Prisen in der Datensuppe

Wieder einmal sitze ich vor der Facebook Anmeldeseite. Drei kleine Angaben und ich könnte dazu gehören. Zur wohl weltgrößten sozialen Gemeinschaft.Vielleicht trainiere ich für einen stillen Rekord: will derjenige werden, der am aller-aller-öftesten die Startseite aufgerufen hat, darüber sinniert hat, sich anzumelden und dann weiter geklickt hat?

Durch serendipitische Irrwege ein paar Webseiten zuvor folgenden Artikel entdeckt über die mögliche Zukunft des Internet. Ein Schriftstück von 2006. Das erinnert mich an eine frühe Diskussion mit Konzeptkünstler R., in der wir fabulierten, ob in nicht allzu ferner Zukunft sämtliche Streitereien um Marken, Urheberschaften und überhaupt allem Individuellen über Bord geworfen werden. Datenbanken übernehmen die Herrschaft über die zwischenmenschliche Information. Eine Art Datensuppe entsteht, ein Produkt aus tausenden von Bestandteilen und Gewürzen, an dem jeder nach Herzenslust sich laben darf und seinen eigenen Mix zusammenstellen kann. Originale werden zerkleinert und neu zusammen gesetzt. Der Urheber/ die Urheberin von Produkten, Ideen, Worten usw. tritt in den Hintergrund, verblasst – es wird in naher Zukunft kaum noch möglich sein, herauszufinden, wer wann was hervorgebracht hat in dieser Welt – mehr noch: es wird egal sein.

Beim Tomatengießen fällt es mir wie Schuppen von den Augen: der Tomate ist es egal, wer sie gießt. Sie will nur Wasser und ein bisschen Dünger. Das ist alles. Und genau so verhält es sich eigentlich mit Ideen. Ideen wären umso fruchtbarer, wenn man sie freigeben würde zur Weiterentwicklung, anstatt sie geheim zu halten, aus Angst, jemand anderes könnte mit DER zündenden Idee das Millionenvermögen verdienen, das man eigentlich gerne selbst damit verdienen würde.

Das Gespräch damals mit R. vor vielen Jahren, führte tief in die dunklen Irrgänge des Kapitals. Wir kamen zu dem Schluss, dass es unmöglich ist, sich aus dem allgemeinen Trend auszukoppeln und zu versuchen eine andere Welt zu leben. Wirtschaftlicher Selbstmord. Ziemlich deprimierend. Klar, dass unsere Namen irgendwann verloren sein würden. Die Dinge, an denen wir schaffen, würden dennoch existieren.