Von Bungay über Norwich nach Cley

Outney Meadow außerhalb Bungays ist der zweite „So-sollte-es-sein“-Campingplatz, den ich in England finde („So-sollte-es-sein“ ist das Triple A unter den Wertungen für die Reise, sage ich mal so, ich Standardpoor, ich). Ziemlich große Anlage, fast leer.

Vom Eingangsbereich, der eher an eine Firmeneinfahrt erinnert als an einen Wohlfühlcamping, darf man sich nicht beirren lassen. Im Inneren des labyrinthisch wirkenden Geländes findet sich feiner Rasen, verschiedene Bereiche, umzäunt von windschützenden Koniferenhecken. Auf den ersten Kilometern Richtung Norwich verirre ich mich wieder einmal. Trotz Karte, Radwegbeschilderung und GPS verirre ich mich ständig. Kumulierte Verirrungsdistanz auf den mittlerweile fast 1300 km ist geschätzt 50 km. Aber wer zählt schon, wer rechnet schon bei einer solch gigantischen Distanz, die ich mir vorgenommen habe. Rechnen und Zählen und sich dem Ziel entgegen zu sehnen, es „anzustreben“, sind der Tod der Reise. Mit rechnen, wollen, sich selbst antreiben, verstärkt man nur unnötig die Kräfte, die im eigenen Innern dafür sorgen, dass Körper und Geist in eine Verspannung geraten, was das Leben verunschönt. Ich glaube, am besten kommt man voran im Leben, wenn man alle auftretenden Kräfte so gut wie möglich durch sich hindurch leitet.

Geradezu esoterisch verwirrt biege ich hinter einem Dorf namens Surlingham rechts ab und wundere mich, warum der bisher fast ausschließlich auf geteerter Strecke verlaufende Fernradweg Nummer 1 nun über einen holprigen Fußpfad vorbei an einer Farm führt. Nach 5 Minuten passiere ich ein Gatter und stehe vor dem Friedhof, nur 100 Meter von der Straße entfernt, die ich eben enlang geradelt bin. Die beiden Surlinghams! Erneut komme ich am Wegweiser vorbei. Nun ist klar, dass er einfach nur dusselig angebracht ist. Hinter Surlingham folgt für viele Kilometer der erste „So-sollte-es-sein“-Radweg. Entlang am River Yare bis hinein in die Großstadt Norwich, die vor langer Zeit einmal die zweitgrößte Stadt Englands gewesen ist. Das Wohlfühlradeln setzt sich quer durch die Stadt fort. Von Großstadt eigentlich keine Spur. Ein Schild „International Airport“ und der auf der Karte eingezeichnete Autobahnring und die vielen Schnellstraßen, die sternförmig auf den Ort zu laufen, sind eindeutige Zeichen für Stress.
Stress negativ. Ohne Probleme durchquert man das, von Samen und Wikingern geprägte mittelalterstädtchen an den Flussradwegen. Studenten. Feierabendmenschen, zwei Jungs mit riesigen, leeren Leinwänden unterm Arm.

Nein, nicht das Irgendlink-Rad, sondern ein kreatives Namensschild bei einer Farm Nähe Holt

20120417-150135.jpgÖfter, als man glaubt, gibt es die alten Telefonzellen noch.

20120417-150151.jpgDer Railway-Trail ca 5 km nordwestlich von Norwich

20120417-150246.jpgPanorama der Dragon Hall, eine alte Markthalle in Norwich, die heute ein Museum beherbergt.

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3 Antworten auf „Von Bungay über Norwich nach Cley“

  1. Wie sympathisch es dich macht, dass du dich ständig verirrst! ;-) Ich gehör ja auch zu der Sorte und habe zum Glück einen Meister an meiner Seite, der sich als Spross des weltberühmtesten Seefahrervolks brüstet und also stets die richtige Richtung weiß. Tatsächlich stimmt das auch, also dass er sich praktisch nie verirrt, auch in fremder Umgebung nicht. Vielleicht ist es tatsächlich was Englisches und deshalb ist dort die Beschilderung so schlecht. Die brauchen das gar nicht. Aber wir armen deutschen Binnenländer hättens halt gern klar und deutlich, gell? ;-)

    Toi toi toi weiterhin!

  2. „Öfter, als man glaubt, gibt es die alten Telefonzellen noch.“ – die Briten wissen eben noch was mensch manchmal dringend braucht ;o)

    ja, schließe mich Soso an… klasse Bilder – diese Panorambilder- Fischauge wie auch immer noch gefallen mir jedes Mal sehr…

    und… (ver-)irren ist menschlich- guats nächtle für heute und morgen einen guten Tag für dich und uns alle
    wünscht
    Li Ssi herzlich

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