Die Lohnarbeit ist das Größte, was die Gesellschaft hervorgebracht hat. Man kann darüber nörgeln, soviel man will, aber ihre Vorteile überwiegen bei Weitem die Nachteile. Sie ist das Rundum-glücklich-Paket des modernen Menschen. Der moderne Mensch kämpft, im Gegensatz zum antiken Menschen mit weit weniger Problemen. Eingebettet in ein soziales System mit Krankenversicherung und Notfallversorgung, dürfte er sich eigentlich überhaupt nicht beschweren. Selbst Erwerbslosen geht es im Vergleich zu den Menschen vor tausenden von Jahren bestens. Unser großes Los ist natürlich eine Festanstellung: der Chef (Owner), meldet einen bei der Sozialversicherung an, und monatlich überweist er das Gehalt aufs Konto. Alles, was der Erwerbstätige tun muss, ist konsumieren. Konsumieren ist unser Beitrag, den Kreislauf des Wirtschaftslebens aufrecht zu halten.

Kürzlich betrachtete ich die Truppe um Veranstaltungstechniker Ro. (Teufel). Drei vier griesgrämige Typen, mit denen ich im Leben nicht zusammenarbeiten möchte. Da wurde mir klar, wie gut es beim Ex-Owner doch war. Es hat einfach alles gestimmt. Gutes Klima. Gute Kollegen, tolle Arbeit. Zudem rundum glücklich bei Versicherungen gemeldet und das Geld kam auch fast immer pünktlich. Ich weiß noch, dass ich vor ein zwei Monaten klagte, kann das immer so weiter gehen? Tagein tagaus das selbe Ding. Wo ist der Künstler in dir? Hast du denn gar keine Pläne? Was macht das Leben bunt? Wenn du es gerne bunter haben würdest, was würdest du tun? Du könntest ewig weiter tackern (Möbel bauen) und nichts würde sich ändern. „Das nennt man Sicherheit“, würde Konzeptkünstler R. sagen,“ ein natürlicher menschlicher Impuls, dem man bereit ist zu folgen, aber Sicherheit schläfert ein“.

Nun, da die Firma insolvent ist, stellt sich die Frage nicht mehr, ob ich immer so weiter machen würde. Vermutlich hätte ich es getan. Jetzt kehrt der Künstler zurück. Vier Optionen:

  • neue Arbeit, neuer Owner, neue Sicherheit, rundum glücklich
  • freischaffend, wie die letzten 15 Jahre (Kopfproblem)
  • erstmals seit langem Zeit und Geld auf einem Fleck – brisant!
  • das Unbekannte, noch immer größer als das Bekannte (etwas wird passieren, dadurch, dass du dich so und so verhältst und da und da hin gehst – lehne dich zurück und lasse dich überraschen. Eine Tür ist es allemal.

Warum dieses Loblied auf die Werktätigkeit? Das letzte Jahr war so unglaublich einfach. Ich habe mich damals, als ich noch Künstler war, immer davor gehütet, zu behaupten, der normale Mensch habe es leicht, sein Leben sei unbeschwert und sorglos, ich Künstler jedoch würde den schweren Weg gehen, weil ich ein unkonsistentes Einkommen habe, und jeden Moment könne sich etwas ändern. Ich habe das deshalb nie gesagt, weil ich versucht habe, mich von außen zu betrachten und folgendes Bild vorfand: das ist ein Typ, der sich die Zeit einteilen kann, wie er gerade möchte, der um zwölf Uhr aufsteht, oder gar nicht, wenn er keine Lust hat, der in Urlaub fährt, wann immer und wohin immer er will, der sich das Leben so unglaublich leicht macht und im übrigen ein ganz schrecklicher Nichtsnutz ist. Nichts von Alldem ist wahr! Ich behaupte, selbst der größte Müßiggänger, von außen betrachtet, der tagein, tagaus nur auf Wiesen liegt und in den Himmel starrt, macht sich das Leben nicht leicht. Wir dürfen uns nicht anmaßen, anderer Leute Leben zu beurteilen, weil wir es nie nie nie von Innen sehen.

Nur wer ein Leben lebt, kann es wirklich beurteilen. Nur wer der ist, der er ist, kann den beurteilen, der er ist.

Ich habe beide Leben ein bisschen gelebt: das legere Künstlerleben und das Werktätigenleben. Das Werktätigenleben hat mehr Vorteile. Das Künstlerleben ist abwechslungsreicher.

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