Offene Ateliers Rheinland-Pfalz – Bildergalerie Atelier Rinck

Das Atelierfest 2014 (20./21. Sept.) auf dem Rinckenhof zeigt eine Retrospektive aus vier Jahren Smartphone-Fotografie (hundert Jahre Hipstamatic :-) ). Leinwanddrucke und eine wandfüllende Polaroid-Installation bilden den Kern der Ausstellung. Flankiert werden sie von Alu-Dibond-Bildern und Objekten. Erstmals gibt es Ausbelichtungen unserer (SoSo et moi) Urban Artwalks zu sehen – Fotocollagen, flüchtige Fingerabdrücke europäischer Städte, digital-forensische Bestandsaufnahmen unserer Umgebung.

Hier noch einmal der Link zum Download der Liste aller Offenen Ateliers in Rheinland-Pfalz.

Die Offenen Ateliers Rheinland-Pfalz zeigen sich herbstlich bunt

Nicht offene Offene Ateliers

Irgendlinks Atelier im Umbau

Verflixt. Die ersten BesucherInnen des Offenen Ateliers sind da. Eine Woche zu früh. Ertappen mich im Sonntagsschlaf. Zum Glück ist Freund QQlka auf der Südterrasse. Empfängt die Gäste. Weckt mich. Kocht Kaffee. Serviert Gebäck. Kann ja die Leute nicht abweisen. Über Stock und Stein sind sie herauf gekraxelt zum einsamen Gehöft.

Irgendlinks Atelier im Umbau
Irgendlinks Atelier im Umbau

Das Atelier ist im Umbau. Habe doch erst nächste Woche Tag der offnenen Tür. Leitern und Krempel überall und ich bin ein bisschen zerknautscht. Wie man eben ist, wenn man aus dem Reich der Träume kommt. Wir schwadronieren über Kunst, Gott und die Welt. Der Kaffee wirkt. Ob man von der Kunst leben könne, stellt jemand die Frage. Kurzerhand sage ich ja und erst später wird mir bewusst, wie wahr die Aussage ist und wie viel Sich-winden, Rechtfertigen, Begründen und „Abern“ einem so ein Ja spart. Kann man vom Verkauf von Bildern leben? Nein. Als Durchschnittskünstler fernab der Tränken des Kunstmarkts muss man sich sich heutzutage immer als ein Mischprodukt auf dem Arbeitsmarkt vorstellen, das neben seiner  eigentlichen Bestimmung, kreativ zu sein, eine Reihe weiterer Erwerbsquellen hat und obendrein den Begriff „Davon-leben“ auf eine ganz andere Art definiert als der Durchschnittsbürger. Kurzum, wenn du Durchschnittsbürger sein willst mit einem durchsschnittlichen Gehalt, von dem du dir die durchschnittlich nötigen Dinge, die du zum Leben brauchst, kaufen kannst, dann kannst du kein Künstler sein. Ich träume manchmal von solch einem Leben in wohliger Sicherheit. Aber letztlich geht es darum, glücklich zu sein und zufrieden mit dem eigenen Leben.

Was falsch verstanden werden kann, wird falsch verstanden. Manche Dinge sind so verquer, dass sie gar nicht verstanden werden können. So auch die Offenen Ateliers. Im Prinzip sind die Regeln ja klar: an zwei Wochenenden im September können alle Künstlerinnen und Künstler in Rheinland-Pfalz, die in der Profiliga spielen, ihre Ateliers öffnen. Die große, gemeinschaftliche Aktion bietet einen Blick hinter die Kulissen der Kreativität. Bloß: es gibt vier Spielvarianten, zwischen denen die teilnehmenden Ateliers wählen können. Entweder beide Wochenenden samstags und sonntags öffnen, oder an beiden Wochenenden nur sonntags oder nur das erste Wochenende samstags und sonntags, oder nur am zweiten Wochenende. Alles klar?

Im Programmheft steht es fein säuberlich im Kleingedruckten.

Das Atelier Rinck ist am 20. und 21. September 2014 von 14 bis 19 Uhr geöffnet. Neben Foto- und Objektkunst gibt es Kaffee und Kuchen. Wer samstags kommt und sich etwas zum Grillen mitbringt, kann gerne auch nach 19 Uhr am Lagerfeuer im Ateliergarten mit den Künstlern und Kunstinteressierten über Gott und die Welt schwadronieren. Dieser Artikel vor ein paar Tagen gibt mehr Infos preis.

Revolutionäre Projekte zum Thema #Burgenblogger und #Mittelrhein

Mittelrhein Grafik Karikatur

Was macht eigentlich der Knopf Kreativmodus an meinem Burgherrenkit Irgendlink?

