Mal wieder etwas persönlicher werden. Auch wenn ich große Lust hätte, die Halbneun-Menschengeschichte einfach weiter zu erzählen. Jede Wette: der Gesprächsstoff würde mir so lange nicht ausgehen, wie ich morgens Halbneun hinüberradele zur Arbeit in das Kraftwerkstädtchen B. Denn so ist das Leben. Jeden Tag ist es neu und im ewigen Rund bilden sich geheimnisvolle Spitzen gelebten Menschendaseins. Den Kopf sprengt es dir ohnehin Tag für Tag … wenn du offenen Auges durch diese Welt gehst und es wagst, dich im Detail zu verlieren. Da braucht es keine Weltreisen, um das Besondere zu finden. Es liegt im Straßengraben, umgeben von Schmutz wie unser leerer Koffer voller Geld (siehe zwei Einträge vorher).
Ich bin ein Barde der Alltäglichkeit, singe die Lieder, die mir das Leben komponiert.
Auf dem Nachhauseweg vorhin, es war schon nach Neun, hegte ich eigenartige Gedanken um den RICHTIGEN ZEITPUNKT AM RICHTIGEN ORT. Wahlweise auch die falsche Zeit am falschen Ort oder die richtige Zeit am falschen Ort … anyway, dass Zeit und Raum Hand in Hand spazieren, dürfte spätestens seit Einstein bekannt sein.
Ich kurbelte die steile Straße hinauf, die ich allmorgens so leichtfertig hinuntersauße, schwitzend, schuftend und mit einer gewissen Genugtuung im Kopf, dass Menschen, die auf dem Berg leben, im Tal sterben. Die Szene war groß. Im Westen bäumten sich haushohe Gewitterwolken, durchzogen von späten Sonnenstrahlen. Der Himmel war rot, blau und lila zugleich und im Süden stemmte ein kurzer dicker Regenbogen sein Spektrum ins Firmament. „Dass unter dem Regenbogen das Glück liegt, ist dir hinreichend bekannt, Herr Irgendlink?“ dachte ich.
Unter dem Regenbogen lag das einsame Gehöft. Die Spitzen der Pappeln neben meinem Wohnzimmer waren schon zu sehen. Nur noch wenige Höhenmeter und ich wäre zu Hause.
Eine Weinbergschnecke zog ihre Spur auf der Straße. Ich wich aus, stoppte, kehrte um, nahm das Tier und setzte es zurück in die Gosse. Es war klar, dass das nächste Auto die Schnecke überfahren würde. Schnecken sind langlebige Tiere, habe ich einmal gehört. Wenn ich sie heute rette, könnte es sein, dass sie sich in zwei Jahren immer noch ihres Lebens erfreut.
Als ich weiter kurbelte, überholte mich in einer Kurve ein silberner PKW, während ein anderes Auto entgegenkam. Knappe Situation, lautes Hupen, ein Luftzug und puuh, nochma‘ davon gekommen.
Das wäre nicht passiert, wenn ich nicht angehalten hätte wegen der Schnecke.
Und genau solche Situationen sprengen mir manchmal das Hirn, weil: der Mensch nie weiß, ob er zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist oder zur falschen Zeit am falschen Ort oder sonst eine Mixtur aus diesen eigenartigen räumlich-zeitlichen Zufälligkeiten.
Aber eins ist sicher: Menschen, die auf dem Berg leben, sterben nicht am Hang!
ach, ich liebe deine Gedanken zu den ganz banalen Dingen des Alltags! Diese Dinge werden dann zu etwas Besonderem … Bedenkens- und Beachtenswertem!
Wenn ich doch auch nur sooo schreiben oder auch denken könnte ….. der Teufel liegt halt im Detail oder im unterschiedlichen Intellekt.
Nichts desto trotz habe ich es endlich geschafft, die (auch von dir) ungeliebten Snap-Shots in meinem Blog zu beseitigen. Aber auch nur mit fremder Hilfe. Du siehst, es hapert an allen Ecken und Kanten! Ich lasse mich aber nicht unterkriegen.
Irgendwann ….
Liebgrüß Karin