Zurück im Land der Betroffenheitsprosa

Vorhin wars dann so weit. Mein göttlicher Cousin hat die letzten Pixel, Bits und Bytes gerade gerückt und es meldete sich, gewohnt gelb, der Irgendlink-Weblog zurück in der weltweiten Weblandschaft.

Ohne Blog ist man nur ein halber Mensch.

Neues Spiel. Die letzten Wochen damit verbracht, den Sommer zu genießen und mein Selbstbild gerade zurücken. Als Arbeitssuchender habe ich die Bühne verlassen, als Künstler und Literat kehre ich zurück.

Der Liebesmarkt ist um eine Seele reicher.

Vorhin zwei Stunden geschlafen, weil der gestrige Abend wüst und wild war. Wir standen am Feuer hinter der Künstlerbude auf dem einsamen Gehöft und filetierten einen alten Schrank, zogen das Furnier in Streifen herunter und opferten es den Flammen, bis nur noch ein Skelett übrig war, auf welchem wir unsere Biere abstellten. Als es daran ging das Skelett zu zerlegen, war höchste Kenntnis von Statik gefragt. Schließlich durfte der Schrank nicht unter der Last der Bierflaschen und unserer Ellenbogen zusammenbrechen. Weiß nicht, wie wir es schafften stets nur das Nötigste abzumontieren. Das Feuer loderte bis 3 Uhr nachts. Manch einer mag nun behaupten wir seien Nichtsnutze, dass wir uns das leisten können, mitten in der Woche so lange wach zu bleiben. Ich jedoch behaupte, das Leben ist ein großes Ganzes. Nichts von dem was man tut ist ohne Sinn.

Alles ist nur eine Frage der inneren Bewertung. Man sollte vorsichtig sein, mirnichtsdirnichts anzunehmen, die Herstellung einer Einspritzpumpe etwa, sei mehr wert, als die Herstellung eines Ölgemäldes oder gar eines Puppenkopfes. Noch delikater ist die Annahme, der Hersteller eines der drei genannten Produkte sei wertvoller als der andere, nur weil er das offenbar wichtigere Produkt fertigt. Es ist jener Trugschluss, aufgebürdet durch die eigene Ignoranz, welcher einem zum Einen das Leben drastisch vereinfacht, zum anderen aber ein Durchdringen des Djungels auf dem Weg zur Erkenntnis verunmöglicht.

Die Mittelstrebe des Schrankes, den wir verbrannten schien lange Zeit für die Statik unentbehrlich. QQlka, mein guter Freund trat dennoch testweise dagegen. Sie bewegte sich unmerklich, sämtliche Bierflaschen stürzten herunter, keine barst. Wir stellten sie wieder hoch. QQlka setzte das Brecheisen an und filetierte ganz behutsam den Kern des Schrankes. Mit Fingerspitzen entnahm er das vermeintlich nicht zu Entfernende. Der Schrank stand wie eine Eins und wieder hatten wir für eine viertel Stunde Feuer.

Dann schlief Cousin auf dem Rasen ein. Wir bedeckten ihn mit zwei Schlafsäcken und verzogen uns auch in die Betten.

Ich gebe zu, es war ziemlich hart, als der Cousin morgens um halb sieben die Kiste ankurbelte und sich an den Pixeln und Bytes zu schaffen machte. Höflicherweise setzte ich mich daneben. Wir nippten Kaffee, waren mal hie, mal da auf dem Server zu Gange, wälzten Man-Pages, aktivierten und deaktivierten Mailserver, walkten in Windeseile die hundert Dateien, aus denen sich dieses Blog zusammensetzt, durch und passten die Links auf den neuen Webspace an.

Schön, dass Ihr es nicht aus Euren Linklisten gestrichen habt.

PS: die Mailfunktion ist deaktiviert, aber Kommentieren sollte klappen.

Ein letztes Mal

Nun doch noch ein letztes Mal wieder melden.

Kokolores und die Hauptstadtethnologin haben recht: wenigstens ordnungsgemäß verabschieden könnte man sich ja.

