Norwegen

Davon träume ich seit 2001: dass mich jemand bezahlt dafür, dass ich eine Reise mache und ich jeden Tag einen kurzen Text ins Reiseblog poste und ein Bildchen dazu.
Mit dieser Reise nimmt die Idee langsam Gestalt an. Noch vor Kurzem schwadronierte ich mit dem Soulsnatcher, ob es möglich ist, von unterwegs mit dem iPhone zu bloggen. Soulsnatcher verfocht die Nein-Variante, weil er fürs Schreiben echte Tasten braucht. Auch mir fällt es nicht leicht, auf der winzigen, glatten Tastatur zu schreiben. Vor anderthalb Monaten machte ich die ersten Gehversuche auf dem Weg nach Süden, damals mit zwischengeschalteter Blogbasis, Sofasophia. Die Infos schickte ich per Mail und SMS und per Telefon, und die werte Blogbasis schuftete die Fipptehler raus und publizierte. Nun ist aber Blogbasis Alpha1 mit von der Partie und MisterOberfaul Irgendlink muss per WordPress-App selber bloggen.
Das Leben ist bekanntlich nur eine Kombination verschiedener Gewohmheiten und es ist hauptsächlich in unserer Vorstellung.
Vorhin am eiskalten See, hier oben auf geschätzten 600 Metern Höhe, fabulierten wir, dass man eigentlich schon vrrloren hat, wenn man sich mit dem Gefühlt, das Wasser sei zu kalt deem Ufer nähert. Keine Chance, jemals schwimmen zu gehen. Man hat eigentlich immerzwei Wege, sich die Welt zurecht zu denken: alles wird gut und nichts wird gelingen. Die Realität folgt diesen Grundideen – meistens jedenfalls – auf geschlungenen Pfaden.
Natürlich ist es möglich, mit dem iPhone einen solchen Text zu hacken. Man muss es nur für möglich halten.
Gestern bis über den 61ten Breitengrad gefahren. Sonnenaufgang im Nordosten nun um ca 5 Uhr. Es wird nicht mehr dunkel. Kurz vor der norwegischen Grenze, die man nur daran erkennt, dass die Straße schlechter wird und die Schilder anders aussehen, eine Kilometerlange Baustelle, in der ein staubiger Mercedes mit Schild obendrauf „Traffikslots Folj Mig“ vor den Kolonnen hin und her fährt, um sie sicher und langsam über die Schotterpiste zu lotsen. Den ganzen Tag hin und her vom einen Ende der Baustelle bis zum Anderen. Was für ein Beruf!
Bild: Eishinweistafel im quirligen Leksand, wo wir bein wundersüßen Glockenspiel den Geocache „Klockenspelet“ heben.

Blogeintrag mit zwei Rasenmähern

Bekanntlich sind Blogartikel, in denen kein Rasenmäher vorkommt einfach nur fad. Böse Zungen behaupten, sie seien es noch nicht einmal Wert, geschrieben zu werden.
Gestern durch diesen endlosen Wald in der Gegend um Örebro denk ich: irgendwie verrückt, mit dem Auto so weit zu fahren. Normale Menschen würden das Fahrrad , ähm, den Flieger nehmen. Mit dem Radel hatten wir damals anderthalb Wochen von Trelleborg bis zum 60. Breitengrad.
Manchmal wünsche ich mich zurück. Das Gefühl für Neues nutzt sich mit jeder Wiederholung ab. Und auch die Derivate von längst Erlebtem können das Original nicht erreichen. So ähnlich. Dennoch gute Tour. So richtig entfalten tun sich die Erlebnisse sowieso erst dann, wenn sich ein Bisschen Zeit darüber gelegt hat.
Gestern so gegen 22 Uhr an einem See das Lager aufgeschlagen, Deutschland läge mit 0:1 zurück, höre ich per Telefon. Dünner Draht in die Zivilistion. Keine Ahnung, wie das Spiel endete. In Schweden gibt es keine WM. Allenfalls ein Pulk Wohnwagen bildete vorgestern auf dem Zeltplatz Jönköping eine deutsche Wagenburg, um das Spiel der Niederlande gegen Uruguay zu schauen.
Gestern gegen Ende des Matches landeten zwei erschöpfte schwedische Angler mit ihrem monströsen Motorboot neben unserem Lagerplatz. Vom ewigen FifaRund, das die Welt bedeutet keine Spur.
Und die Rasenmäher, die Herr Irgendlink im Titel verspricht?
Ach die … ähm, vorhin, in den wenigen Häuschen am See liefen sie alle gleichzeitig. Klipper Gråsmatten, wie der Schwede sagt. Im Kreuzfeuer der Rasenmäher.
Bild: Blick aus dem Zelt gegen 9 Uhr morgens.

