Bei den Isarwellen – plötzlicher Lustverlust

Blick auf ein Wehr, in dessen Gischt einige winzige Surfer balancieren.

Nachtrag 28. Mai 2019. Verfasst am 10. März 2020.

Es gibt ihn tatsächlich beim Radelreisen, bzw. beim Reisen schlechthin: den plötzlichen Lustverlust. So habe ich das Phänomen 1995 bezeichnet. Damals mit Freund QQlka auf großer Radtour Richtung Nordkap, seit sechs Wochen auf der Straße in einem nicht enden wollenden Schwedensommerhoch; geradezu lustwandelnd radelnd unterwegs bis irgendwann in Lappland an der finnischen Grenze das Wetter kippte (wir nannten den Kollaps Kautokeino-Matt) und wir etliche tausend Kilometer von daheim entfernt nicht mehr wussten wie weiter, wie vorwärts mit unserer ärmlichen, nicht gerade mieswettertauglichen Ausrüstung. Und ab Alta, wohin wir ein- zweihundert Kilometer mit dem Bus fuhren, wird die Straße zum Nordkap erst richtig garstig. Das weiß ich, seit ich sie 2015 geradelt bin und das ahnten wir 1995, als wir aus dem Bus stiegen auf einem unbefestigten Busbahnhofsparkplatz voller Pfützen, in die schräg stehende nordische Sonne blintzelten, uns sagten, geht doch mit dem Wetter, wir probieren es mal und unsere Räder sattelten und auf der E6 die Stadt verließen. Eiskalte Nordwinde. Vorbei am Flughafen, jenem verlockenden Nadelöhr und ich meine mich zu erinnern, dass wir es bis fünf oder zehn Kilometer jenseits des Flughafens schafften zu einer kleinen, markanten Brücke (die mir 2015 so bekannt vorkam, dass ich dachte, bis hierhin sind wir wohl damals geradelt). Dann kam der plötzliche Lustverlust und wir besprachen, dass wir aufgeben und mal zum Flughafen schauen würden, wie man zurück in die Zivilisation kommt. Drei Stunden später landeten wir in Oslo, zelteten neben dem Flughafen und nahmen am nächsten Tag die Fähre nach Kiel.

Ich meine es nicht böse, wenn ich die Waldbahn, die von Bayerisch Eisenstein hinunter führt zur Donau, ein Bimmelbähnchen nenne. Die Wagen sind uralt. Geräumig mit Stufen, die man hinaufsteigen muss und es gibt Zugbegleitpersonal, sehr freundliche und hilfbereite Menschen, die in dem Mikrokosmos auf Eisenrädern allen Belangen der Reisenden zu Diensten stehen. Die Fahrkarte kann man im Zug lösen. Es ist wie früher in den 1970er und 1980er Jahren noch, ein Reisen mit Menschen in einem Transportmittel für Menschen. Wohin mit dem Fahrrad? Ins Radelabteil, klar, Gepäck können Sie auf dem Sattel lassen, ausnahmsweise, es ist noch genug Platz. Ein zwei Stunden keucht das Bähnlein abwärts vom Bayerischen Wald durch die Gegend entlang des Flüsschens Regen. Mit einem – vermutlich – Arbeiter auf dem Nachhauseweg und einigen anderen Leuten im Abteil. Smalltalkend, bis irgendwo – das Bähnlein hält an jeder Milchkanne, ich selbst bin ja bei einem Bedarfsbahnhof zugestiegen in einem winzigen Ort mit ein paar Häuschen – bis an einer anderen Bedarfshaltestelle ein weiterer Radler zusteigt.