Es gibt allerdings nichts zu sagen außer: Ich höre auf. Es war eine gute Zeit. Danke fürs Mitlesen und Kommentieren.
Wichtig: die Europenner-Zone mit den Homepages und dem Shop zieht auf einen anderen Server um. Aus Sicherheitsgründen gibt es dort keinen Mailserver und somit auch keine Mailadressen (xyz)@europenner.de. Neue Mailadresse kommt per Mail.

Der Tag, die Ideen, das Abi-Auto

Den Tag mit diversen Arbeiten verbracht, teils in geheimer Mission. Frühmorgens auf der Nord-Terrasse eine umgestürzte Pappel zerlegt, bis ca. 11 Uhr versucht, dem störrischen Holz mittels Spalthammer zu Leibe zu rücken. Dann wars wuchtig heiß.

Paar Bewerbungen abgeschickt. Bin nicht mehr wählerisch. Auf einer zweiten Spur des Daseins spulten interessante Geschäftsideen, so dass ich mich des Betriebswirts R.  erinnerte. Er wäre der Mann, der das verrückte Zeugs umsetzen könnte. Ich nicht. Leider. Ich  sollte ihn anrufen. Vielleicht hat er den hochdotierten Job bei Siemens satt.

Teil der Idee ist das Abi-Auto. Für einen ersten Test bräuchte ich einen Papi oder eine Mami, welche ihrem Sprößling zum Abitur ein Auto schenken möchten. Kennt von den Lesern zufällig jermanden, der demnächst ein Auto verschenken möchte?

Ich wäre wirklich dankbar, wenn ich mich mit einem Menschen unterhalten könnte, der ein Auto verschenken möchte.

Nur noch 21150 Zeilen

Gestern ist mein erster Zeitungsartikel erschienen. Sogar mit meinem Namen drauf. Ein Bericht über ein Soulkonzert. Dabei habe ich kaum Ahnung von Soul. Aber was solls. Rein ins kalte Wasser, die Szene beobachten, die Information auf Fresszetteln festhalten und den Rest per Web-Recherche ergänzen.

Die Redakteurin gab mir Zweierlei mit auf den Weg: „Du musst dir darüber im Klaren sein, dass du dir als Reporter in der Kleinstadt automatisch Feinde machen wirst., hast du etwas zu verlieren?“ Ich sagte Nein.

„Was den Artikel betrifft, schreib einfach, locker und luftig, genauso wie im Blog.“

Da war ich denn doch ein bisschchen baff. Ich wusste zwar, dass sie weiß … vor einem Jahr hatte sie mich bei einer Aktion hier auf dem einsamen Gehöft mit einem Artikel aus dem Blog konfrontiert. Das ist ziemlich unheimlich, wenn einen die Menschen in der richtigen Welt auf die virtuelle Existenz ansprechen. Man weiß nicht, wie lange und wie intensiv sie einen beobachten. Theoretisch könnten sie alles über einen wissen. Theoretisch ist man ihnen womöglich auf die Füße getreten und bekommt nun die Eiseskälte unterdrückten Unmuts zu spüren, ohne auch nur die leise Ahnung zu haben, worauf sich dieser Unmut begründet. Als enttarnter Blogger ist man ein offenes Buch im wahrsten Sinne des Wortes.

Journalist F. bekam vor einiger Zeit den geradezu paranatürlich diabolischen Unmut seiner Umgebung zu spüren. Beim Geburtstagsfest seiner Freundin, Busfahrerin B., verzogen sich beim Anblick seiner investigativen Journalistenkamera nach und nach alle Gäste. Eine Woche später kreuzte er auf einer Vernissage in der Galerie B. auf. Man begrüßte ihn mit den Worten: „Willst du uns wieder alle im Internet verpetzen?“ und hielt sich auf jedem Foto, das er knipste schwarze Pappstücke vor die Augen, um anonym zu bleiben.

