Dass nicht immer eitel Sonnenschein herrscht auf der Reise ans Nordkap war mir ja schon klar. Aber dass das Wetter so früh so ekelhaft einbricht und so nachhaltig trist und kalt bleibt, damit hätte ich nicht gerechnet. Mein England-Trauma von 2012 erwacht: ein Monat außergewöhnlich kalt und nass, von atlantischen Winden umtost. Ganz groß in dieser Erinnerung ist der Campingplatz in den Fenlands, nahe Boston war es glaube ich. Ein topfebener Platz, flach, wie eben die trockengelegten Fenlands sind. Dem Meer abgerungenes Land, das einst maßgeblich von Holländern gestaltet wurde, habe ich mir sagen lassen.
Der Campingplatz war fast leer. Niemand wollte bei dem Sauwetter campen. Geschweige denn zelten. Wenn man vom Kiesweg abbog auf die schöne, grüne Wiese, merkte man auch warum. Das war gar keine Wiese mehr. Das Fahrrad hinterließ quatschend eine Reifenspur in einem vollgesogener-Schwamm-nassen Stück Land. Jeder Schritt war deutlich sichtbar. Auf einem etwa zehn Zentimeter höheren Teil der Zeltplatzwiese baute ich das Zelt quasi schwimmend auf. Nie war ich froher über den 10.000 Millimeter wasserdichten Zeltboden, als damals in den Fenlands.
Nach dem Sonnenradeln der ersten Tage in Schonen, müssen wir nun „taktisch“ radeln. Müssen zwischen oft heftigen Regenschauern spießrutenfahren.Meist haben wir Glück, so wie gestern in Vetlanda. Gerade reiten wir in die Stadt ein, als es wie aus Eimern zu schütten beginnt. Wie Nacktschnecken kriechen Wolken am Himmel. Ein Café, die Rettung. Etwa zehn Männer an den Tischen schwatzen in den Morgen. Wir kaufen Sandwiches und halten uns an der hierzulande üblichen Kaffeeflatrate schadlos.
Kaffeeflatrate heißt, du kaufst einen und darfst dir am Buffet so oft nachschenken wie du willst. Wobei ich mir des So-oft-wie-du-willsts nicht ganz sicher bin. Vielleicht gibt es auch ein ungeschriebenes Limit?
Der Kaffee kommt, nicht wie bei uns daheim aus überkanditelten Kaffeeautomaten,sondern er wird handgefiltert in großen Kannen bereitgestellt.
Vor dem Café sorgen zwei durchnässte Harleyfahrer für aufsehen. Achja, und wir, mit unseren vollbepackten Fahrrädern, wir auch, bzw. die Fahrräder.
Handys laden. iDogmapostkarten verschicken. Mobiles Büro. Dazwischen schmatz-schmatz und schlürf. Wasserflaschen im WC- Waschbecken auffüllen.
Schwupp Sonne, blauer Himmel. 79 Kilometer bis Jönköping. Das liegt an einem der großen Seen. Dem Vätteren- (oder Vänneren?)sjön.
Dort führt der Smålandsleden hin. Unser Radweg. Und am See führt ein anderer Radweg nördlich.
Ich bin nicht mehr überzeugt von der Idee, tu‘ immer das, was dein Radwegschild dir sagt. Einerseits ist es sehr bequem, einfach den Schildern zu folgen und nicht an jeder Kreuzung die Karte oder das GPS herauskramen zu müssen, andererseits: wir fahren im Zick-Zack und das Streckenprofil ist geradezu barbarisch. Kurze nur wenige hundert Meter lange Steigungen im ersten oder zweiten Gang und dann genauso mit vierzig Sachen wieder abwärts. Als hätte man einen Alpenpass in Stücke geschnitten und ihn breitwürfig hier in Schweden verteilt.
Man findet keinen Rhythmus. Die Oberschenkel tun weh. Wollen nicht richtig warm werden. Dazu dieses ewige Katz‘ und Maus-Spiel mit den Nacktschneckenwolken. Regenkluft an, Regenkluft aus.
Just bei einem besonders starken Schutt können wir uns in einer Kirche unterstellen. Im Pfortenraum auf einer Holzbank. Drinnen Chorprobe, sopranesk baritonisch süß, das Herz erweichend, so dass ich auf eine der beiden graublauen Säulen des Portals starrend denke, hei, dieser eine Moment, hier, jetzt, warm, trocken, süße Musik, da draussen kalt eklig menschenunfreundlich, der ist doch die ganze Schinderei wert, oder?
Die Blogartikel könnten verstärkt Tippfehler enthalten, da die externe Tastatur kaputt ist und die Texte auf dem winzigen Smartphone-Bildschirm geschrieben werden.
Ohnein, Tastatur kaputt? Kannste dann meine haben.
Ich sehe auf der Wetterkarte, dass es ab Montag wieder besser wird.
Vielleicht bringt der Klimawandel den Monsun nach Skandinavien?
Trotz allem – köstlich geschrieben und ich hoffe, die Stimmung bleibt so heiter wie du der Artikeltitel kligt!
Hallo Juergen,
ich wuensche Dir wirklich besseres Wetter. Ich halte die Daumen.
Safe bicycling,
Pit
Danke Pit
Vom Mitlesen komm ich schon ins Schnaufen. Du hattest eh nicht an `ne Luxuskomfortreise gedacht…was das Leben so treibt. Klasse finde ich, dass du dir dein Leben machst, wie du es willst, nicht ferngelenkt bist- wäre ja NOCH schöner- ganz und gar Individualreisender, den wilden Mächten ausgeliefert, voll freiwillig, ein Herzensreisekunschtmensch…hach, könnte grad so weiterschwärmen!
Gerade fände ich ein Hotelzimmer aber echt klasse. Mit Whirlpool und Sauna.