North by North by North …

Stetes Hintergrundrauschen der Straße – das graue Band, das niemals endet. Wir haben den 57. Breitengrad erreicht. Sonne rollt in den wenigen Nachtstunden unterm Horizont, so dass der Himmel im Norden eine Ewigkeit rotorange leuchtet und morgens so um drei schon wieder sich rötet. Auf der E4, der Fernstraße nach Norden immer wieder schwer beladene Kombi, rad schleift im Radkasten, Kofferraum pallettenweise voller Dosengetränke (oben immer eine Schicht Cola). Die Distnzen auf den Hinweisschildern lesen sich selbst für deutsche Augen wie ein Who is who der entferntesten Städte der Welt.
Gestern das weit entfernte Ziel Nordkap erstmal aus dem Hirn geXt. Das erleichtert das Leben im Moment.
Foto: erster Elchkontakt vor einem „Sweden-Shop“ etwa 100 km südlich von Jönköping am Vätterensee.

DreiUhr19 – Dämmerung

Nord, Nord, immer nur nordwärts. Ich verspreche D. den Elbtunnel und einen Blick auf den Hafen, aber es kommt anders. Um die Mittagszeit saußen wir auf der A1 an Hamurg vorbei. Nichts als grün. Wo ist die Stadt? Gobt es sie gar nicht? „Die Hamburg-Lüge“, titele ich insgeheim in einem nicht geschriebenen Blogeintrag. Hamburg ist das Bielefeld des Nordens. Eine Phantomstadt.
14 Uhr: Puttgarden. Wie ein Haifischmaul öffnet sich der Bug der Fähre. Stunde Fahrt – Dänemark. Stopover beim Geocache „Magleby Kirke“, gelbes Kleinod südlich von Kopenhagen. Dann die Øresundbrücke, bombastisches Bauwerk. Nun im Naturreservat Jäavallen, ein kiefernbewaldeter, sandiger Streifen nördlich von Malmö. Die Dämmerung dauert in diesen Breiten länger. Um 3 Uhr 19 ist es schon hell genug zum Lesen.
Bild: friedliche Magleby-Kirche, die so aussieht, als endete dahinter die Welt.

Northeim.West

Schon fast Mitternacht. Halsüberkopf habe ich gegen 19 Uhr das einsame Gehöft verlassen. Zusammen mit D. und per Auto Richtung Norden. Nun liegen wir unterm Sternenhimmel nur 800 m von der A7 entfernt. Gutes Rübenfeld hier. Laue Nacht. Nutellabrot. Aufgedreht schreibe ich diese Zeilen. Gerne wäre ich bis Putgarden durchgefahren. So ruhig wie heutabend habe ich die A-namenlos seit 10 Jahren nicht erlebt. Selbst Frankfurt nahezu ausgestorben. Erstmals den fast fertigen Flughafenbahnhof gesehen. Sieht aus wie ein Ozeandampfer, wenn man von Westen darauf zu fährt.
Habe ich mit Gibraltar seit ca. 1990 eine Rechnung offen und das Ziel nie erreicht, so ist die Rechnung mit dem Nordkap seit 1988 offen, seit ich mit Freund I. bis nach Narvik geradelt bin, scheiterte, umkehrte, es 1995 zusammen mit Freund QQlka bis nach Alta schaffte, scheiterte und umkehrte. Nun ein neuer Anlauf. Die Geliebte D. durfte vorhin auf der Autobahn erleben, wie verbissen ich bin. Nur noch 19 Stunden bis Østersund. Das ist mitten in Schweden. Soll schön sein, wenn ich dem älteren Ehepaar glauben darf, das ich 1988 in Mo i Rana traf, und das mir von seiner Heimatstadt vorschwärmte. Bilder: ewiger Birnbaum vorm einsamen Gehöft und Autobahn bei Kirchheimbolanden.