Weil du es tun musst, weil es dein Weg ist, weil es dir entspricht.

Herr Irgendlink ist auf einem Tiefpunkt seiner künstlerischen Tätigkeit angelangt. Er droht zum Jäger und Sammler, besser gesagt zum reinen Sammler zu verkommen. Ein Mensch, der sich von Abfällen ernährt, sie digital auf Festplatten speichert und diese zweifelhaften Schätze dort für immer verkommen lässt. Zweifellos hat die Datenbank die Herrschaft über Irgendlinks künstlerisches Schaffen übernommen. Ein Vorgang, der sich seit einigen Jahren abzeichnet: du ackerst und ackerst und schaufelst Inhalte bei, aber organisieren und das Unvorstellbare sichtbar machen, das kannst du nicht schaffen. Dieses Weblog ist die sprichwörtliche Spitze des Eisbergs. Unter der Oberfläche schlummert ein Vielfaches dessen was möglich wäre – allein, es ist zu chaotisch, um es nach Vorne zu kehren.

Irgendlinks neuestes Kunstwerk wird ab 5. Dezember 2008 in der Neubrunnenstraße 8 in Mainz zu sehen sein. Eine klassische Bildtafel mit 54 Szenen aus dem Dunstkreis des Parkverbots. In der Tat ist die Verboten-Bildtafel von 2007 Irgendlinks aktuellstes Kunstwerk. Ist das nicht eine Schande?

Im grauen Dunst der Westpfalz hat Monsieur sich gut eingerichtet in seiner Künstler-, pardon, Werktätigenbude. Der Ofen brummt. Vor der Tür jammert die Katze um Futter … eine Packung nach der anderen verschlingt das Vieh, ein Nimmersatt. Gerne denkt Herr Irgendlink an die Zeiten, als er begonnen hat mit diesem Textwerk. Wie es im Laufe der Jahre sich verändert hat. Ein Nachblättern auf der Festplatte zeigt: Herr Irgendlink hat seinen ersten Weblog-Eintrag am 16. Mai 2001 geschrieben. Damals noch ohne CMS, also ohne WordPress, ohne MYSQL-Datenbank und mit nur wenigen HTML-Kenntnissen.

Lange Zeit. In der aktuellen Version dieses Blogs kann man immerhin bis 2005 zurückblättern.

„Wieviele Seiten habe ich schon geschrieben? Was davon lässt sich verwerten? Was ist von übergeordnetem gesellschaftlichem Interesse? Warum tue ich das?“ Als wäre Irgendlink in einer Schleife aus DejaVues gefangen taucht wieder und wieder die Sinnfrage auf, die nur eine Antwort kennt: weil du es tun musst, weil es dein Weg ist, weil es dir entspricht.

Verrat

Erster Tag in der Lounge lounch-zweiter-tag.JPG lounch-dritter-tag.JPG

Irgendlinks marodes Tackerdasein ist gezeichnet von Verrat und Hohn – der Weg der Werktätigkeit ist zu beiden Seiten gesäumt von den Unflätigkeiten böser Kollegen. Herr Irgendlink hat lange gehadert, obiges Dokument zu veröffentlichen – ein zufälliger Fund in der Werkstatt.

Leichte Lähmung im Bierglasstemmarm

Künstler Irgendlink ist einfach nicht tot zu kriegen. Kaum suhlt er sich im moorigen Pool der Werktätigkeit, ist er künstlerisch reger denn je. Die Kamera mit dem mittlerweile fest verwachsenen Weitwinkelobjektiv ist seine ständige Begleiterin. So auch heute Morgen, als kurz vor Arbeitsbeginn noch ein wenig Zeit war und Monsieur in einer verpissten Bahnhofsunterführung an seiner neuesten seriellen Arbeit „Böse Buben – böse Mädchen“ arbeitete. Da quatschte ihn der Afrikareisende J. an, der ein heruntergekommenes Dasein im Städtchen B. führt, und lud ihn zum Kaffee ein (J. trank natürlich Bier). Schauort: eine Raucherspelunke mitten in der Stadt. Herr Irgendlink kratzte einen Rest Beherrschung – weiß nicht woher – zusammen und bestellte tatsächlich nur Kaffee. Gut und gerne hätte der Tag auch in der Spelunke enden können. Gehörst du hier hin? Fragte sich Irgendlink rhetorisch.

