Ego

Ego hat eine ungeheuerliche Zerstörungskraft. Mit Fug und Recht kann es als Motor gelten. Es treibt einen an. Es lässt einen sich in Beziehungen stürzen oder Karriere machen oder große Reden schwingen oder Homepages bauen. Es verlangt dir alles ab. Erst wenn du lernst, es zurückzunehmen hast du eine Chance auf Glück. Das Ego will unbedingt befriedigt werden. In Form von Lobhudelei, Streicheleinheiten, Bestätigung jedweder Art. Also stapfst du durch dein Leben auf der Suche nach dieser Befriedigung, nichts ahnend, dass jeder Schritt, den du tust, Widerstände in Kraft setzt, die letzten Endes den Weg blockieren.

Die Staatsanwältin überredete mich Freitagabend zu einem Elsass-Trip. „Abwechslung?“ fragte sie, ich sagte ja. So kam es zu diesem Nachttrip auf den grandiosen Nationalstraßen. Wir teilen die Lust, nachts über Nonamestraßen zu braußen ohne jegliches Ziel. Endeten bei der Ruine Fleckenstein, überkletterten die Absperrung, tranken eine Flasche Wein vor fast vollem Mond. Seichter Nebel immer wieder.

Weiß nicht mehr, wie wir darauf kamen, dass das Ego die Schuld an der Misere trägt, in der sich die Menschen manchmal befinden. Jeder hat das erlebt. Sie und ich und ihr da draußen bestimmt auch. „Auf dem Weg zum eigenen Ziel,“ sagte die Staatsanwältin, „geht man immer über Leichen. Über die Kadaver der Nächsten, der Besten und der Liebsten.“

„Haben wir sie getötet?“ fragte ich.

„Wir haben es billigend in Kauf genommen.“

„Vielleicht sollten wir stehen bleiben? Einfach nichts tun. Uns selbst zurücknehmen. Den Weg vom Ich zum Wir finden?“

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