Der mich und den Rest des Abteils bis Plattling unterhält. Also eher mich und die anderen rollen die Augen. Der Mann ist ganz nett, vielleicht ein bisschen naseweiß, egozentrisch, vielleicht auch narzisstisch, aber nicht unsympathisch. Über das Wo findet denn der Reiseradler, moi même, in der Nacht in Plattling noch Unterkunft kommen wir nach Berlin, wo er ein Haus hat und eine schräge Idee, mittels Containern im Hof des Hauses Wohnraum zu schaffen und dafür braucht er einen Fotografen und weil ich doch unterwegser Fotograf bin, engagiert er mich kurzerhand, wir könnten doch gemeinsam nach Berlin fahren, in den alten Buden wohnen, ich würde auch die schöne große Wohnung kriegen und dann fotografieren wir das Ensemble für ein Prospekt, mit dem wiederum die Geldgeber und künftigen Mieter überzeugt werden. Kurzum, der Mann baut innerhalb weniger zig Kilometer im Bimmelbähnchen auf der Rutsche abwärts vom Bayerischen Wald ein phantastisches Ideenuniversum. Wir tauschen Karten und stellen dabei fest, keiner von uns beiden hat eine Email-Adresse auf die Karte gedruckt, aber egal, ich könne ihn ja anrufen oder er mich und wir lassen die Idee einmal sacken. In Plattling steigt er auch aus, um nach Regensburg umzusteigen und es ist noch ein paar Minuten Zeit, die er vor mir her radelt, um mich in die richtige Richtung zu drehen zu dem kleinen wilden Zeltplatz bei den Isarwellen, dort wo die Surfer immer herumlungern, um auf dem wuchtigen Wehr kurz vor der Mündung in die Donau ihre Schleifen zu ziehen.

Es regnet in Strömen und ich radele in die Dämmerung, habe keine Eile, denn das Zelt muss ich ohnehin im Regen aufstellen. Erreiche den Hochwasserdamm. Dahinter muss der Zeltplatz sein. Ein mobiles Verbotsschild mit Absperrgitter steht an dem Weg, der schräg den Damm hinauf führt und mir schwant Schlimmes. Dass dahinter alles überflutet ist. Aber das Gatter ist zur Seite gestellt. Also erklimme ich die Dammkrone und blicke auf eine kleine Insel, die über eine fast überflutete Brücke erreichbar ist. Soll ich es wagen? Ich bin müde. Diesseits des Dammes ist die Stadt. Unzeltbar. Obwohl ich tagsüber kaum geradelt bin, bin ich von meinem Spaziergang über den Baumwipfelpfad doch etwas matt. Beine tun weh. Keine Lust noch weiter im Regen zu suchen und es hört ja schon wieder auf, heute Nacht, sagt die App, also überquere ich die kleine Betonbrücke und erkunde die Insel. Die Spuren plattgewalzten Grases zeigen, wie hoch das Wasser schon gestanden hat in den letzten Stunden. Die Brücke war wohl tatsächlich vollständig unpassierbar, aber nun konnte ich durch ein paar Meter Pfützen auf die andere Seite gelangen. Direkt bei den Isarwellen. Jenseits am anderen Flussufer hinterm Damm stehen die Wohnmobile der Freaks, von denen sich trotz Verbots wegen des wuchtigen Wassers der eine oder andere aufs Surfbrett wagt und auf dem Fluss hin und her webt. Eine Weile schaue ich ihnen zu, begutachte auch das Höhenprofil der Insel. Es gibt Bereiche, die nicht vom Hochwasser überflutet waren, obwohl man kaum Höhenunterschiede erkennt. Nur das plattgewalzte Gras zeigt, an welchen Stellen einst Wasser stand. Unter Weiden finde ich schöne Zeltmöglichkeiten. Ein Hundegassigänger kommt vorbei. Ich liebäugele mit einem Plätzchen direkt am Seitenarm bei einer Feuerstelle, aber die Vernunft siegt – zum Glück – und ich baue das Zelt am vermutlich höchsten Ort auf. Gewitterneigung. Weiden sollst Du meiden. Egal, zu spät. Erschöpft schlafe ich ein und als mich in der Dämmerung die volle Blase aus dem Schlafsack zwingt, sehe ich, dass der Platz am Seitenarm überflutet ist. Schlagartig bin ich wach, packe zusammen, schaue zur Brücke. Puh, könnte knapp werden. Steigt das Wasser noch, oder fällt es wieder? Ich beobachte den gräsernen Rand im Unterholz, koche erst einmal Kaffee. So viel Gemütlichkeit muss sein. Nach einer halben Stunde ist klar, der Wasserspiegel fällt schon wieder. Aber dennoch, es hätte auch anders ausgehen können und ich wäre in einem überfluteten Zelt erwacht.

