Dauer, Kalender und UmsLänder

Ich füge den Schlagworten dieses Blogs „UmsLandSachsen“ hinzu. Neben den vielen unerledigten und halbfertigen UmsLand-Projekten liegt mir Sachsen besonders am Herz, wobei ich keine Ahnung habe, was da auf mich zukommt. Nuja, ein bisschen schon: Die ersten etwa 200 Radelkilometer ab der Bayerischen Grenze listen etwa 5500 Höhenmeter. So viel wie das gesamte Saarland auf seiner Runde. Dann jedoch folgt ein Stück von etwa 550 Kilometern Flachland im Osten und im Norden Sachsens und zum Abschluss gehts mit moderaten Höhenmetern noch einmal etwa 400 Kilometer weit zu meinem als Start- und Endpunkt ausbaldowerten Bahnhof in Gutenfürst. Ich weiß nicht, ob dort Züge halten. Ich weiß ohnehin so gut wie nichts über das östlichste Bundesland. Nichts plus X: Erzgebirge, Leipzig, Dresden, Oder, Landmarken zumeist und einige Dinge, die mir Künsterfreund DerEmil im Talk mitgeben konnte. Also schon einiges …

Es bleibt erst einmal eine Skizze, wie ich auch die beiden Bundesländer Hessen und Baden-Württemberg auf meiner Liste der zu umradelnden Bundesländer habe (und auch schon uMaps dafür angelegt habe).

Hier die uMap UmsLandSachsen. Wann das Projekt stattfindet ist offen.

Projekte skizzieren ist immer gut. Es ist der Anfang. Das Bereitstellen von Möglichkeiten.

Nach dem letzten Blogbeitrag, in dem mir dämmerte, dass ich mich so gut wie nie um meinen Beruf kümmere, Kunst und Schreiben, habe ich mich ein bisschen am Riemen gerissen und wieder Zeit investiert. Dabei ist der Moorlander-Kalender 2026 entstanden und eben dieses Tuning zukünftiger UmsLand-Reiseprojekte. Wie sehr ich „raus“ bin aus meinem Beruf, wurde mir klar, als ich feststellen musste, wie mir die Software praktisch unter dem Hintern weg geupdatet wurde. Gimp, Inkscape und Scribus: glatt vergessen wie ich die für den Kalenderbau notwendigen Programme bedienen muss. Die uMap und OverpassTurbo sind nötig, um Landkarten zu skizzieren; auch da hat sich viel getan …

Nebenbei kam mir das Thema Dauer in den Sinn, als ich einen Getränkedosenrückgabeautomaten mit Getränkedosen fütterte und darüber wäre auch noch ein Artikel zu schreiben, also über Dauer, nicht über Getränkedosenrückgabeautomaten.

PDF Download Moorlander-Kalender 2026

Von Punkern, Ravern und deserten Warriorn – die seltsamen Begebenheiten auf dem Hauptbahnhof Karlsruhe

Draufgestupst durch eine Kurznachricht in Mastodon, erfahre ich, dass Torsun Burkhardt gestorben ist. Gerade mal 49 Jahre alt. Krebs. Zack. Weg. Ein Link in der Kurznachricht erzählt von dem antifaschistischen Musiker, dessen Wurzeln im Punk liegen und der mit seiner Band Egotronics ab den 2000er Jahren zum Raver mutierte. Warum hab ich von denen nie was gehört?

Es lehrt mich wieder einmal, dass die Welt eben viel viel größer ist als man sich das im kleinen, feinen Menschenhirn jemals ausmalen könnte … wie sagte ich einmal: Das Unbekannte ist um ein Undendliches größer als das, was wir kennen und was wir jemals lernen, erfahren und wahrnehmen.

Die gestrige Rückfahrt aus den Ferien war geprägt von Torsun. Ab der Grenze, schon kurz nach Basel, wieder im heimischen Netz, nutze ich die massenhafte Datenflatrate, die mir der Mobilfunkanbieter zu Weihnachten geschenkt hatte und die bis zum 3. Januar um 23:59 verbraucht werden könnte. Dudele Torsuns Lied, das er mit seiner neuen Band, den Stereotronics im Frühjahr 2023 aufgenommen hatte. D.A.R.E heißt es. Es erzählt von einem Todkranken, der nicht schlafen kann, noch wirklich aufwachen, dauernd müde, Tabletten allüberall und es ist ein so wunderbar verspieltes schönes Lied – ich weiß, mein persönlicher Geschmack – so dass ich es praktisch in Dauerschleife höre. Derweil der Zug dahin rattert.

Wenn ich die Dauerschleife unterbreche, schaue ich auf Youtube „meine“ Hashtags durch, Survivalvideos in Abwechslung mit Lehrvideos der bayerischen Forstbehörde, in denen Baumfälltechniken gezeigt werden. Eine ganze Weile bleibe ich beim Hashtag hängen, den der Survivalshow-Youtuber Otto Bulletproof ins Leben rief. Darunter gibts Bewerbungsvideos zu sehen von Menschen, die am kommenden Projekt im Frühling 24 in Namibia teilnehmen wollen. Drei Wildcards gibt es zu gewinnen. Wenn man gerne mit dabei wäre, kann man ein Fünfminutenvideo mit dem Hashtag hochladen und sich bewerben. Ist wie Lottospielen ein bisschen. Zu „gewinnen“ gibt es ein zwölftägiges Abenteuer, bei dem man als Mitglied eines von einer Hand voll Dreierteams eine Art Wüstenwettlauf macht. Die Sache ist zwar ein bisschen militärisch angehaucht, aber der Macher, Otto, gibt sich auf Youtube als sympathischer Kerl. Schon liebäugele ich mit einem Bewerbungsvideo. Als ich in Karlsruhe aus dem Zug steige, das Handy noch immer in der Hand, denke ich kannst ja mal bissel filmen. Ich muss ohnehin üben, wenn ich mit meinen Ende 2023 begonnenen Videoexperimenten weiter machen will. Mein Kanal füllt sich langsam. Nach dem schon hochgeladenen Elsässer-Weinstraßen-Video habe ich in den Ferien in Fitou ein paar Experimente mit den sogenannten Shorts (Hochkantvideos bis zu einer Minute lang) gemacht.

