Zahnarzt, im Angesicht der Bombe

Mal wieder so weit: der jährliche Zahnarztbesuch.

Runter in die Stadt voller merkwürdiger Menschen. Teils paralysiert, teils hysterisch tuschelten sie in der Fußgängerzone. Satzfetzen von Evakuierung und: ach, all das Leid.

Brief verschickt.

Dann zur Praxis. In der Wartezeit las ich ein Zitatenbuch. Gutes Zeug dabei. Ich riss einen Infozettel heraus, auf dem stand, „Bitte stiehl das Buch nicht, andere Patienten wollen es auch lesen, hier ist die ISBN, kauf’s Dir.“ Zettel in den Geldbeutel, aufaufauf ins Behandlungszimmer, Zahnstein raus. Ich überlegte, den Arzt bezüglich psychosomatischer Zahnschmerzen zu befragen, hatte jedoch den Mut, an die Existenz psychosomatischer Zahnschmerzen zu glauben und schwieg. Nulleurobillanz.

Raus auf die Straßen. Im Radio meldeten sie, die Stadt wird evakuiert wegen einer Fliegerbombe. Sie sprachen von den INSASSEN eines Altersheims, die allesamt umsiedeln sollten. Da musste ich lachen wegen dem Wort INSASSEN. Wie tief kann ein Radioreporter ins Fettnäpfchen tauchen?

Fliegerbombe war dann abends fällig. Sie haben die Stadt bis hinauf zum einsamen Gehöft abgeriegelt. Kaum möglich nochmal einkaufen zu gehen. 200 Meter entfernt an der Landstraße blinkten die Lichter der Rettungsfahrzeuge und der Polizei.

Da jedoch kein lauter Bumms zu vernehmen war, denke ich, die Bombe wurde entschärft.

INSASSEN zurück in den Sterbebunker. Leben wieder normal. Umsatzeinbußen hier und da. Vielleicht wurde die Entschärfung extra in den Feierabend verlegt, damit die Geschäfte (und Zahnarztpraxen) nicht schließen müssen?

Nun über Drupal brüten. Ich weiß, wenn ich es beherrsche, ist es eine Waffe. Aber Drupal ist eine Kategorie komplizierter als WordPress (die Blogsoftware, mit der dieses Blog läuft). Ein paar Kleinigkeiten verstehe ich noch nicht.

Regen auf mein Dach.

Asche in mein Ofen.

Wenn mir nur eines dieser Zitate wieder einfallen würde, die ich in dem Buch beim Zahnarzt gelesen habe. Die waren klasse.

Ideal zum Bloggen, falls einem mal nichts einfällt.

Apropos: Ich dachte, den Spruch Weltweit und doch zu Hause, unter dem ich vor ein paar Einträgen titelte, gibt es schon. Eine Suchmaschinenrecherche führt jedoch nur in dieses Blog.

Das beweist, dass der Wurm immer nach dem Apfel schmeckt, in dem er lebt. Menschen, die ihre Arbeitskraft Werbeagenturen andienen bringen letzten Endes nur noch Slogans hervor.

Globalisierung der Zeit

Wenn A einen Euro pro Stunde verdient und B zwei, dann ist die Lebenszeit von A halb so viel wert wie die von B. B lebt in einem Kreis, in dem die Lebenshaltungskosten doppelt so hoch sind, wie die Lebenshaltungskosten von A. Die Beiden wären quitt. Es soll Lebenskreise geben, in denen die Lebenshaltungskosten doppelt so hoch sind wie in anderen.

Problem: Kreise schneiden sich.

Wo Kreise sich schneiden, entstehen Schnittmengen.

Grauzonen des Profits.

Der Geschäftsmann weiß: schneide den Kreis desjenigen mit den niedrigen Lebenshaltungskosten mit dem Kreis desjenigen mit den hohen Lebenshaltungskosten und erwirtschafte daraus einen Profit. Aus dem segmentierten Oval der Schnittmenge entsteht eine wohlgeformter neuer Kreis, in dem sich prima leben lässt. Er ist rund. Unterscheidet sich nicht von den anderen Kreisen. Der Mittelpunkt liegt im Zentrum der Schnittmenge, die, rein geometrisch gesehen, die Addition zweier Segmente sein sollte.

Aber nicht ist.

Die Ungerechtigkeit zu eliminieren, zwei Segmente einen Kreis werden zu lassen, würde bedeuten, den Kommunismus im Kapitalismus zu verwirklichen.

Die Herausforderung lautet, Lebenszeit zu globalisieren.

Drupal auf pfälzisch?

Habe nun einen relativen Drupal-Durchblick. Überlege, die Oberfläche ins Pfälzische zu übersetzen – oder ein Sprachschema Erkan und Stefan zu entwickeln. Dann würde der Kommentarbutton etwa heißen „Ey du weg die Schaiße hia!“ (statt einfach nur „Kommentar abschicken“).
Nee Quatsch. Das ist zeitaufwändig und ich bin froh, dass ich halbwegs durchsteige durch’s drupalsche Dateigewusel.

Ist spannend, sich mit CMS zu beschäftigen. Zwei drei Mal habe ich mich beinahe selbst ausgesperrt – irgendwas verstellt, so dass der Login-Button nicht mehr da war. Dann kann man sich auch nicht als Administrator anmelden.