Der plötzliche Lustverlust, so wie ich ihn aus dem Jahr 1995 kenne, ist natürlich, nach vielen weiten Fahrradreisen nicht mehr vergleichbar mit der jetzigen Situation. Heuer spielt die Vernunft die tragende Rolle und die hatte zum Abbruch der Reise gemahnt, da ich die restliche Strecke UmsLand/Bayern in der mir zur Verfügung stehenden Zeit ohnehin nicht mehr hätte schaffen können, sprich, ich sowieso noch einmal aufs Radel muss im kommenden Jahr 2020. Ein dritter Abschnitt sozusagen nach dem Prolog von etwa Osterburken via Creglingen und Rothenburg ob der Tauber bis Lindau im Jahr 2018 und dem diesjährigen Intermezzo von Lindau bis nach Zwiesel.

Bühnenbild der Seebühne in Bregenz mit einem rieigen Gruselclownkopf hinter leeren Stuhlreihen.
Beim Ausrollen von Lindau auf dem Bodenseeradweg bis zur Rheinmündung passiert man Bregenz und die berühmte Seebühne, die im Jahr 2019 Rigoletto darbot.

Der Rest des Weges: von Plattling nach München und dort mit einer ähnlich komfortablen Verbindung per Privatbahn ‚Alex‘ nach Lindau, und ab dort zum Ausrollen an die Rheinmündung, wo mich Frau SoSo aus der Homebase schon sehnsüchtig erwartete.

Einige Monate später sollte ich am Bahnhof Homburg/Saar die Verlockung der Bahnverbindung entdecken: Es fährt ein IC ab Saarbrücken namens Dachstein mit Halt in Homburg. Das klingt verlockend. Ohne Umsteigen könnte ich zurück ins Einsatzgebiet, vielleicht bis nach Rosenheim fahren und dort die Schleife zum Königssee nachholen, die ich wegen des Dauerregens ausgelassen hatte. Aber das ist ein Projekt für 2020.

Hey, denk mal nach, die Hauptwindrichtung führt doch vom Bärlauch zum Kernkraftwerk und nicht umgekehrt!

Das chinesische Insekt ist auch hier, sagt der Mann. Ein sonniger Tag in einem gespenstisch leeren Aargauer Dorf. Eigentlich wollten Frau Soso und ich nach einem Spaziergang entlang der Aare – wie schon so oft – in dem feudalen Café im örtlichen Schloss eine heiße Schokolade trinken und den Sonntagnachmittag genießen. Das Café ist aber zu. Vor der Tür liegen Kisten. Der Briefkasten quillt über.  Es sieht ein bisschen verwahrlost aus oder mindestens, um es brachial schwedisch zu sagen, ‚for ever stengt‘, für immer zu. Wir setzen uns auf Korbsessel in dem parkähnlichen Innenhof und Frau Soso versucht, die Baumart zu bestimmen, die uns überragt. Buchen vielleicht? Oder Eichen, mutmaße ich. Nee, da liegen doch Ahornblätter. Quatsch, das ist Efeu. Frau Soso fragt die App und die sagt, es sind asiatische Platanen, riesige Wesen, die in den letzten zig Jahren hier was-weiß-ich-schon-alles gesehen haben mögen. Das Dorf ist wie verlassen. Wir begegneten auf unserem Spaziergang nur wenigen Menschen. In einem Hinterhof ist ein Weinlokal geöffnet. Halligalli in dunklem Raum voller presswurstähnlichem beseeltem Klientel. Wir beobachten den plaudernden Frohsinn durch offene Türen.

