Gruppenfoto der Begnadeten

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Von links hinten nach rechts vorne: begnadeter Traktorkatastrophenmaler QQlka, begnadeter abstrakter Maler A., begnadete Filmemacherin A., begnadete Musikerin S., begnadeter Dilletant I., begnadete Schmuckdesignerin T., begnadetes Allroundtalent B., begnadete Siebdruckspezialistin A., begnadete Fotografin J., von der auch dieses Foto stammt.

Nicht im Bild begnadeter Journalist F.

Atelierfest Rückblick

Die Ergebnisse des Atelierfests, welches für den Mainzer Kunstverein Walpodenstraße unter dem Motto „rausaufsland“ stand, können sich sehen lassen. In erster Linie hat das Event eine ungeahnte Einigkeit gebracht, so dass ich grübele, ob ich in die Landeshauptstadt zurückkehre. Samstags bis spätnachts gemeinsam an Bildern gemalt, wobei sogar absolute Maldilletanten wie ich ihr Schärflein beitrugen. Col ist eine sehr harmonische Kunstrichtung. Weil man sich die erschreckende Größe der Leinwand mit anderen teilt, wird einem die Angst vor der unbemalten weißen Fläche genommen. Ich habe eine Schnecke gemalt, die einem fast genauso großen VW Käfer entgegenkriecht. QQlka hat sich als begnadeter Traktorkatastrophenmaler etabliert. Deshalb saßen wir gestern gemeinsam vor dem PC, um die großen Traktorkatastrophen des 21. Jahrhunderts aus dem Netz zu saugen. Nun liegt auf meiner Festplatte ein Verzeichnis mit Traktorunfällen, die darauf warten, von QQlka in Öl auf Kirschbaumrinde gemalt zu werden. Besonders erschütternd fanden wir ein Ereignis in Österreich, welches 32 Opfer eines Fußballclubs forderte, zum Teil so schwer verletzt, dass sie mit dem Rettungshubschrauber in Spezialkliniken geflogen werden mussten. Da ist der Miniunfall, den mein Vater im heißen Juli verursacht hat wirklich zum Schmunzeln. Man sieht einen umgekippten Anhänger und zwei leerlaufende Wasserfässer. Mein Vater hat die Schande fotografiert und das Bild auf dem Tresen in meinem Freilandwohnzimmer liegen lassen. QQlka malte die Szene. So also ist das Genre der Traktorkatastrophenmalerei entstanden, welches man am Ehesten mit Caspar David Friedrich assoziieren kann.

Zwei tolle, entspannte Atelierfesttage, zu denen ich sage: „jederzeit wieder.“ Der Druck, den Sponsoring und Kultursommerförderung die letzten Jahre brachten, war dieses Mal nicht. Man sieht, auch ohne Geld kann man tolle Kulturfeste organisieren. Vielleicht sogar die besseren. Musik gab es natürlich auch, selbst nachdem die begnadete Musikerin S. an der Gitarre die D-Saite gefetzt hatte, holte Allroundgenie Brandstifter noch das Letzte aus dem Musikinstrument – auch wenn sich das Lied „Ring of Fire“ wieder und wieder wiederholte und Musikdilletanten wie ich mitsangen, hatten wir mächtig Spaß. „Über den Wolken“ durfte nicht fehlen. Mit Citys „Am Fenster“ kläglich gescheitert. Derweil loderte das Feuer, Funken stiepen in die Luft, Wind rauscht in den Pappeln, die Malfraktion war in die Col-Bilder vertieft.

