Das iDogma Postkarten-Projekt #AnsKap

Galerie aller 169 Postkartenmotive, die vom 15. Juni bis 10. September unter dem Label versendet wurden.

Man entschuldige die lange Ladezeit für die Galerien.

Nachhall

Heute erschien in der Rheinpfalz in Zweibrücken ein Artikel über den Tourabschluss Irgendlinks. [hier → klicken]

In der rechten Seitenleiste sind alle uns bekannten Erwähnungen in Blogs und Medien gelistet. Sollten wir jemanden oder etwas vergessen haben, sagt es uns bitte.

In der linken Seitenleiste sind alle, die mit Geld oder besonderen Diensten das Kunstprojekt gefördert haben, gelistet. Sollten wir jemanden aufzuführen vergessen haben, sagt es uns bitte ebenfalls.

Ohne euch wäre vieles nicht möglich gewesen, nicht so. Darum allen hier nochmals ein herzliches Dankeschön fürs Mitreisen, Ermutigen, Kommentieren und Unterstützen!

Homebase Sofasophia & Artist in Motion Irgendlink

Im Reich der wilden Dienstnummern #AnsKap

‚Siebenundzwanzig Stunden‘ klingt es von irgendwo im Fahrradabteil. Alles kommt nur gedämpft durch. Es ist spät. Es ist dunkel. Die Nacht ist richtig schwarz. So schwarz, wie ich sie seit Wochen nicht gesehen habe. Neonlichter des Bahnwagens flimmern. Man hört den Dieselmotor und ein paar seltsame ‚als-sei-etwas-kaputte‘ rhythmische Geräusche. Alles sehr gedämpft wohlgemerkt.Ich bin nicht mehr aufnahmefähig nach ein paartausend Kilometern Flug, einer Ewigkeit langen Wartepause im Transit des Osloer Flughafens Gardermoen und der nun schon zweistündigen Zugfahrt seit Frankfurt. 

Blick aus dem Fenster des Wartebereichs im Flughafen Oslo Gardermoen. eine Passagierflugzeug  hält am Terminal 40
Blick aus dem Fenster des Wartebereichs im Flughafen Oslo Gardermoen. eine Passagierflugzeug hält am Terminal 40
 
Die Stimme mit den ’siebenundzwanzig Stunden‘ gehört einer Frau mitte dreißig. Wie einsgeworden mit dem Abteil kauert sie auf einem Klappsitz und ihr achtjähriger Sohn spielt Affe an den Haltegriffen. Vorhin hat er erschöpft auf drei runtergeklappten Sitzen gelegen bis der Bahnwagen bei Neubrücke an der Nahe hart abgebremst wurde und er herunterpurzelte und sich schlagartig in dieses wie von Duracell getriebene Äffchen verwandelte.

Der Zug ist voll von erschöpften Reisenden, die aus den Weiten der Welt, teils um den halben Globus geflogen sind, die in Frankfurt landeten und die nun mit diesem vorletzten Zug ins Saarland unterwegs sind. Vorne im Abteil sitzt eine indische Familie, drei Kinder, Vater, Mutter. Er hockt zwischen fünf riesigen Koffern und passt auf, dass sie nicht durchs Abteil kullern. Immer wieder sackt sein Kopf runter. Sekundenschlaf, hochschrecken, so gucken, als sei er immer wach gewesen.

In der Mitte des Zugs haben sich fünf Jungs in T-Shirts und Bermudas breit gemacht, das Kainsmal des Ballermanns noch auf der Stirn, durchzecht aber stumm und gewiss um Jahre gealtert auf ihrem Kurztrip.