Lange Rede, ich hab wie gesagt das Handy wie so ein Shortsfilmer in der Hand, tappe auf dem Bahnhof umher und finde Gleis 101, wo mein Anschlusszug nach Neustadt fahren soll, völlig verwaist vor. Die Anzeige zeigt einen Zug an, der in anderthalb Stunden nach Schwäbisch-wo-auch-immer fährt, überall hin, nur nicht in meine Richtung. Stürmisch. Fehlen die rollenden Büsche, die zirpenden Grillen.

Ich durchforste die App nach Alternativen. Sieh an, auf dem Gleis gegenüber kann ich in ein paar Minuten einen Zug über Schifferstadt nach Kaiserslautern nehmen, bin damit nur eine knappe dreiviertel Stunde später daheim. Schleppe meinen Rucksack also rüber nach Gleis 102. Hinterm Gleis ist ein Metallzaun, an den ich mich anlehne, feststelle, das Ding wippt schön, wenn ich mich mit dem schweren Rucksack dranplumpsen lasse, also wippe ich eine Weile und weil ich das Hochkanthandy noch immer in der Hand halte, schalte ich den Selfiemodus ein und plaudere: Über das Wippen, den ausgefallenen Zug, die Verspätung und was ich so getrieben habe während der Fahrt auf der Rheinstrecke. Komme schließlich  auf den DesertWarrior zu sprechen. Sind schon sehr viele Bewerbungsvideos im Netz. Teils wunderbar kreatives Zeug. Manche machohaft martialisch, andere lustig, wieder andere herzlich dilletantisch, naja, ähnlich dilettantisch wie ich gerade aufs Handy plaudere. Aber ich mache das ja nur zum Spaß und um ein bisschen zu üben für die Zukunft.

Plötzlich dämmerts mir, dass Bewerbungsvideos zu Survivalshows oder irgendwelchen anderen Youtubeformaten eigentlich ein eigenes Genre darstellen. Dessen ist man sich nur nicht bewusst, wenn man sich bewirbt. Scheuklappenbewehrt fokussiert man ja nur streng aufs Ziel hin und nimmt gar nicht wahr, dass man Teil eines gigantischen Pools von Ähnlichen unter Ähnlichen ist. DU BIST MITTEN IN EINEM BEWERBUNGSVIDEO, wird mir plötzlich klar. Noch habe ich kein Wort darüber verloren, oder gar einen Ansatz gemacht, etwas über mich zu erzählen. Schnitt.

Die Entscheidung, dass aus meiner lapidaren Pauderei auf Gleis 102 im Hauptbahnhof Karlsruhe ein Bewerbungsvideo für den DesertWarrior wird, fällt um 16:01. Gegen den Wind filmend, die Stimme völlig verrauscht, plaudere ich Eckdaten, etwa eine Minute lang. Schnitt.

Ich füge noch etwas hinzu, runde die Sache ab. Schnitt.

Mittlerweile bin ich in Schifferstadt, steige um, baue auch dort ein dahingeschnuddeltes Videoschnipsel ein und bin sodann zufrieden.

Abends daheim beschließe ich, am folgenden Tag, heute, das Material zu sichten, es zusammenzufügen und das Video fertig zu stellen. Ich muss es ja nicht veröffentlichen, mache es ja nur zur Übung … ha, denkste. Das ist das Problem mit der Kunst. Es kitzelt so schön, wenn man eine Grenze überschreitet. Treibt den Puls hoch, schüttet Adrenalin aus. Und zu guter Letzt die Rechtfertigung, du musst das tun, egal wie gut, wie schlecht es ist, die Dinge, die man sich ausgedacht hat müssen aus dem Kopf, müssen vom Tisch und das geht nur, wenn man sich ihrer in Form von Veröffentlichung entledigt.

Verbringe den Tag damit das Video zu schneiden und habe es nun hochgeladen. Noch ist es nur ungelistet und es wird somit auch nicht in die Bewerbungskolonne eingereiht. Es juckt mich in den Fingern, es öffentlich zu stellen, nur um zu schauen, was passiert.

Naja, ratet mal, was passieren wird.

Nachtrag zum Clip. Er ist nach meinem selbst erfundenen Dogma 23 gedreht. Out of the box. Der Künstler in seiner Zeit mit mit den Mitteln seiner Zeit und den Mitteln, die er gerade zur Verfügung hat. Im finalen Schnitt fehlen nur etwa 30 Sekunden des ursprünglichen Materials. Selbiges Dogma 23 gilt für den Elsässer-Weinstraße-Film. Dort habe ich vom originalen Rohmaterial etwa zehn Minuten weggelassen. Das Dogma 23 besagt etwa folgendes: Filme so, wie es final geschnitten aussehen sollte.