Ein guter Tag zum Grillen

Wir haben Fleisch gekauft in einem vorweihnachtlichen Supermarkt. Hölle. Senf und Knoblauchsoße, sowie eine Kiste Bier. Ob sie es einpacken könnten, fragten wir, es solle ein Weihnachtsgeschenk sein. Das entlockte der gestressten Verkäuferin ein Lächeln mitten im hektischen ich-zieh-dich-denn-mal-ab-Alltag.

Diskutierten über das Snowboarden und warum es dem Skifahren vorzuziehen sei und ob es wohl noch möglich wäre, seinen Skiurlaub so wie früher in den Bauruinen pleite gegangener Ski Hotels zu verbringen. Ich erinnerte mich eines waghalsigen Spaziergangs irgendwann vor zehn Jahren zusammen mit meinem Freund Leb und dem Chemiker J. einen 2000 Meter hohen Berg hinauf. Wie wir knapp unter der Schneefallgrenze starteten und auf eine Hütte zu steuerten, die in exakt 1200 Metern Höhe liegen würde. Wie wir diesen mächtigen Fichtewald durchquerten mit unseren Rucksäcken voller Bier und Bergsteigerkrempel und uns vorstellten, wir kommen in der Hütte an, breiten unsere Schlafsäcke aus, zünden im Kamin ein Feuerchen, trinken unser Bier. Ständig schaute der Chemiker in die Karte, wies nach da und dort und sagte, es ist nicht mehr weit, schaute auf den Höhenmesser und meldete die aktuelle Höhe: 940, 960, 980, bei Tausend tranken wir ein Bier. Der Schnee lag nun fast kniehoch. Wir wechselten uns an der Spitze ab mit Pfad trampeln. Unsere Klamotten waren klatschnass, Leb beschrieb den Kamin in blumigen Worten, das einzig steinerne in dem Blockhaus sei dieser Kamin, bis es ihm dämmerte, dass dies nicht die Hütte war, die er kannte, und auch nicht der Berg aber so eine ähnliche Hütte und ein ähnlicher Berg. Der Pfad war steil, der Wald lichtete sich, die Schneedecke wurde dicker und dicker, wir stapften langsamer und langsamer. 1250, 1270, meldete J. Bist du sicher, dass das Ding geeicht ist? fragte ich. Kann sein, dass der Luftdruck sich verändert hat seit wir losgelaufen sind. Vor einem abgebrochenen Baum tranken wir ein Bier. 1400. Keine Hütte in Sicht. Wir überquerten ein Schneefeld. Ist das nicht gefährlich wegen der Lawinen? Nöö, sagte Leb. Wenn die Hütte auf 1200 Metern ist und der Höhenmesser 1400 anzeigt, was heißt das dann? Es dämmerte. Der Schnee lag hier hüfthoch. Keine Hütte in Sicht. Wenn keine Lawinengefahr ist, könnten wir doch auf unseren Isomatten den Berg hinunter rutschen, sagte ich. Ähnlich wie zuvor den Kamin, stellte ich mir nun die Saußefahrt auf dem Schneefeld vor. Problematischer Weise befanden wir uns nicht in einem Film, in dem es zweifellos möglich gewesen wäre, in vier fünf Minuten zurück ins Tal zu rutschen. Der Isomattentrick versank sprichwörtlich im Schnee. Dass wir nicht im Film waren hatte aber auch einen Vorteil. Im Film wäre nämlich das Wetter umgeschlagen und zwar als wir bei 1000 Metern waren. Schnee hätte die Spur verwischt, die wir getreten hatten und welcher wir nun zurück folgten. Manchmal hielten wir noch Ausschau nach der Hütte oder durchforsteten die Luft nach Rauch, der aus dem Kamin kommen könnte. 870, 850 tap tap tap 750, 740 bis wir unseren Startpunkt erreichten und uns in einer Hotelbaustelle einquartierten für die Nacht. Im frisch gemauerten Schornstein schürten wir ein kleines Feuer.

Zurück zum Grillen: ich muss die Brandschüssel, einen alten Betonmischer, leeren. Betonmischer haben die Eigenart, wasserdicht zu sein. Hat ja einiges geregnet dieser Tage.

Ego

Ego hat eine ungeheuerliche Zerstörungskraft. Mit Fug und Recht kann es als Motor gelten. Es treibt einen an. Es lässt einen sich in Beziehungen stürzen oder Karriere machen oder große Reden schwingen oder Homepages bauen. Es verlangt dir alles ab. Erst wenn du lernst, es zurückzunehmen hast du eine Chance auf Glück. Das Ego will unbedingt befriedigt werden. In Form von Lobhudelei, Streicheleinheiten, Bestätigung jedweder Art. Also stapfst du durch dein Leben auf der Suche nach dieser Befriedigung, nichts ahnend, dass jeder Schritt, den du tust, Widerstände in Kraft setzt, die letzten Endes den Weg blockieren.

