Herr Irgendlink nimmt das Bloggen wieder auf. Versprochen. Es läuft ein wenig quer dieser Tage. Tagsüber tackert Monsieur, das dürfte hinlänglich bekannt sein. Des Nächtens ist er Pixelschrauber, HTMLer und CSSer und sucht verzweifelt nach Inhalten für diverse Webseiten. Lernen inbegriffen. Was ist Nacht? Eine schwarze Zeit, in der sich allmögliches Getier ums einsame Gehöft tummelt, suchend nach Nahrung. „Nahrung,“ konstatiert Monsieur, „ist im Kopf. Was bedeutet schon Eiweiß, Kohlenhydrat und Fett im Vergleich zum neuronalen Netz, welches sich unweigerlich ausbreitet in den engen Grenzen einer Schädeldecke.“

Derweil stapeln sich Notizzettel auf Herrn Irgendlinks Schreibtisch, grobe Skizzen für zu bloggendes: „Owner, drei Frauen am Arm, oh der Glückliche, auch wenn es ihn zu Boden reißt.“ Oder: „Kollege B.: warum zum Zahnarzt, Hautarzt und Allgemeinmediziner? Ist er eine Formel-Eins-Schlampe? Gefahr!“

Gut auch die Notiz: „Unbedingt erklären, warum man auf einem 15 km langen Radweg prozentual mehr Platten fährt, als auf dem 3600 km langen Weg zum Nordkap. Es ist eine Wahrscheinlichkeitsrechnung mit Pi (Kreiskonstante).“ Oder dieses Paradoxon, dass die eigene Schwester ein Haus besitzt, aber nicht in der Schwesternhausstraße im Kreisstädtchen H. wohnt.

Wir sollten dies nicht aus den Augen verlieren. Den Beginn dieses Weblogs, das Programm.

Das Unbekannte ist größer als das Bekannte

Eine der wichtigsten Aussagen Herrn Irgendlinks: „Das Unbekannte ist größer als das Bekannte.“

Eine Binsenweisheit. Aber darauf muss man erst einmal kommen.

Unbekanntes ist Zukunft. Unbekanntes ist Plus nachdem man einen Strich unter der Bilanz gezogen hat. Unbekanntes rettet die Welt – nein, es ist die Welt. Mehr Bekanntheit in die Welt des Unbekannten zu bringen ist Herr Irgendlink nicht im Stande.

Du musst es tun.

Verwerflichkeit Ficken

Herr Irgendlink ist sich bewusst: es gibt nichts Verwerflicheres, als das ungeschriebene Wort. Jenes Wort, das gedacht wird und von dem man denkt, es sollte auch geschrieben werden, das man aber aus purer Faulheit, Verdrossenheit, Verweigerung gegenüber der Welt nicht aufschreibt.

„Und? Wie heißt nun Euer ungeschriebens achso wichtiges Wort, Euer Hochwohlgeborenlink?“

„Ficken?“ hinterfragt Gottvaterdichter Irgendlink steif.

Hey Leute, das ist quatsch, was Monsieur Gottvaterdichter von sich gibt. Doch der Kern der Sache ist elementar: Gedachtes Wort ist halbes Wort – geschriebenes Wort nähert sich der Tatsache. Und die Tatsache sprengt dir den Schädel, wenn du mittendrin stehst.

So lasset uns (oder Herrn Gottvaterdichter Irgendlink) denn die Tatsachen so gut wie möglich in Worte fassen (lassen).

Diese Wege zur Arbeit – mit dem Fahrrad. Herr Irgendlink ist jeder Fünfte, der mit dem Radel zur Arbeit fährt. Der Geschmack von Luft, Nebel, Herbst auf den Lippen, strampelnd im ewigen Einerlei des Tages ist es allemal wert. „Es fühlt sich an wie Urlaub. Hinterm Horizont schmeckt es nach Ferne und wenn du nachts nach Hause kommst, stellst du dir vor, du bist unterwegs mit schwerem Gepäck und suchst nach einem Lagerplatz.“ Herr Irgendlink möchte das nicht missen. „Verwegen ist das.“

Sonntag: Herr Irgendlink telefoniert mit K. Irgendwie verstricken sich die Beiden in ein Gespräch über die ferne Stadt, in der K. wohnt und dass Herr Irgendlink demnächst mal vorbei schneien wird. Ob denn K. auch zur Piratenparty bei Hightech-Ingenieur B. eingeladen sei? „Nein“, antwortet sie, „ich bin nicht umtriebig.“ Oder so ähnlich. Herrn Irgendlink bringt dieses Statement ein Gefühl von Blues, und nachdem er aufgelegt hat, die Augen geschlossen unterm tristen Herbsthimmel, sieht er K. die schöne Braune so alleine in ihrem schicken Wohnzimmer in der fernen Stadt. Das ist Blues. K. ist desperat. Lebensfeindlich wie Irgendlink. Das eint sie beide. Jenseits der Hautgrenze gibt es keine Regeln. Im Innern sollte man einen aseptischen Zustand herstellen.

Zumindest dichtet Monsieur Irgendlink ein solches Bild.

Zurück zu den Arbeitswegen, jenen erhellenden Momenten der Schwebe, in denen einfach alles möglich ist. Kopf so schön leer. Lunge pumpt. Herz pocht. Eine angenehme Wärme dringt vom Körperinnern bis in die feinsten Spitzen, nicht jedoch in Finger und Zehen. Ein Blick zur Seite in eines jener vielen Täler dieser Gegend lässt Freiraum für phantastische Gedanken, so dass zum herkömmlichen Leben, das einjeder von uns führen muss eine würzige Komponente gemischt wird. Schmuggel, Abenteuer, das Weite in greifbarer Nähe. Sicher auch Worte, die sich verdichten, kurz gedacht, nie notiert, sie wären der Stoff für …

… vergessen wir es. Der Stoff für was-auch-immer, Dichtkunst, wären sie gewiss, aber da diese Worte nur gedacht werden – Denken ist so flüchtig wie Vergessen –  finden sie niemals den Weg in die Ewigkeit. Schmuddelautor Henry M. hat das einmal gesagt oder gar geschrieben – sinngemäß etwa: „die Worte, die ich bei einem einzigen, stillen Spaziergang denke, würden genügen, um einen ellenlangen Roman zu füllen.“ Und das Zeug wäre gut.

Herr Irgendlink kann das bestätigen. Besuchen sie ihn bei seiner täglichen 30 km langen Romandenke.