Saint Victor

Unerwartet entspannt am Heilig Abend morgens die Schweiz durchquert, vorbei an Bern, Yverdon, Lausanne und durch das unheimliche Genf, in dem einst Gehörtgesagtes Schwarze Löcher suggeriert wegen des unterirdischen Teilchenbeschleunigers und Smoke on the Water seit Jahrzehnten herübertreibt vom anderen Seeende und sich Alpen und Jura zu einem Trichter verjüngen, der uns jenseits des Rhône-Durchbruchs ausspuckt Richtung Süden. Derweil die schneebedeckte Alpenkulisse, angereichert von französisch pompösen Gewerbegebieten und gezuckert mit temporärem Starkwind, der unser kleines Auto mitunter meterweit versetzt – rotweiße Windsäcke vor jeder Brücke und die Displays prangen metergroß über der Fahrbahn, Achtung Vent fort und: die Menschen mit den gelben Warnwesten sorgen für votre securité. In der Tat wuseln alle paar Kilometer kleine Straßenarbeitertrupps und beseitigen vom Orkan gebrochene Bäume oder reinigen die Rastplätze. Gegen halb sieben erreichen wir unser Domizil in Saint Victor, eine künstlerbudengroße Gîte.
Ein erster Spaziergang durchs uralte Dorf lässt im Dusterlicht nur das Beste vermuten: Fremde! Stille und dieser kleine Funken Exotik, der einen schon wenige hundert Kilometer von zu Hause stets anspringt.
SoSo schlägt den direkten Weg zum Castell ein, das mit einem schneeweißen Strahler, der unten im Dorf angeschlossen ist, taghell geradezu nachtfaltresque einen verleitet, hinauf zu kraxeln. Aber ich mahne, wir sollten uns diese Sehenswürdigkeit noch aufheben für die schlimme Zeit der Feriendepression und der Sinnfrage, die sich irgendwann nach ein paar Tagen vor Ort vielleicht einstellt und SoSo fragt, du meinst wie mit den Essen, das Gute zum Schluss? Ja, sag ich. Aber wenn man fettgefressen ist vom Wenigerguten, dann tut das Gute zum Schluss doch auch weh?
Allein die Dunkelheit hält uns ab, schon abends zum Schloss hoch. Am nächsten Tag bietet sich dem geneigten Château-Erklimmer schließlich folgendes Bild:

Panorama Saint Victor Blick ins Rhônetal

Schon wieder ein Jakobsweg – live bloggend auf dem Camino Frances

Buchcover Schon wieder ein Jakobsweg
Buchcover Schon wieder ein Jakobsweg

Schon wieder ein Jakobsweg – auf dem Smartphone geschrieben, live vom Camino Frances gebloggt und drei Jahre nach dem Bericht hier in diesem Blog endlich gedruckt, lektoriert und mit unveröffentlichtem Material ergänzt. http://www.epubli.de/shop/buch/33380 (ISBN 9783844278675 Softcover, 104 Seiten – 9,95 €)

Die Ebook-Version im Format epub gibt es bei Neobooks für 5,99 €.

Nun überlege ich – ganz Konzeptkünstler – ein Buch mit dem Titel „Phantom“ zu veröffentlichen, das monatlich einen anderen Inhalt erhält. Das bedeutet, wer es im Monat X kauft, erhält ein völlig anderes Buch, als derjenige, der es im Monat Y kauft. Cover und ISBN bleiben natürlich gleich. So wie ich das schwer zu reitende Pferd namens Epubli begreife (der Veröffentlichungsprozess war komplex), kann man nachträglich Cover und Inhalt der eingestellten Bücher ändern. Okay, das macht eigentlich keinen Sinn. Aber als Idee wollte ich es mal in den hiesigen Zettelkasten gerettet haben. Vielleicht könnte ich das Konzeptliterarische Meisterstück auch schlicht „Die Katze im Sack der Literatur“ nennen?

Also keine Sorge. Schon wieder ein Jakobsweg bleibt wie es ist. Ein gut lektoriertes Buch über den Camino Frances des Jahres 2010. Womöglich ist es sogar das erste auf einem Smartphone geschriebene Buch in deutscher Sprache?

Zu – und andere Missverständnisse

SoSo sagt, Zu ist ein schlimmes Wort, und nennt einige Beispiele: zu wenig, zu schnell, zu viel, unzulänglich.
Stimmt, pflichte ich bei, besonders für eine Katze.
Später spazieren wir zum örtlichen Lebensmittelladen. Am schwarzen Brett hängt ein Inserat eines Holzhändlers, das ich ohne Brille nicht lesen kann. Brennholz im Bigbag, murmelt SoSo undeutlich. Was? Brennholz im Dickdarm?
Wir zeichnen den Spaziergang per GPS auf und schnappschießen unterwegs aus der Hüfte. Die Mode-App Hipstamatic dient dabei als spielerischer fotografischer Zufallsgenerator. Per Schüttelfunktion werden die Fotofilter gewechselt und man erhält die bizarrsten Fotoergebnisse (das Prinzip hatte ich schon auf der Kunststraße Boulogne-Zweibrücken im letzten Jahr angewendet – der Zufall als Synonym für die Ungewissheit der Zukunft). Hier zusammengefasst als Urban Artwalk Windisch #12/2013.
Hier berichtet Co-Künstlerin SoSo über den Artwalk und zeigt ihre Sicht ganz in schwarz-weiß.

Supplement: Heiko Moorlanders My Teeth Made A Lot Of Trouble In My Youth, welches in Zeile 5 Spalte 4 in die Bildtafel integriert ist

Urban Artwalk Windisch Dezember 2013

Mo Far Away

Lass uns raus gehn. Nur auf nen Sprung. Die Pakete, die der Alltag produzierte zur Post bringen. Und ein Bild finden. Ein gutes Bild, das man mit dem Handy blitzdingsen kann und „verappen“, so lange auf dem Winzcomputer mit den Pixeln herumexperimentieren, bis es sjön ist.
Ein Mofa macht uns singen ein Lied – von wem? – Mo far away, mo far away, I’m mo far away … ouh shallala.

Neun Mofas Collage