Die Staatsanwältin überredete mich Freitagabend zu einem Elsass-Trip. „Abwechslung?“ fragte sie, ich sagte ja. So kam es zu diesem Nachttrip auf den grandiosen Nationalstraßen. Wir teilen die Lust, nachts über Nonamestraßen zu braußen ohne jegliches Ziel. Endeten bei der Ruine Fleckenstein, überkletterten die Absperrung, tranken eine Flasche Wein vor fast vollem Mond. Seichter Nebel immer wieder.

Weiß nicht mehr, wie wir darauf kamen, dass das Ego die Schuld an der Misere trägt, in der sich die Menschen manchmal befinden. Jeder hat das erlebt. Sie und ich und ihr da draußen bestimmt auch. „Auf dem Weg zum eigenen Ziel,“ sagte die Staatsanwältin, „geht man immer über Leichen. Über die Kadaver der Nächsten, der Besten und der Liebsten.“

„Haben wir sie getötet?“ fragte ich.

„Wir haben es billigend in Kauf genommen.“

„Vielleicht sollten wir stehen bleiben? Einfach nichts tun. Uns selbst zurücknehmen. Den Weg vom Ich zum Wir finden?“

Spambot sei Dank

Ein uraltes Gästebuch, das mein Ex-Provider noch immer führt wieder entdeckt. Dort kann man jetzt Via@grA kaufen und Verträge mit afrikanischen Milliardären abschließen.

Der Beginn meines Online-Lebens lässt sich mit dem allerersten Gästebucheintrag auf den 23. Februar 2001 festlegen.

Damals wusste ich nichts.

Damals wusste ich, dass Sokrates wusste, dass er nichts weiß.

Heute weiß auch ich, dass ich nichts weiß.

Dass alles, was man glaubt zu wissen, ein Spiegel falscher Tatsachen ist und man in der überinformierten Gesellschaft gerne dem Glauben erliegt, zu wissen.

Das Einzige was man wirklich sieht ist die Grenze zum Nichtwissen.

Wenn man die Welt in zwei Räume teilt und im ersten das ansiedelt, was man weiß und im zweiten das, was man nicht weiß, so erhält man eine Besenkammer und einen Prunksaal.

Bei reiflicher Überlegung muss man sogar die Besenkammer noch teilen in eine Ecke des gewussten Wissens und eine Ecke des geglaubten Wissens.

Slogan, falsch verstanden

Mit einem Ohr Werbung für eine Versicherung aufgeschnappt. Deren Slogan – man traut ja seinem Ohr – lautete: „Die Antwort auf alle Drecksfragen.“

Und noch ein Wort: Beschimpfungstourismus > Beschimpfungstourismusindustrie > Luxusbeschimpfungsurlaub (mit eigenem Butt-ler) > All Schimpflusive
Erfunden zusammen mit den Verlegern H. und F., mit denen ich vorhin konferierte.

Berge sind Zwerge

Ist wie immer, die Lebenserfahrung lehrt: das, wovor du Angst und Sorge hattest, entpuppt sich als Kinderspiel. Die neue Walpodenvereinsseite ist online. Designerisch noch Bedarf, aber das Portal kann nun von multiplen Autoren als Publikationsoberfläche genutzt werden. Ist wie Weblog mit mehreren Autoren. Problem: es gibt nur vier Vereinsmitglieder, die dazu in der Lage sind.

Wie auch immer.

Wenn ich an die Fensterfront denke, unten im ehemaligen Rinderstall, der schon nächstes Jahr Galerie sein wird, wird mir klar: permanent stehe ich vor scheinbar unlösbaren Aufgaben. Keine Ahnung wie man Fenster baut, zudem aus Müll. Also ran an den Feind und mit ein bisschen Holz und Schrauben und Zement und Glas und vielviel Silikon entsteht eine Fensterfront von 30 Quadratmetern Größe. Tür inklusive. Das Kopfzerbrechen, das ich mir vor der Tat gemacht habe, erspare ich Euch. Auch das Kopfzerbrechen vor Drupal, jenem CMS, unter dem die neue kunstzwerg.net Seite läuft.

Es fühlt sich an wie Island 1992. Einen ganzen Tag lang radelte ich entlang der Südküste auf einen riesigen Berg zu, der seine Legitimation Berg zu sein alleine daraus schöpfte, in einer quadratkilometergroßen Ebene zu stehen und sich am Abend als gemütlich begehbarer Hügel entpuppte. Ich gebe zu, ich hatte Gegenwind

War ein Haufen Arbeit, sowohl Fenster, als auch die Website.

Was noch? Die Zukunft. Was ich in 2008 oder 9 machen werde, kann man hier (Link entfernt 2016-11-26) ahnen: eine Kunststraße von 50 km Länge bauen in südlichen Gefielden.

Derzeit passiert viel. Ich komme kaum noch zum Schreiben.