Eine Schaffenerin versucht Ordnung ins Chaos zu bringen. Die vielen Koffer versperren Türen und Fluchtwege und sie legt sich mit einem kräftigen Brummbär an, dem irgendwas nicht passt. Ein düsterer Typ mit Halbglatze und einem Vollbart und er will unbedingt ihre Dienstnummer haben, bitteschön, drückt sie ihm eine Visitenkarte in die Hand. Anscheinend ist man auf solche Typen bestens vorbereitet. Die Frau ist wirklich freundlich. Sie deeskaliert, wo es nur geht, aber der Typ lässt und lässt nicht locker – ich will nicht ihren Namen, ihre Dienstnummer brauche ich! – Was muss sie den armen Kerl in seiner Ehre gekränkt haben, dass er so rumnörgelt. Also hält sie ihm die Visitenkarte vor die Nase und zeigt auf eine Nummer über dem Namen, hier, das ist die Dienstnummer und um es zu bestätigen, deutet sie noch auf das Namensschild auf ihrer Sicherheitsweste, hier steht sie auch und endlich gibt der Kerl Ruhe. In Bad Kreuznach ist er ausgestiegen, jede Wette, dass er gleich nach Hause geht, den Computer ankurbelt und eine Email an den Chef – ja von was eigentlich? – von dem Allem schreibt, aber sowas von Beschwerde. Und Facebook!

Während ich zwischen Klo und Fahrrad und indischen Koffern eingekeilt sitze, bis auch ich den Weg freimachen muss, das Radel nach Hinten bringen muss ins echte Fahrradabteil.

Jetzt wäre es eigentlich an mir, mich in meiner Ehre oder wie auch immer gekränkt zu fühlen. Aber ich spüre nichts. Hätte ich vor der Reise … hmm? Ich wäre wahrscheinlich angespannter gewesen. Nun bin ich in einem geradezu buddhistochristlichmilden Zustand, der die Dinge und Begebenheiten wie eine im Scherenschnitt erstellte Schattenarmee vorbeimarschieren lässt: Du bist im falschen Abteil, na und, was kann geschehen, sie schmeißen dich raus mehr oder weniger galant, dann gehst du raus um der Ordnung willen und falls gar nichts mehr geht in diesem chaotischen überfrachteten Zug, dann gehst du ganz raus, rüber in die Nacht und baust dein Zelt auf irgendwo auf einer herbsttrockenen Wiese. So wo ist das Problem?

Wenn ich bloß wüsste, was dem vollbärtigen Brummbär passiert ist, dass er sich so benehmen musste.

Ach, Deutschland, wieso knallen immer gleich die Welten aufeinander, wo ist deine Gelassenheit, ich weiß, dass du mal ein ziemlich gelassenes Land warst, meine ich mich jedenfalls zu erinnern. Was für ein seltsamer Kleinkrieg brodelt hier, dass man sich wegen allem und jedem in die Wolle kriegt, fast, als wolle man sich in die Wolle kriegen und man nimmt deshalb jede Kleinigkeit zum Anlass.

Sechs Grad zeigte das Thermometer heute Morgen auf dem Flughafen Alta. Es kam mir gar nicht so kalt vor. Das Zelt musste ich nass einpacken. Sag zum Abschied leise Nieselregen. Fahrrad und Gepäck aufgeben, nassgeschwitzt vor Hektik. Dann einchecken und in zwei Hüpfern ging es über Tromsø nach Oslo, wobei die Landung in Oslo im zehnminütigen Sinkflug bei dichtem Nebel recht ungemütlich war.

Ein Tag zum nicht den Flughafen verlassen. Dauerregen. Sicher hätte ich in den sechs Stunden Wartezeit einen Trip durch Oslo machen können, aber bei dem Sauwetter?

Der Transitbereich des Flughafens Gardermoen ist eine einzige Einkaufspassage mit angeschlossenem Dutyfree-Shop. Da ich kein Geld mehr hatte, blieb mir dieser Zeitvertreib erspart und ich lümmelte auf den Ledersesseln in diversen Wartebereichen, die in regelmäßigen Abständen in der länglichen Halle stehen.

