Ein Buridans-Dilemma

Im frühen Sonnenlicht unter einer Papier-Blende auf dem Küchentisch liegt die Digitalkamera. Ich habe eine 65 mm lange Röhre aus Pappe aufgesetzt und eine Halterung für Kleinbild-Negative. Die Methode ist besser als Scannen. Man erhält mehr Bildpunkte und es dauert nur wenige Sekunden, bis man ein Bild in Daten verwandelt hat.

Werde nachher runter in die Stadt, um mit dem Bliestallabyrinth zu beginnen. Das wird eine Rauminstallation für die Galerie Beck als geokoordiniertes Kunstwerk. Das Labyrinth führt bis in die hochauflösende Satelliten-Zone, die etwa zehn Kilometer westlich bei einem Dörfchen namens Kirkel beginnt. Wenn ich also in dieser Zone fotografiere, werden die Bilder map-fähig und man kann sie als kleine rote Sticker via Google-Maps oder Mapquest sehen.

Befinde mich in einer angespannten Phase – zwischen Kunst und der Suche nach einem Brotjob. Im Dezember lauert eine Deadline, die sich dadurch manifestiert, dass der Geldpegel auf dem Konto unter Null sinken wird. Das engt. Und lässt mir derzeit nur zwei Alternativen: Job finden oder Kunst verkaufen.

Dann wird mir plötzlich klar: wenn es diese Kunstprojekte und Ideen nicht gäbe, wäre ich gar arm dran. Dann bräche ein mächtiger Zweig meines Lebens zusammen. Dann müsste ich Trinker werden oder mir die Kugel geben. Denn das ist es was mich antreibt: Die leuchtende Kraft der Energie, etwas wahr zu machen. Ich bin ein Landnehmer, ein Forscher, ein Abenteurer mit einer gehörigen Lust am Unbekanntnen. Es ist ein großes Gefühl, das, wovon man  noch vor kurzer Zeit nicht glauben konnte, dass es existiert, plötzlich leibhaftig zu erleben.

Zurück zu den Alternativen: Kunst vs. anständige Arbeit. Ich ziehe in Erwägung, dass ich in einer Art Buridans-Dilemma stecke.

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