Interessant ist J.s Tipp: „Du solltest dich auf Reportagen konzentrieren.“ sagte dieser schon gleich zu Beginn der Begegnung. Und da war er noch ein wildfremder Mann, dem man nicht so einfach trauen kann. Besonders nicht in verpissten Bahnhofsunterführungen. Man sollte keineswegs den Rat wildfremder Menschen missachten, denn sie sehen oft auf den ersten Blick genau das, was wirklich und echt ist.

Wie auch immer. Gegen 10 Uhr trudelte Monsieur Werktätigkeit auf der Arbeit ein, legte die Kamera bei Seite. Sein Owner war guter Dinge und fabulierte einen neuen Großauftrag – ein Ende der Werktätigkeit rückt ferner und ferner. Dennoch, wie schwätzte Herr Irgendlink noch kürzlich mit Kollege Ole aus der Seitenstraße: „2000 Euro würden reichen, um eine Weltumrundung mit dem Fahrrad zu starten. 5000 sind feudal und mit 20.000 kann man das einfach so machen.“

Klingt verrückt?

Je enger sich das materielle Korsett schnürt, desto bizarrer werden die Träume, die wir begehren.

Diesen Halloweens war Betriebsfest angesagt. Leider konnte Monsieur nicht mittrinken, da nicht nur das Weitwinkelobjektiv mit der Kamera verwachsen ist, sondern die Kamera auch mit dem Bierglasstemmarm.

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Amüsement bei der Betriebsfeier – Irgendlink hautnah, so dass er den Atem des Sängers riechen kann.

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Harte Künstlerarbeit in Bahnhofsunterführungen. Auf der Suche nach „bösen Buben und bösen Mädchen“ entdeckt Irgendlink den abscheulichen Kevin M.

Worte für Modem-User

Das weltweite Netz sendet ab und an Botschaften, Herr Irgendlink möge endlich wieder die langen, tragenden Textbotschaften senden, Worte voller Gehalt für Menschen auf Sinnsuche – denn, was ist der Sinnsuchende anderes, als der goldene Ritter im Meer der Verzweiflung – man möge diese schwülstigen Worte verzeihen, aber: gibt es existenzielleres, als Sinnsuche? Herr Irgendlink hat sich Jahrzehnte damit beschäftigt. Man möge sich nicht täuschen, er habe aufgehört damit. Vielmehr: er fängt gerade erst an.

Ein langer Weg beginnt mit dem ersten Schritt, zitierte einmal ein Autokonzern einen Indianer. Herr Irgendlink ist derjenige, der den ersten Schritt tut. Dann legt er eine Pause ein, vergisst, was er gerade getan hat, tut erneut den ersten Schritt. Uns so weiter und so fort. Der erste Schritt provoziert automatisch den zweiten, dritten und vierten Schritt – was aber, wenn man aufhört zu zählen, zu messen und nach dem ersten Schritt einfach von vorne beginnt und einen ersten Schritt nach dem anderen tut? Dann täte man vielleicht Millionen erste Schritte, ohne je an die nächsten zu denken.

„Ich glaube, es ist wichtig, das Maß zu verlieren, denn das Maß ist von Menschen gemacht und alles, was der Mensch macht, tut er, um sich von anderen Menschen zu unterscheiden. Er setzt sich in den Sinn, Individuum zu sein, mehr noch, einzigartig. Deshalb misst er. Deshalb ist er schneller, besser, größer, reicher, schöner, glücklicher, gesunder, vielschrittiger, mächtiger als andere Menschen. Und deshalb ist das Maß der falsche Weg, um sich zu definieren.“ fabuliert Irgendlink.

Vielleicht ist er nicht bei Sinnen.

Warum steht hier dieser Text? Warum liegt denn da Stroh rum?

Chuck Norris weiß, warum hier dieser Text steht und warum da Stroh rum liegt. ;-)

Der Text wurde eigens für die lieben Modem-Nutzer geschrieben, die, ob der Kilobyte-Prasserei im vorigen Bildbeitrag sicher konsterniert sind wegen der langen Ladezeiten.