Für Diejenigen, denen das auch passiert und die keine Lust haben, auf der Textkonsole die Dateien zu durchwühlen:

Im Browser eingeben: http://verzeichnis-in-dem-drupal-liegt/?q=user (bei mir heißt es: localhost/drupal/?q=user). Dann wird die Anmeldeseite zum Einloggen geladen und man kann den Loginblock übers Admin-Menü wieder einbinden.
Nicht lachen!

Wenn man neue Dinge erforscht passieren einem solche Fauxpässe.

Wie auch immer.

Vielleicht wird schon nächste Woche die Seite des Walpoden-Kunstvereins unter Drupal laufen. Dann können die Mitglieder in ihren Bereichen Bilder posten und Texte schreiben. Das Myblog des kleinen Mannes sozusagen :-)

Auf Localhost läufts schon.

Und nun? Da liegt noch ein Beitrag mit dem Titel Das Stück Lebenszeit eines Anderen vor meiner Haustür in der Warteschlange. Habe aber gerade keine Zeit, um über die Lebenszeit nachzudenken.

Vom Wert des Menschen

Da habe ich mal wieder zu viel geglotzt und die Bilder mischen sich im Kopf. Sud der Verwirrung: ProSieben-Containerladungen gefälschter Turnschuhe werden geschreddert, um Schaden von der Volkswirtschaft abzuwenden.

– Zap – ein arbeitsloses RTL2-Pärchen versucht das letzte aus dem Harz-Vier-Amt heraus zu schinden. Sie überlegen NPD zu wählen, doch was sollte das bringen? „Ich habe noch nie gewählt,“ sagt sie, „ist auch besser so, denke ich.“ Manchmal nehme ich mir eine Portion Intoleranz und werfe sie über die Bilder wie Jesus sein Netz. Lasset uns zu Bilderfischern werden.

– Zap – zwei MTV-Rapper haben sich die Zähne vergolden lassen und versuchen den Mädchen zu imponieren. „Igitt,“ sagt die Eine, „joa, warum nicht, beschwichtigt die Andere.“

– Zap – Ex-Bigbrother-Internierter J. versucht die Zuschauer zu einem 9life-Gewinnspiel zu überreden: „Findet ein Wort mit -auto … um Himmels Willen, das kann doch nicht so schwer sein. Ruft einfach an. Oder ruft Ihr etwa nur bei dubiosen Sendern an, bei denen bauchfreie Mädels mit 90er Oberweite die Gewinnspiele moderieren?“

– Zap – bauchfreies Mädel mit 90er Oberweite will wissen Wort mit -haus. Auf der Tafel steht: Baumhaus, Krankenhaus, Freudenhaus.

– Zap – jemand lief Sat1-Amok in einer Realschule.

– Zap – schon wieder diese scheiß Turnschuhe, für 5 Euro pro Paar in China produziert und 400-tonnenweise nach Hamburg geschmuggelt.

Da es regnet, zappe ich mich rüber ins Atelier. Im Atelier ist das Dach ungedämmt. Umso romantischer klingt dort der Regen.

– Zap – Regen auf mein Dach. Asche in mein‘ Ofen. Stoßweise Atem in der Luft. Im Schein der Stirnlampe sieht das unheimlich aus. Ich denke über Schuhe nach. Woraus sie bestehen: Leder und Kunststoff

– Zap – „Denk‘ weiter, Mann, woraus besteht Leder, woraus besteht Kunststoff?“ zap „Tiere und Öl“ zap „Weiter, Mann, weiter, woraus ist Öl, woraus Tiere?“ zap „Tiere aus Getreide, Öl aus öhm? Arbeit? Getreide aus öhm Arbeit?“ zap „Woraus besteht Arbeit?“ zap „Lebenszeit, schreib’s laut, LEBENSZEIT.“ Deiner und Deiner und meiner und auch aus der Lebenszeit von Afrikanern, Chinesen, Managern.

Eine flüchtige Kunstbübchenrechnung ergibt, dass nicht nur Schuhe aus Lebenszeit bestehen, sondern jedes andere Produkt auch.

– Zap – ein Punker regt sich über die Ungerechtigkeit in der Welt auf. Er kann seine These jedoch nicht hinreichend begründen, sondern redet nur vage von Ungerechtigkeit, so dass man denkt, „jajaja, hast ja recht, aber jetzt falle mir nicht weiter auf die Nerven.“

– Zap – der Punker lässt sich nicht wegzappen, setzt hinzu, „darauf hab ich keinen Bock.“

– Zap – ich schalte den Rechner ein, um diese Zeilen zu hacken.

Woraus bestehen die Worte?

Aus Buchstaben.

Aus Pixeln.

Aus Bits und Bytes.

Aus Einsen und Nullen.

– Zap – aus Lebenszeit.

– Zap – hab ich gerne gemacht.

Weltweit und doch zu Hause.

Auch ein Slogan. Leider keine witzige Gleichung parat, mit der man ihn verwandeln könnte.

Der schnellste Firmenwagen ist nutzlos, wenn man im Stau steht. Spediteur M. kroch 40 Tonnen schwer mit 30 km pro Stunde Richtung Heimathafen. Fand ich bedrückend. Nur noch zwei Ausfahrten und er würde es geschafft haben. Die Luft roch nach Gummie und verbranntem Öl und ich stellte mir vor, ich hätte im Mai, als ich die Chance hatte, beim Spediteur angefangen. Vielleicht säße ich nun in dem Truck? Zitterpartie.

Derweil überlegte ich, beim örtlichen Elektrogiganten vorbei zu schaun und einen Hub zu kaufen für das geplante Netzwerk. Entschied mich für Stau und anschließendes Ebay. Weltweit und doch zu Hause.