Zurück zur Tageszeitung. Habe noch keine Rückmeldung über den Artikel. Tatsache ist, dass ich neben der Arbeit auch noch etwas dazu lerne. Noch fünf, zehn weitere Soulkonzerte, und ich kann auf dem Gebiet locker flockig vor mich hin schreiben. Alles eine Frage der Übung.

Schon überlege ich, wieviele Zeilen ich noch schreiben muss, um das Jahr überstehen zu können. Die Jobsuche ist lausig. In der Datenbank der Arbeitsagentur herrscht wohl Fußballpause. Parallel zu dieser frustrierenden Suche geistern phantastische Welten. Letztes Wochenende mit Kokolores zusammen den 75 km langen Radweg zwischen Zweibrücken und Landau in Geo-Koordinaten vermessen. Wir arbeiten an einer abenteuerlichen Schnitzeljagd, die man per Fahrrad erleben kann. Am Wegrand liegt alle fünf Kilometer ein Erdversteck, das man mittels GPS ansteuern kann und somit erstens die Strecke auch ohne Karte findet, zweitens noch den Kick des Geocachings hat (die Tour wird auf dem Groundspeak-Server veröffentlicht. Jeder kann sich die Koordinaten herunterladen und nach den Schätzen suchen. Insgesamt ist die Strecke mit 17 logbaren Erdverstecken gespickt. Das heißt: wer morgens losradelt, kann abends in seiner Statistik, die bei Groundspeak gespeichert ist, 17 weitere Founds vermerken.

Profile for pfaelzer

Die Dokusoap “Frauentausch”

Nicht jeder meiner Leser mag die RTL2 Serie Frauentausch kennen: zwei Familien tauschen für eine Woche die Frau. Das heißt, Frau A zieht um zu Familie B. und umgekehrt. Dabei verlassen die Frauen zeitweilig ihren angestammten Lebensraum und tauchen ein in eine fremde, konfliktuöse Welt jenseits des Tellerrands. Biedere Hausfrauen werden mit fanatischen Fußballhaushalten konfrontiert. Nacktspülerinnen ziehen für eine Woche bei bibeltreuen Christen ein. Muslime springen ins eiskalte Wasser gottloser Minijobber.

Ich mag diese Dokusoap vor allem deswegen, weil sie exemplarisch steht für die Eingeschränktheit, in der jeder von uns ein bisschen lebt. Du und Du und ich. Jeder schustert an seiner eigenen Realität und festigt seine eigenen Regeln und Vorstellungen von Moral, wobei oft die Toleranz auf der Strecke bleibt. Deshalb kracht es ziemlich oft beim Frauentausch. Die Tauschpartner werden mit Welten konfrontiert, die sie selbst nur schwer akzeptieren können, ja, von denen sie womöglich gar keine Ahnung hatten, dass es sie geben könnte.

Unvergleichlich köstlich jene Folge, in der eine 45 jährige Hausfrau, die seit 17 jahren in einer Ehe ohne Sex auf dem Land lebt, die Rolle mit einer transsexuellen WG-Bewohnerin tauschte. Die Frau mit 17 jahre ohne Sex blühte förmlich auf, ließ sich von den homosexuellen Mitbewohnern ihrer Tauschpartnerin verwöhnen und in eine ungeahnt bizarre, spannende Welt der Subkultur entführen.

Die Menschen verstehen einander nicht. Deshalb ärgern sie sich übereinander. Wenn sie obendrein unzufrieden sind, laden sie ihren Frust ab beim nächsten Anderen, der ihnen begegnet. Das nennt sich Intoleranz oder Ignoranz. Wie in Schützengräben ducken sie sich hinterm Tellerrand des, in den letzten 17 Jahren abbezahlten Einfamilienhauses. Der Preis sind 17 Jahre ohne Sex mit dem falschen Mann. Zum Beispiel.

Großes muss passieren, damit sie es wagen, den Kopf über den Tellerrand zu heben. Und sei es auch nur eine Woche Tauschmutter für die Gage von 1500 Euro oder so.