Wenn du einen Menschen in Alsenz, in der Nordpfalz, frühmorgens weckst und ihm sagst, „Heute frühstücken wir mal in einem Café, brauchst nix Essen machen und Kaffee und so, setz dich einfach aufs Rad, wir fahrn nach Rockenhausen“, dann wird er dich für verrückt erklären. Rockenhausen ist 12 km entfernt.
Weiß auch nicht, was mich geritten hat, ungefrühstückt loszuradeln. Der Nebel? Die laute Nationalstraße, auf der bei der kälte schon ohrenbetäubende, messerscharfe Motorradfahrer ihren Mittwochmorgen-Männleinfrust am Gashahn auslassen? Was hatte ich erwartet? Dass im kleinen Tincqu-irgendwas ohne jegliches Fremdenzimmer mitten in der Nacht ein Straßencafé aus dem Boden geschossen ist? Eine Boulangerie (Bäckerei) nähe der Bahnlinie erfreut mein Herz, hier kann ich ein Croissant kaufen und vielleicht gibts auch Kaffee-to-go? Bei näherem Hinradeln entpuppt sich der Laden als Boucherie, also als Metzgerei.
Also raus ausm Dorf auf auf ins 12 km entfernte Rockenhausen, ähm, pardon, Saint Pol. Über Seitenstraßen mogele ich mich über die Piste Cyclable des Pierres Blanche, pittoresk-hitchcockesque, wie schon gestern muss ich immer wieder an eine Szene denken in North by Northwest, in der der Held auf weiter Agrarlandfläche von einem Flieger attackiert wird. Tse.
Irgendwann ist der Hunger so groß, dass ich bei einem Wäldchen stoppe, den Kocher auspacke, Kaffee koche und Baguette von gestern toaste. Mjam mjam. Gerade fährt das dritte Auto seit einer Dreiviertelstunde vorbei. Der Homebase maile ich ein 16er-Bild der Kilometer 160 bis 310. Durch langsames Edge-Netz. Es dauert den halben Artikel, bis das Mailprogramm endlich „Zosch“ macht und signalisiert, dass die Mail gesendet wurde.
Trockner, lehmiger Feldweg, Vögleinzwitschern und im Westen säuselt die Nationalstraße. Auf dem Acker vor mir stehen drei Bäume, ein kleiner, ein mittlerer und ein großer. Welcher von denen wäre ich, wenn ich ein Baum wäre? Das Zelt trocknet im Wind. Dunkle Wollen wehen heran. Wäre möglich, dass es heute noch regnet.