Schrieb Blog. Unter den Sesseln gibt es sogar Steckdosen. Heile Welt des Transits. Durch die Glasfront kann man das Flughafentreiben beobachten. Das Ein- und Ausladen der Flugzeuge auf kleine Gepäckwagen, die von Elektrofahrzeugen gezogen werden. Die Ladeleute sind ruppig, werfen die Koffer in hohem Bogen auf die Wagen, so dass die auf der anderen Seite auf den Boden knallen. Im Regen scheinen sie ohnehin nicht gut gelaunt. Bauarbeiten allüberall. Auf einem fünfzig Meter langen und zehn Meter hohen Tunneldach schuftet ein Bautrupp. Angeleint in leuchtend gelben Schutzkleidern. Bagger, Betonmischer und Baumaschinen fahren zwischen den Andockstellen für die Flugzeuge. Auch im Innenbereich wird gearbeitet. Dazwischen strömt der Menschenumschlag aus aller Welt.

Der Anschlussflug ist verspätet. In einem winzigen Flieger werden wir zu hundertachtzigt oder noch mehr regelrecht eingedost.

Ich sitze neben einem badischen Paar, Bernhard und Heidi (hallo Ihr Beiden, falls Ihr das lest), die auf den Hurtigruten waren und wir verquatschen den gesamten Flug, sehr sympathisch und sie stopften mich voll mit Keksen und Bonbons wie im Paradies. So dass unsere umtriebigen Hirne ganz vergaßen, dass wir in ‚höchster Lebensgefahr‘ in einem Flieger sitzen. Selbst die Luftlöcher ab und zu konnten uns aus diesem Vergessen nicht hervorlocken.

Perfekt.

In Frankfurt Spießrutenlauf zwischen Gepäckband und Sperrgutausgabe bis ich endlich alles habe, obendrein noch eine Schadensmeldung, denn die ruppigen norwegischen Packer werfen offenbar nicht nur Koffer durch die Luft, sondern auch Fahrräder. Zwei neue Schutzbleche bringt mir der Flug ein. Darüber bin ich nicht unglücklich.

‚Siebenundzwanzig Stunden‘. Wie aus dem Nebel gesprochen kommen die Worte, ach ja, da war doch noch jemand im Abteil und ich stehe schon an der Tür, wir rollen nach Neunkirchen ein und ich hätte beinahe vergessen, Tschüss zu sagen, so müde bin ich. Die Frau kann kaum die Augen aufhalten. Ihr Sohn hangelt an den Haltestangen und noch ehe mein Hirn eine passende Antwort hat oder die vernünftige Gegenfrage – wo kommen Sie denn her – sagt der Mund schon Tschüss und die linke Hand drückt den Öffnungsknopf und irgendeine geheimnisvolle Kraft macht den Körper das Radel hinausschieben auf den Bahnsteig, herrjeh, zu gerne wüsste ich, woher diese Frau und das Kind kamen und wohin sie wollten, aber da hat mich längst der merkwürdigste Bahnhof des Saarlands verschluckt.

Im Blog #AnsKap

Dunkler Bildschirm. Weiße Schrift. Kryptische Textbausteine mit vielen Sonderzeichen. Im Prinzip ist es eine Einmalarbeit, einen Webserver aufzusetzen. Wenn er einmal läuft und Internetseiten ausliefert, ist es wie wenn man eine Wohnung in einem schwäbischen Dorf besitzt. Regelmäßige Wartungsarbeiten, digitale Kehrwoche sozusagen, da kommt kein Serveradministrator (Besitzer einer schwäbischen Wohnung im Internet) dran vorbei.
Die Wohnung kann im Falle Webserver irgendwo auf der Welt sein. Meist in einem gut klimatisierten schwäbischen digitalen Dorf mit Blitzschutz, Überspannungsschutz, Katastrophenabsicherung und Notstromaggregat.

Der Irgendlink-Server, also das Haus des Irgendlinkblogs steht irgendwo im Saarland. Und seine Bewohner, ein Duzend Webseiten haben zwei Administratoren, die die Kehrwoche penibelst einhalten und gut schauen, dass es mit den weltweiten Nachbarn läuft.