Dann der Mann mit dem Insekt, den ich erst einmal gar nicht verstehe. Hä, wassen für ein Insekt? Ist da etwas Schlimmes, denke ich? Will schon naiv fragen, ob eine Spezies in die Schweiz eingewandert ist, die es den örtlichen Bauern schwer macht und die Weinernte frisst. Jenseits auf der kleinen Insel in der Aare pumpt das Kernkraftwerk ganz unscheinbar und hier an der Glastüre des Besucherzentrums hängt ein Zettel, dass das Zentrum bis auf Weiteres geschlossen bleibt und da dämmert mir, dass der Typ, ein alter, verkautzter Kerl, mit dem Insekt, das Virus meint. Schallend kracht der Groschen endlich. Ich bin geneigt, zu husten. Nur so aus Trotz, archetypisiere den Kerl als konservativ bis rechten Drecksknauser, der ganz gewiss die SVP wählt, aber vielleicht habe ich unrecht. Mögen tue ich ihn auf keinen Fall. Es gibt solche Menschen, leider immer mehr, die man auf den ersten Blick und wegen ihrer Äußerungen kategorisch nicht mag. Er nähert sich uns nicht, treibt sich stattdessen im Park herum, wo es einige physikalische Experimente mit sich drehenden Maschinen gibt, wohl um das Klientel des Besucherzentrums des Kernkraftwerks auf die Führungen einzustimmen. Wer weiß, vielleicht mache ich solch eine Führung auch einmal mit, wenn denn das ‚Insekt‘ endlich wieder weg ist. Eines der schönsten Experimente in dem Park ist eine akustische Installation zweier Parabolschalen, etwa fünfzig Meter voneinander entfernt, gegenläufig ausgerichtet, in die man sich hineinsetzen kann, einer hier, einer dort und sich in normaler Lautstärke unterhalten kann. Frau Soso und ich konzentrieren uns jedoch darauf, im Innenhof des Schlosses, neban des Besucherzentrums auf den Korbstühlen zu lungern und über die asiatischen Platanen nachzudenken und uns die Frühlingssonne auf die Körper brateln zu lassen. Später finden wir in einem lichten Wäldchen jenseits der Kernkraftwerksinsel ein halbhektargroßes Areal mit jungem Bärlauch, ernten unser Abendessen und abends, als wir den Sack voll Bärlauch, den wir ernteten in eine köstliche Lasagne verwandelt hatten, kamen kurz Bedenken, hey, Kernkraftwerk da und Bärlauch hier, in Spuckweite voneinander entfernt und nur das naive Bärlauchsammelbübchen in mir argumentiert, hey, denk mal nach, die Hauptwindrichtung führt doch vom Bärlauch zum Kernkraftwerk und nicht umgekehrt, genieße die Köstlichkeit. Aber so einfach ist es leider nicht.

Zweibrücken-Andorra, die Dritte

Ich muss verrückt sein, damit zu liebäugeln, Anfang März das Reiserad zu satteln und quer durch Frankreich zu radeln, vom ‚Großen Osten‘ des sechseckigen Landes einmal mitten durch bis in die Pyrenäen, mehr noch, dort auch noch hinauf auf den über 2400 Meter Hohen Pass namens Porte d’Envalira und weiter, weiter, weiter in einer geradezu abartigen Rutsche auf der unheimlich stinkenden, dieselrußgesättigten Passstraße bis nach La Vella, Andorras Hauptstadt.
Gerade habe ich mir verschiedene Webcams angesehen, um herauszufinden, ob der 1500 Meter hohe Mont Lozère, der auf der Strecke liegt, Schnee hat und wie die Hauptstraße zwischen Ax-les-Thermes und Andorra ausschaut. Bilder sagen weniger als tausend Temperaturanzeigen an den vielen Wetterstationen, die zwischen den Webcams auf der Karte gelistet sind. Kurzum, noch ist es recht winterlich und ein garstiges Lüftchen überweht Frankreich von Südwest nach Nordost.
2020 ist es wieder so weit. Ich habe die Reise schon in den Jahren 2000 und 2010 als Kunstprojekt realisiert. Dass ich die Tour auf fast identischer Strecke nach zehn Jahren wiederholt habe, bedingt irgendwie, dass ich es nun, noch einmal zehn Jahre später, wieder tue. Was für ein Kreuz die Konzeptuelle Blogreisekunst doch ist.
Warum die Reise schon im Vorfrühling beginnen? Ich möchte zur Gartensaison wieder auf dem einsamen Gehöft sein. So ein Künstlergarten bestellt sich ja nicht alleine.
Außerdem benötige ich später im Jahr noch etwas ‚Luft‘, um das Bayernprojekt, das 2018 begann, zu beenden.

