend, andererseits bereitet es lange Nächte und von Kopfzerbrechen gekrönte Abende.
Ich hege die Vermutung, dass es mit dem Geocachen Ähnlichkeit hat. Zunächst muss man sich bis in die Nähe des Ziels durchschlagen, um sodann mit der eigentlichen Lösung des Rätsels zu beginnen. Will sagen: die Kommandozeilenprogramme bringen einen verdammt weit, wenn man erstmal die Befehle kennt.
Wie auch immer.
Ich werd mal kurz runterfahrn in die Stadt, um ein Aldi-Abenteuer zu erleben.
Später wieder Grün auf Schwarz und zwischendurch bloggen.

Keine Computer vor 2001

War ziemlich windig vorhin. Ich spazierte im Garten, vertrat mir die Füße nach einem langen Tag vorm Monitor. Nieselregen, Wind und stockdunkle Nacht. Erinnerungen an früher und „draußen“ wurden wach. Vor 2001 gab es keine Computer für mich. Will sagen: die Zeit, die ich momentan vor dem Rechner verbringe – nicht unerheblich – habe ich damals draußen verbracht.
Nun, da ich dies schreibe, kann ich mich kaum erinnern. Aber vorhin fühlte sich die Welt an wie „Schlafsack unter Felsvorsprung“. Es gab Moos und der Fels war mit Flechten überwuchert. Schnelle Wolken zogen nachts. Wenn man sich im Halbschlaf umdrehte und ins All starrte, flimmerten Sterne hinter Schleiern. Die Träume waren gut. Das Land war weit. Wenn man morgens die Hände im Bach wusch und eine Kanne Kaffee auf dem Lagerfeuer kredenzte konnte man den Tag schmecken.
Nicht, dass ich mich darum reißen würde, die Nacht in einem Schlafsack unter einem Felsvorsprung zu verbringen, aber manchmal, ja, manchmal …