Wir sind eine Art digitale schwäbische Studenten-WG sozusagen.

Das Irgendlinkblog ist eine Ansammlung von miteinander verknüpften Programmdateien, die die Beiträge, Daten, Kommentare und Titel in auf Monitoren anzeigbare Webseiten verwandeln.

Alles was ich, der reisende Schreibende und Fotograf zu dem Server schicke wird zunächst in einer Datenbank sortiert. In die eine Tabelle kommt dieser Blogtext, der Titel in die andere, mein Autorennamen wieder in eine andere, Eure Kommentare kommen auch in eine eigene Tabelle, die Zeitstempel werden extra tabellisiert und die Grafiken, Bildtitel, einfach alles kommt in die Datenbank. Wenn jemand einen Blogeintrag sehen will, arbeiten die Programme und setzen alles zu einer schön gestalteten Seite zusammen.

In der Schweiz sitzt der eine Serveradmin, Cousin J., der die letzten Monate fleißig die Kehrwoche für mich erledigt hat.

Ein großes Dankeee mit drei E., lieber Cousin.

Etwas sichtbarer sind weitere Mitglieder der kleinen irgendlinkschen Web-WG fleißig im Hintergrund am Werkeln.

Frau SoSo lieferte in den letzten achtzig Tagen jeden Abend Hintergrundinfos für die Reise ans Kap. In Momenten, wenn keine Internetverbindung möglich war, klaubte sie die Tweets des Tages und die SMS zusammen und gab Euch so einen Einblick in den ins Offline geratenenen ‚Artist in Motion‘. 

Der letzte Zeltplatz in einem Kiefernwäldchen beim Flughafen
Der letzte Zeltplatz in einem Kiefernwäldchen beim Flughafen Alta

 Ein dreifach schallendes Dankeee mit drei E an meine Liebste.

Der Vierte im Bunde der kleinen WG ist Der Emil, der als Redakteur die Beiträge sichtet und allabendlich vom Server archiviert, so dass mittlerweile ein umfangreiches Offline-Dokument entstanden ist, das als Basis für ein eBook dient.

Ein hochjauchzendesDankeee vielmals mit drei E, lieber Emil.

Und dann seid da noch Ihr, liebe Lesende, Twitternde, Rebloggende, Kommentierende, Anfeuernde. Ihr seid sozusagen die Gäste unserer kleinen Wohngemeinschaft.

Ein reich gedeckter Tisch voll Dankeee mit drei E für Euch.

Nun sitze ich im Flughafen Oslo und lasse mir die Ansagen aus den Lautsprechern um die Ohren ballern.

Es ist nicht einfach, hier zu schreiben. Zu viel Ablenkung.

Aber es war mir ein Bedürfnis, über diese tolle kleine WG zu schreiben. Wenn ich nur an die vielen schönen Abende denke, in denen wir uns gemeinsam in meinem Zelt bei einer Dose schwedischen Leichtbiers erfreuten …

Tage 79 & 80 | Finale

Liebe Leserinnen und Leser
Liebe Freundinnen und Freunde
Liebe Mitreisende nah und fern

Danke für diese achzig Tage Reisezeit, die ihr mit Irgendlink mitgereist seid und mit mir mitgefiebert habt.

Einen heutigen Streckenlink kann ich nicht liefern, weil Irgendlink noch am Flughafen ist, im freien WLAN, und draußen, wo er sich nachher sein Zelt aufbaut, kein Netz hat. Wir wissen also nicht, wo er nächtigen wird, aber wir wissen, dass er das gut kann. Im Zelt und so.

Morgen früh wird er den Flieger besteigen  – 80. Tage hat er für seine Reise gebraucht wie Phileas Fogg – und am Abend Deutschland erreichen.

Ein letztes Mal bei dieser Reise serviere ich euch hiermit die Tagestweets, um danach das Blogsteuer wieder ganz und gar in Irgendlinks Hand zurückzulegen.

Gute Reise euch allen!