Wie eine verrottende vier Meter hohe Sonnenblume, die dem ersten Herbstwind zum Opfer gefallen ist | #UmsLand

Vielleicht ist es eine Täuschung. Vielleicht nicht. In der Erinnerung liegt das Neuste meist klar und deutlich ganz oben wie eine verrottende vier Meter hohe Sonnenblume, die dem ersten Herbstwind zum Opfer gefallen ist und die man, in Stücke gehackt, auf dem Komposthaufen entsorgt hat.

Nach über zwei Jahren habe ich nun endlich mein erstes UmsLand-Projekt beendet. Die gestrige Etappe war definitiv die schönste. UmsLand ist der Hashtag in den sozialen Medien, ursprünglich kreiert für die Umradelung des Bundeslandes Rheinland-Pfalz auf der Rheinland-Pfalz-Radroute. Eben besagter Erstling. Seither gab es weitere ‚UmsLands‘, die ich sogar teils ‚in einem Rutsch‘ vollenden konnte.

Begonnen im Frühling 2017, musste ich die Reise unterbrechen und bin seitdem nicht mehr dazu gekommen die restlichen Kilometer, nur zwei drei Reisetage, zu erkunden. Bis letzten Samstag. Von Ludwigshafen bis zur französischen Grenze südlich von Wörth und entlang der Grenze bis zurück nach Zweibrücken klaffte dieses schmerzliche Loch in der Radelstrecke. Einige weitere UmsLand-Projekte folgten, erfolgreich, rund ums Saarland, das ähnlich wie Rheinland-Pfalz einen ausgeklügelten, grenznahen Radweg ausgeschildert hat. Vermutlich sind diese beiden Bundesländer im Südwesten der Republik die einzigen, die solch einen Radweg kennen. Rund um Bayern, das ich seit letztem Jahr bloggend und fotografierend und radelnd erkunde, gibt es keinen solchen Weg. Aber ich konnte auf Basis der Strecken des Bayernnetzes eine eigene Runde designen, der ich nun folge. Mit dem Paminaland habe ich letztes Jahr im eigens angelegten Paminablog ein weiteres UmsLand-Projekt erfolgreich beendet.

Doch zurück nach Rheinland-Pfalz und seiner 1040 Kilometer langen Rundtour auf verschiedenen Themenradwegen. Der gestrige letzte Abschnitt führte in etwa vom Rhein entlang der französischen Grenze bis zurück nach Zweibrücken, wo alles vor zweieinhalb Jahren begann. Ziemlich genau 100 Kilometer folgte ich dem gelben Radelsymbol, das die Runde auszeichnet durch den Bienwald in den Pfälzer Wald und den Wasgau durch stille Täler und verschlafene Orte. Meist auf gut ausgebauten Forstwegen, oft geteert, vorbei an alten Burgen und durch wie aus dem Fels gehauene Ortschaften, deren Häuser meist aus dem roten Sandstein gemauert sind, den es in der Gegend zu Hauf gibt. Die schönste Strecke!, dachte ich unterwegs. Jawohl, definitiv die schönste Strecke. Selbst die Bahntrassenradwege in der Eifel können da nicht mithalten. Natur pur, garniert mit diversen Abenteuermöglichkeiten. Hier mal eine Burg besichtigen, dort die Biosphäre zwischen Dahn und Fischbach, der ein eigener Rund-Radweg gewidmet ist und der am Biosphärenhaus mit Baumwipfelpfad in Fischbach bei Dahn gipfelt. Stille. Fernab der Straße. Hier ein Kleinod, zum Beispiel ein Stundenstein, der als Wegmarkierung außerhalb Rumbachs auf einer Anhöhe steht und der der Messung alter Postrouten diente. Hochsitze en Masse (ich gebe zu, das ist speziell, ich fotografiere liebend gerne Hochsitze; ich sammele sie geradezu).

Und Apropos sammeln, dieses Jahr ist ein grandioses Pilzjahr. Riesige Schirmpilze abseits des Weges begegneten mir und in den Dörfern war ich erpicht, bei jeder Gelegenheit irgendwo einzukehren, einen Kaffee zu trinken und ein Stück Himbeerkuchen zu verspeisen. Es gibt nicht allzu viele Einkehrmöglichkeiten auf der 100 Kilometer langen Strecke. Eigentlich nur in Fischbach und Eppenbrunn und gegen Ende, in Hornbach.