Er schaltet die Einheit auf zufällige Wiedergabe. Entweder werden Sie verstört die Ergebnisse beobachten, oder vor Entzücken in die Luft springen.

Aus meiner Bewerbung zum Burgenblogger – Bedienungsanleitung für eine Ritterburg

Oder anders gesagt: wenn man dem Künstler nicht sagt, was er tun soll, dann macht er was er will. Treibt Schabernack. Lässt die Ideen sprudeln. So entstehen grotesk-phantastische Ideen auf dem weiten Feld zwischen Dada und Karikatur, zwischen Ironie und bissigem Humor.

Natürlich spielen die Reize, die die Umwelt auf einen ausüben eine große Rolle. Zum Beispiel das Bild, das die Rheinzeitung in ihrer Ausschreibung zur Burgenbloggerei verwendet hat. Es zeigt Burg Sooneck, auf der der Burgenblogger dereinst residieren und arbeiten soll, mit einem riesigen hineinmontierten Pfeil, der auf den Burgturm zeigt. Schon von Anfang an hat mich dieser Pfeil gestört. Er will und will nicht in das romantische Bild einer Ritterburg über dem Mittelrhein passen. Kann mal jemand den doofen Pfeil vor meinem Burgfenster wegnehmen, war einer meiner ersten Gedanken. Schrei’s laut hinaus. Als ob man, wenn man auf Burg Sooneck einzieht, immer diesen Pfeil vor den Augen hätte. Ha.

Kurzerhand habe ich das Bild aus dem Netz kopiert und durch Halftone auf dem Smartphone genudelt und einen Cartoon gebastelt, auf dem aus dem Burgturm eine Stimme in die Sprechblase schreit, Kann mal jemand den doofen Pfeil vor meinem Burgfenster wegnehmen.

So weit so gut. Der nächste Schritt wäre gewesen, auf den Teilenknopf zu drücken und das Bild zu Facebook, Google und Twitter zu portieren, aber halt halt halt, gibt’s da nicht noch so etwas wie ein Urheberrecht? Und, verflixt, wer hat überhaupt das Bild gemacht? Ist das ein Stockfoto? Ist es gemeinfrei? Darf ich es verwenden? Schnell mal nachschauen. Ach und tatsächlich, unter dem Bild steht ein Name: Ulrich Pfeuffer. Google fragen. Es gibt ja so viele Pfeuffers. Welche mit drei F. Und Ulrichs. Welche mit zwei L. Auch diesen Ulrich Pfeuffer gibt es. Fotograf in Koblenz. Mittelrhein. Könnte passen. Klasse Seite. Besonders gut gefallen mir seine Ostsee-Bilder in der Rubrik Unterwegs. Sie sind so schön still. So unprätentiös. Ein Augenschmaus.

Impressum gibt es auch auf der Seite, also Mail an Ulrich, mal nachfragen, wie er die Sache sieht. QQlka, mein Galerist meint zwar, oooch, das kannste verwenden, ist doch künstlerische Freiheit,  Paragraf fünf oder so, wird doch keiner etwas dagegen haben. Aber das ist mir in Anbetracht des Wespennests Burgenbloggerei ein bisschen zu heikel. Und außerdem ist es höflich, zu fragen. Vielleicht lernt man ja nette Leute kennen?

Herr Pfeuffer hat noch nicht geantwortet. Vielleicht findet er diese Art Humor doof. So doof wie ich den Pfeil. Deshalb steht an dieser Stelle nicht das Cartoon-Bild, sondern … muss ich mir noch überlegen, wird sich ja in Irgendlinks Archiven irgendwas finden lassen, das man zurechtbiegen kann, dass es in den Artikel passt.

Schnitt.

Nachts erwache ich mit dem phantastischen Gedanken, ich könnte mein Alterego, den MudArt Künstler Heiko Moorlander zum Burgenblogger bewerben. Der hat sowieso viel mehr Charisma als ich. Und Geld wie Heu. Der könnte ein revolutionäres Projekt ausrufen, das das Mittelrheintal auf einen Schlag weltberühmt macht. Ein Dorado für Taucher und MudArtisten soll es werden. Der Rhein in Schlammen war geboren, in Anlehnung an die jährlich stattfindende Veranstaltung Rhein in Flammen.

Okay, es ist sicher keine gute Idee, sich als Burgenblogger zu bewerben mit einem Projekt, das das Rheintal ab Koblenz unter Wasser setzt und zweihunderttausend Menschen umsiedeln will. Aber revolutionäre Kunstideen fordern nunmal ihren Preis.

