Fehler vierundzwanzig – Irgendlink on Error

Diese Szene vor ein paar Tagen im Metalabor*, nicht dass ich sie nicht schon hundert Mal erlebt hätte, nicht, dass ich nicht wüsste, worum es geht und wie es funktioniert. Diese Szene war symptomatisch. Für das Leben und den ganzen Rest. Dabei habe ich nur die Geschirrspülmaschine ausgeräumt. Das alte Ding zeigte Fehler 15, die Pumpe schaltete sich von Zeit zu Zeit ein, pumpte Luft oder Unpumpbares, schaltete sich wieder aus, ruhte eine Weile, pumpte erneut, bis jemand den Stecker zog, ein anderer bemühte eine Suchmaschine, um sie vielleicht zu reparieren. Doch darum geht es eigentlich gar nicht.

Fremde Küche eines Seminarhauses. An den Schränken sind Aufkleber, was wo hinein gehört. Hier die Tassen, dort die kleinen Teller, da die großen, da die Schublade mit dem Besteck und nun das Problem. Dieser eine Gegenstand, der sich nicht einordnen lässt. Minutenlang irre ich in der Küche umher, suche Wände, Decke, Boden, alle Schränke ab, wo der nichteinordenbare Gegenstand hingehört. Ich hänge fest in einer Schleife des Suchens und Nachdenkens, während die Spülmaschine immer noch halb voller Teller, Tassen und Gläser ist. Der Prozess des Spülmaschineausräumens, der so fluffig laufen könnte, wenn nicht das Problem, die Wand, das Unüberwindliche aufgetaucht wäre, dieser Prozess steht still.

Drüben im Gemeinschaftsraum lungern die Dudes**, plaudern und philosophieren. Der Tisch würde gedeckt werden wollen, denke ich, halte den Gegenstand in der Hand, betrachte ihn. Der passt nirgends hin, aber so lange ich ihn in der Hand halte, kann ich nicht weiter ausräumen. So lange nicht ausgeräumt ist, kann niemand den Tisch decken. Solange der Tisch nicht gedeckt ist, gibt es kein Frühstück.

Fehler 24. Irgendlink on Error. Jemand müsste den Stecker ziehen. Jemand müsste mich resetten. Jemand müsste eine Suchmaschine bemühen, um herauszufinden, was mit mir nicht stimmt.

Die Dudes werden ungeduldig. Sie murren. Sie murmeln. Sie beraten sich. Sie entsenden Q., um Kaffee zu holen.

Q. sieht mich und den Gegenstand. „Das da bitte nicht wegräumen, das gehört mir“.

Reset Irgendlink

Und die Spülmaschine?

Wir spülten mit Hand.


* Das Metalabor ist ein jährliches Treffen verschiedenster Menschen. KünstlerInnen, PhilosophInnen, ganz normale Leute. Wir diskutieren zu einem Thema, zeigen Filme oder machen Präsentationen. Das Thema des Metalabors neun lautete „Der Zeit wieder zur Dauer verhelfen“.

** Die Teilnehmenden des Metalabors sind die Radical Dudes, egal ob männlich, weiblich oder divers. Ihre Gemeinschaft, die Radical Dude Society entstand vor Anbeginn der Zeit.

Mein Beitrag zum Metalabor neun:


http://metalabor.org/

https://www.knotenpunkte.net/

Zwei Filme statt #UmsLand Bawü

Der April ging rasant. Fing gut an. In der Schönwetterphase nach Ostern gabs ein Twittertreffen (wie ein paar Jahre zuvor) – ein Glücksfall vom Wetter her, denn alle zelteten im Garten oder schliefen im Atelier. Mit dabei Kai, Frau Rebis, Lakritze, Der Emil, Familie Ostseenudel aka Famile XVI-Beine, Frau SoSo, La Bervingas, Kazi, ein sehr nährendes Fest mit viel Lagerfeuer und tollen Gesprächen und leckerem Essen.

Danach hätte eine Woche Ferien mit Frau SoSo folgen sollen. Geplant war Radfahren und Wandern im Pfälzer Wald. Das Wetter brach ein, es wurde kalt und obendrein gabs was mit Gesundheit für mich. Dicker Arm montags abends, ich dachte noch, wo haste dich denn da gestoßen, nix bemerkt und dienstags früh noch dickerer Arm starke Schmerzen, Fieber, verflixt. Der Doc mutmaßte etwas von Insektenstich oder Spinnenbiss, veordnete Antibiotikum und Ri … wie heißt es noch gleich, nicht Ritalin, wie ich galgenhumorte, Rivanol. Gelbes Zeug zum Einpinseln. Nach einem langen fiebrigen Wochenende begann die Sache zu stagnieren, immerhin, trotzdem noch zu einem Chirurgen, ein quirliger Mensch. Der Arzthelfer schaute sich die Wunde an und es entspann sich ein Gespräch über Nosferatuspinnen, die ja im Kommen sind und überhaupt, er habe zu Hause mit Moskitonetzen dicht gemacht, diese Nosferatuspinnen seien so schwer zu fassen, kaum macht man das Licht an, sind sie verschwunden und macht man es wieder aus, machen sie sich über die menschlichen Körper her, die doch nur schlafen wollen. Ich sagte, ich ziehe wohl besser ins Zelt, da schlug er die Hände überm Kopf zusammen, um Himmels Willen, da ist doch noch viel mehr Getier. Er kennt die Künstlerbude nicht. Ein unabdichtbares Ding, in dem eigentlich der Mensch der Fremdkörper ist und Insekten und Spinnen die Herrschenden.

Im Wartezimmer hingen Bilder, richtig gute Kunst dachte ich, bis mir bewusst wurde, dass es Bilder von mir sind. Der verstorbene Praxisvorgänger hatte sie gekauft. Es sind die einzigen, die hängen bleiben durften, sagte der Doc. Dann schnitt er die Wunde auf. Schon skurril, einen Künstler aufschneiden zu dürfen, dessen Bilder die Wände zieren. Der Doc war ganz aus dem Häuschen, denn er hat drei Behandlungszimmer und es sei purer Zufall, dass der Künstler ausgerechnet in dem landete, in dem seine Kunst hängt. Ein Gedankengang ganz nach meinem Geschmack. Ich stellte mir vor, ich wäre in einer Spielshow im Fernsehen, mit drei Türen, hinter einer befindet sich der Hauptgewinn (das Auto), im anderen die Zonks, hässliche, lebensgroße Stoffpuppen. Blut und Keime raus und weiter mit Abwarten und Rivanol. Was wirkte. Langsam bessert sich der Arm. Vorgestern war ich wieder fit genug, um im noch immer winterbrachen Garten zu schuften.

Was bisher nicht geschah: Die Radeltour rund um Baden-Württemberg, mein neues großes Ding in der Reihe , anzugehen. Ich hatte es im Kalender stehen für 22. April bis 12. Mai. Schlicht zu krank dafür.

Die lahme Zeit zuvor nutzte ich, um zwei Videoprojekte zu schneiden.

Ich finde, der Film der Radtour zur Pfälzer Weltachse ist ganz abwechslungsreich geworden.

Wohingegen der achtminütige sture Rundkurs auf dem Zweibrücker Stadtring eher etwas für Menschen ist, die sich auch Kaminfeuer oder Rentierwanderungen anschauen. Oder Bahnstrecken der Welt nur ohne spektakuläre Landschaften, Jungfraujochs und atemberaubende Tunnel und Brücken.