Eine Abwandlung der Radroute erlaubte ich mir auch und ich kann Nachfolgenden nur dringend empfehlen, darüber nachzudenken, ob sie stur den gut platzierten Wegweisern des großen Rheinland-Pfalz-Radwegs folgen, oder doch lieber meine Alternative wählen. Als Ortskundiger weiß ich um die Beschaffenheit des Radwegs zwischen Großsteinhausen bis Bottenbach und nach Vinnigen: Es gibt ihn nicht! Die Route führt auf garstiger Höhe auf einer Landstraße, auf der nicht gerade zimperlich gefahren wird. Nicht schön das. Obschon ich gut verstehe, dass man besagte Dörfer gerne in die Route einband. Die Alternative südlich durch Frankreich und durch das Dorf Walschbronn ist viel schöner. Man muss auch nicht auf über vierhundert Meter Höhe hinauf kraxeln, sondern man folgt Waldwegen durch die Täler. Einziger Wermutstropfen: Die Wege sind eben Waldwege und entsprechend matschig. Im Blogbeitrag zuvor ist die Reiseroute als Track einzusehen. Gegen Ende des Tracks (links, ich radelte ja im Uhrzeigersinn um Rheinland-Pfalz) findet Ihr die besagte Alternative zwischen Eppenbrunn und etwa Riedelberg.

Gegen Abend erreichte ich Hornbach und von dort aus sind es nur noch 11

Reiserade mit Gepäck vor weißen Barockbauten
Finale im Regen, zweieinhalb Jahre nach Start der Radreise rund um Rheinland-Pfalz. Herzogplatz und Rathaus Zweibrücken. Start und Ziel der Rundreise.

Kilometer bis zum Zweibrücker Herzogplatz, an dem die Runde 2017 begann. Über einen schönen Bahntrassenweg rollt man rein ins Städtchen und ich muss sagen, gar nicht so übel schneidet meine Heimatstadt ab ins Sachen Stadtdurchquerung im Vergleich zu anderen Stadtdurchquerungen, die ich absolvierte. Wobei ich natürlich die Strecke kannte und mich somit gar nicht verirren konnte, wie dies Fremde vielleicht tun.

Mein kurzes Fazit zur Rheinland-Pfalz-Radroute: Ein wirklich gut gemachter Fernradweg, der natürlich verbessert werden kann. Insbesondere im Westerwald und in den großen Städten am Rhein. Die Zeit, die man benötigt, etwa 10 bis 15 Tage, ist knapp. Es gibt viel zu sehen am Rande der Strecke und man könnte hie und da eine Pause einlegen. Sportlich ambitionierte Radlerinnen und Radler, die mit dem Begriff Transcontinental Race etwas anzufangen wissen, könnten die Strecke jedoch auch in drei bis vier Tagen bewältigen.

Ich verabschiede mich nun an dieser Stelle aus dieser Tour und harre weiterer UmsLand-Projekte (aktuell und noch nicht beendet (es fehlen 1000 Kilometer) zum Beispiel mein Projekt rund um Bayern (oben schon verlinkt). Danke fürs virtuelle Mitradeln.

UmsLand II Tag 3 – die Strecke

Der letzte Abschnitt des 2017 begonnenen Projekts per Fahrrad auf der Rheinland-Pfalz-Radroute. Einer der schönsten Abschnitte durch den Bienwald und das Dahner Felsenland. Die Runde ist hiermit vollendet. Gegen 18 Uhr stand ich mitsamt Reiseradel auf dem Zweibrücker Herzogplatz, wo die Blogreise im März 2017 startete. Damals radelte und bloggte ich 13 Tage lang im Uhrzeigersinn über Hunsrück, Eifel, Westerwald und Rheintal bis Ludwigshafen. Ohne Anreise ab Zweibrücken radelte ich heute und gestern die beiden letzten Etappen.
Fazit in Kürze: Fünfzehn Tage sind eigentlich recht knapp bemessen. Es gibt so vieles zu sehen entlang der Route, das den einen oder anderen Tag Verharren erforderte. Spomntan fallen mir für die beiden vergangenen Etappen zum Beispiel folgende Schlenderziele ein: Technikmuseum Speyer, sowie Dom und pi pa po, Straßenmuseum Germersheim und Festung, Wegelnburg und Burg Fleckenstein …

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