Vielleicht wäre es besser, wir würden die Staumauer im Binger Loch machen, sagt QQlka. Wir sitzen auf der Südterrasse des einsamen Gehöfts und lassen die Ideen sprießen. Man könnte das Tal trocken legen und eine 65 Kilometer lange Shoppingmall daraus machen. Ein Paradies für die kaufkräftige junge Mittelschicht. Dach drüber. Shops in den Felsen meiseln, fast wie Andorra. Gute Idee, sage ich. Die ist von dir, sagt QQlka. Von uns, beschwichtige ich. Ideen sind immer das Zusammenspiel vieler. Ideen sind produktiv gewordene Kommunikation.

Ab hier wird es vielleicht ein bisschen philosophisch in diesem Satireartikel, aber der Beweis, wie der Zusammenschluss von Ideen funktionieren kann, liegt ja ungeschminkt vor uns. Die Burgenbloggerkampagne nimmt ihren Lauf durch die sozialen Medien. Die vielen Bewerberinnen und Bewerber inspirieren sich gegenseitig, beflügeln einander. Eigentlich ist das virtualisierte Mittelrheintal durch die Kampagne ein fruchtbarer Acker geworden, auf dem theoretisch wir alle, die wir darüber schreiben, denken, hoffen, mitfiebern, wer denn nun der einzige Burgenblogger, die einzige Burgenbloggerin wird, prima leben können.

Auch ich habe viel gelernt. Die wenigen Profijournalistinnen (ja, tatsächlich konnte ich nur Frauen finden, die vom Fach sind und das Zeug hätten zur Burgenbloggerin), haben mich mächtig inspiriert und mir mit ihren offen gelegten Bewerbungen die Dinge klar gemacht, die ich zwar ahnte, aber die ich bisher nicht so im Fokus hatte. Durch die offene Darstellung unserer Bewerbungen und Ideen, haben wir uns gegenseitig weiter gebracht. Das war nicht nur ein kollektives Hose runterlassen. Das war gemeinsames Schaffen an einer großen Sache. Für den Kunststraßenbau und die nächsten Projekte konnte ich vor allem eins mitnehmen: höchste Blogdisziplin und tiefe Einblicke in die Promotion von Projekten. Ich werde es auf den nächsten Livereiseprojekten gut gebrauchen können.

In knapp zwei Tagen endet die Bewerbungsfrist für den Posten auf der Burg. Ich bin gespannt, wieviele sich beworben haben und wie es weiter geht.

Oh, und ehe ich’s vergesse, Blogartikel will Bild. Nehmen wir doch diese kleine Karikatur zu den Mitteln der Burgenblogger: Herzblut und Ideen:

Mittelrhein Grafik Karikatur
Das hier ist der Mittelrhein, da fließen unsere Mittel rein – die Mittel der Burgenblogger: Ideen und Herzblut

Aus Irgendlinks Kritzelkasten

  • Vernaschlikov (by QQlka)
  • Die Blumenkinder kamen schon nackt auf die Welt
  • Generation Mud (Heiko Moorlander)
  • Sie merken erst was sie wollen, wenn sie kriegen was sie kriegen
  • Was tun, wenn die Zielgruppe, für die du schreibst, malst, produzierst, in der Zukunft lebt?

Rheinromantik 2.0 – Kratzen am Mythos Burgenblogger

Die fliehenden Stunden des Lebens - Sonnenuhr
Die fliehenden Stunden des Lebens – Sonnenuhr

Jetzt, jetzt und nochmal jetzt! Das ist das Credo des modernen Bloggens, hart am Wind der unmittelbaren Gegenwart, kaum erlebt und schon im Netz. Die mögliche Zeitempfindung auf einen einzigen Punkt konzentrieren und versuchen, sich der Gegenwart so weit wie möglich zu nähern. Aber gibt es das Jetzt überhaupt? Unser Hirn verhindert das angeblich (aber es kommt verdammt nah ran). Es mischt Erinnerungen und Hoffnungen zu einem berauschenden Gebräu, das uns nur vorgaukelt, wir leben im Jetzt, obwohl wir stets in unserem Erleben und Empfinden einen Sekundenbruchteil dem Jetzt hinterherhinken. Haben wir womöglich gar keinen Einfluss auf unser Handeln? Schalten wir eine Stelle weiter in die virtuelle Welt, in der wir ja auch eine Unmittelbarkeitsvermutung hegen, so geht die Gaukelei weiter und es mischen sich noch weitere Substanzen hinzu in dieser höchst modernen Form der Alchemie. Wahrheit und Unwahrheit, die in den Kommentarsträngen der sozialen Medien aufeinander knallen, wie Krieg auf Basis von Gerüchten, Geglaubtem und arglos als wahr Angenommenem. Der moderne Blogger im Allgemeinen und der Livereisende im Besonderen ist Teil eines Verwirrspiels, schlüpft, gewollt oder nicht, in die Rolle eines lebenden Avatars, einer Abenteuerfigur, die für Couchpotatoes oder Überarbeitete und Gelangweilte erlebt, filmt, berichtet und sie ein gut Stück mitleben lässt in seinem – es steht ja im Internet, es ist wahr – kleinen, subjektiv zusammengeschusterten Leben. Das Dasein als lebender Avatar, als selbst ernannter Held subjektiv erlebten Alltags, bietet ein unglaubliches Potential. Nicht nur, dass man der Sehnsucht nach dem Jetzt hart auf den Fersen ist, man ist auch dem Produkt, das man schafft, sehr nahe. Und das in einer Zeit, von der man sagt, dass der produzierende Mensch sich immer weiter von seiner Arbeit entfremdet.