Sie verabschiedeten sich sonntagsabends mit den Worten, „na, dann machen wir uns mal vom Acker.“

SM-Bodypainting featuring Ufos über dem einsamen Gehöft

Der Prolog zum Atelierfest ist gut verlaufen. In Windeseile Bilder an die Wände gehängt. Brandstifter hat 20 Meter Asphaltbibliothek an Wäscheklammern aufgehängt: Fundstücke mit den skurrilsten Botschaften. Besonders imposant ist die Hausmeisterserie, welche Zettel zeigt, die man in den Fluren von Mietshäusern manchmal findet und auf denen die Hausmeister ihren Frust über Missstände im Haus niederschreiben. Aber auch eine pornografische, handgeschriebene Hardcore-Geschichte gibt es zu lesen.

Ganz anders geht es gegenüber der Asphaltbibliothekwäscheleine zu: Silberschmuck, gestrickt aus micrometerdünnem Draht von Tanja Roolfs schwebt über dem Billardtisch. QQlkas Gemälde, Öl auf Kirschbaumrinde, ist so filigran, dass es in einer Vitrine präsentiert wird.

Nachher werden weitere Künstlerinnen und Künstler rausaufsland reisen. Bin gespannt, vor allem auf die Bodypaintaktion, welche mit der Schreibmaschine ausgeführt wird. Eine sadomasochistische Variante dieses uralten Happenings.

Spätabends am Lagerfeuer diskutierten wir, wie praktisch es wäre, wenn man ein Ufo direkt über dem Lagerfeuer schweben hätte. Bekanntlich strahlen Ufos aus dem Zentrum des Schiffes einen satten, grünen Strahl, der die Umgebung erleuchtet. „Außerdem,“ sagte jemand, „könnte man das Ufo mit der Playliste im Computer koppeln und sie könnten die Titel und Interpreten in den Himmel projizieren.“ So dass man nicht immer QQlka – welcher alle Lieder kennt – fragen müsste, „eh du, was issen das was da gerade läuft?“

Aus Angst vor Entführung durch Außerirdische und den unangenehmen proktologischen Untersuchungen, die sie mit einem anstellen, verwarfen wir die Idee.

Sie denken sogar ans Klopapier!

Nun erhalte ich schon erste Nachfragen aus der Geocacher-Szene, was denn los sei, man höre nichts mehr von mir, seit Wochen kein Erdversteck mehr gefunden.

Die Zeit vergeht viel zu schnell.  Das Atelierfest bringt mächtig Schwung in die Baustelle. Der alte Kuhstall hat nun ein Gesicht. Die Glasfront ist weit gediehen. Das Glas steht in der Ecke. Ich scheue mich, die Scheiben einzusetzen. Bei dem guten Wetter der letzten Tage war es nicht nötig. Ich habe Angst vor Glas. Es ist so zerbrechlich, so ungeduldig, verzeiht keinen Fehler. Vor allem das Glasschneiden ist eine heikle Sache.

Würde gerne hinausziehn in die Wälder zum Wandern und Radeln. Würde gerne an den beiden Literaturprojekten weiter schreiben.

Nun in der Frühstückspause knapse ich ein wenig Zeit für den Blogeintrag. Hastig Dahingetipptes. Eine kurze Unterbrechung meiner Putzarbeit.  Nur noch ein paar Striche mit dem Schrubber und das 40 Meter lange Atelier ist poliert. Heut Abend kommen die ersten Mainzer. Ich war gerührt, als mich der erste Vorsitzende des Kunstvereins gestern anrief und sagte: „Wir bringen Klopapier mit.“

Klopapier, mein Gott!. Die ganze letzte Woche denke ich während der Arbeit immer wieder an Klopapier, musst doch Klopapier kaufen, wenn so viele Gäste kommen. Dann das, und noch viel mehr. Ich glaube, sie haben auch Kaffeefilter und Toastbrot und Butter und Käse und Joghurt und Servietten und Sauerrahm gekauft, um die Gastkünstler zu versorgen. Aber vor allem Klopapier.
Anhand dieses Details erkennt man die Qualität der Zusammenarbeit: wer an Klopapier denkt, auf den ist Verlass. Der hat die Kette der Unwägbarkeiten bis zum letzten Glied durchlaufen.