Wenn der Hurliburli ist getan

When shall we Two meet again?
In Thunder, Lightning or in Rain?
Eine Bar in Población de Campos. Popmusik. In der Nacht hat es acht cm geschneit. Trockener, eiskalter, stahlblauer Morgen. Als ich die A67 überquere und schnurstracks an der P980 entlang laufe Richtung Westen, bin ich heilfroh, das verwirkte Frómista zu verlassen. Elender Knast. Vom Hostalero der Albergue Municipal bis zur Stadtgrenze gejagt. Eine ungünstige Konstellation von Kulissen lässt das ansich schöne, weitläufige und saubere Frómista mit seinen beiden Kirchen ziemlich schlecht dastehen. Am Abend nehme ich in der Pension Marisa unweit der Pilgerherberge ein widerwärtiges Abendesssen für 9 €: gebrochenes, Baguette vom Vortag an per Mircrowelle erwärmte Spaghetti, die die Besitzerin vom Mittagstisch übrig gelassen hat; zur Hauptspeise überfahrenes, frittiertes, ungewürztes Huhn, behauptet man. Als Nachspeise siegt meine Vernunft und ich wähle, meinem Darm zu liebe die verschrumpelte vier Wochen alte Naranja zum Selberschälen, anstatt das Eis.
Die Nacht zu sechst mit Nicholas aus Paris, Misaki, Martina, Aki und Nora. Der Raum kühlt auf unter 10 Grad ab. Nora und Aki klauben alle Wolldecken zusammen, um zu überleben, verlassen 5 Uhr früh das Eisloch. Um 8:11 erwachen wir anderen leider viel zu spät. Der Hostalero legt einen geradezu militärischen Drill an den Tag, uns aus den Federn zu treiben: Andale, andale, andale – arriba! Speedy Gonzales meets Ausbilder bei den US Marines. Schon sehe ich uns im Stechschritt im Innenhof der Albergue exerzieren: „San tia go ist ein fei ner Mann – ich die ne ihm so guut ich kann!“
Der Hostalero zerrt uns vom Klo, reißt Misaki beinahe die Zahbürste aus dem Mund – fehlen nur noch die Fußtritte für den noch immer schlafenden Pykniker Nicholas.
Aus purer Bosheit lasse ich beim Gehen alle Katzen ins Haus.
Später außerhalb der Stadt denke ich, ob wohl gerade eine schlimme Rückkopplung in der Albergue stattfindet. Von Tag zu Tag spitzt sich die Lage mehr zu und auf eine Reaktion von Seiten des Hostaleros folgt eine Reaktion von Seiten der Pilger. Die Resonanzkatastrophe steht unmittelbar bevor in Frómista.
Meidet die Stadt!

Wann sollen wir beiden uns wiedertreffen, Frómista?
In Donner, Blitz oder im Regen?

When the Hurliburli ’s done!

Pilgerweg neben der P980 etwa 1 km westlich von Frómista

6 Antworten auf „Wenn der Hurliburli ist getan“

  1. War eigentlich Shakespeare auch auf dem Jakobsweg? Müsste ich direkt mal googlen …

    Zum Lesen klingt das alles irgendwie witzig und schräg, aber verd… ungemütlich, ihr alle tut mir leid. Ich hoffe bloß, die Katzen mussten nicht büßen, die armen.

    Vielleicht sollte der Hospitalero selbst mal wieder pilgern …

  2. Mir jagts eine Gaensehaut ueber den ruecken, wenn ich Deinen Bericht ueber Fromista/Albergue lese. Und zwar eine sehr unangenehme! Ich bin heute auch hier angekommen, mit zwei lustigen, langsamen (alles passt!) Brasilianerinnen. Wir sind im Hotel abgestiegen. Thx! You saved mz life in Fromista!
    Alice

  3. Fotografieren kannst Du. wirklich super. Ich bin der Mann von Alice. Freue mich dass Ihr Euch getroffen habt. Was Ihr Euch da im Dezember außer Eurem Rucksack aufladet ist schon einiges. Vor allem das Foto „Pilgerweg neben der P980“ hat es mir angetan. Es ist wunderschön. „Das Leben ist kein Ponyhof“ und ich glaube man kann den Camino zu Pferd zurück legen, ob mit dem Pony… da bin ich mir nicht so sicher. Wie Sophia auf dem Sofa – kann ich Euch nur bewundern und die Heizung ein wenig höher drehen. Vielen Dank dafür, uns so hautnah an Euren erlebnissen teil haben zu lassen. Ich bin zum Glück in München, drehe die Heizung etwas höher und schaue Euch zu. GRINS Ganz liebe Grüße an Euch, ich ziehe den Hut vor Euch.

  4. Lieber Juergen, ich habe mit Sofasophia gesprochen, und ab morgen abend findest du alle sinnvollen Busverbindungen auf dem Camino in meinem Blog. Kopf hoch, wir schaffen das ! Alles! Besito, Alice

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