Schon Schlegel hatte es prophezeiht: der Burgenblogger dokumentiert sich selbst

Bloggen ist eine sich selbst dokumentierende Kunstform. Durch die Vielfalt der zur Verfügung stehenden elektronischen Mittel (Video, Foto, Sound, Text) entsteht ein unmittelbarer und durchaus miterlebbarer Bericht. Vielleicht ist es so ähnlich wie einst Friedrich Schlegel mutmaßte, ein Produkt, das dazu dient, das Produzierende darzustellen. Anfang des 19. Jahrhunderts bereiste der Schriftsteller das Mittelrheintal. Er gilt als bedeutender Vertreter der Rheinromantik. Kaum vorzustellen, dass die sechzig bis siebzig Kilometer lange Engstelle zwischen Bingen und Koblenz einmal ein beschauliches, stilles Stück Gegend war, das Tausende von Sehnsüchtlern anlockte. Rau und wild. Auf der Suche nach Abenteuer, Ruhe und gleichzeitig auf der Flucht vor der einsetzenden Industrialisierung, wandten sich die Rheinromantiker der Natur und der Vergangenheit zu. Das verwunschene, damals kaum erschlossene Mittelrheintal, dem sich zudem die Niebelungensage gut andichten ließ, war der ideale Ort dazu. Der Romantiker vor 200 Jahren, wurde durch eine abenteuerliche Fahrt auf einem schwer schiffbaren Abschnitt des großen europäischen Stroms belohnt. Burgen, Stille und viel Grün inklusive.

Das Mittelrheintal, Brücke „zwischen zwei Romantiken“

Und heute? Der moderne Mensch will vor allem eins: Von A nach B. So schnell wie möglich. Und noch eins: Südfrüchte, Fahrräder, Autos und Energie und somit will er auch, dass diese Waren transportiert werden. Noch immer ist das Schiff das Verkehrsmittel Nummer eins, wenn es darum geht große, schwere Lasten zu transportieren. Tag und Nacht im Einsatz, ist es nicht einmal ein so langsames Transportmittel, wie man vermutet. Ihm zur Seite kreischt die Bahn und unisono im Chor jault Gummi auf breiten, wohlasphaltierten Bundesstraßen. Schluss mit ruhig. Als Nadelöhr zwischen Nord und Süd hat der Mittelrhein ein schweres Los. So schnell wie möglich will man hindurch; und verweilen, so wie früher, will kaum einer mehr. Wenn man näher hinschaut, ist das aber auch der Trend der Zeit weltweit. Die Hatz von A nach B, von Sehenswürdigkeit zu Sehenswürdigkeit.

Rheinromantik 2.0 – die Fortsetzung der Romantik mit anderen Mitteln

Auf die kürzlich ausgeschriebene Stelle als Burgenblogger (die Bewerbungsfrist endet am 14. September) haben sich mittlerweile schon mehr als 300 Bloggerinnen und Blogger beworben. Kurzerhand aufgesetzte Twitter und Facebookaccounts spriesen wie Pilze aus den sozialen Medien. Videofreaks, Twittericonen und alle möglichen Derivate von Webexistenzen rangeln um den ruhigen Posten auf Burg Sooneck im Welterbe Mittelrheintal. Der Sturm vieler vor der Ruhe eines Einzelnen. Irgendwie ist das signifikant für die Schizophrenie unseres Seins.

Ich fürchte, die Rheinromantik 2.0 hat mit der Rheinromantik vor 200 Jahren nicht mehr viel gemein, wie auch die Welt selbst sich gewandelt hat. Schneller, schneller, schneller und mehr, mehr, mehr sind die Zauberformeln, nach denen wir heute leben. Wir müssen uns beeilen, rangeln, müssen bestehen im täglichen Konkurrenzkampf um Jobs, Materielles und Begehrliches.