Im schmutzigen Stollen des immer verfügbar Seins

Ich erinnere einen recht strengen Donnerstag vor anderthalb Wochen – ach was, an eine ganze strenge Woche vor anderthalb Wochen. Dienstags schon diktierte ich: Du musst Nein sagen. Und ich sagte Nein. Hie und da, nicht überall, so dass ich stundenweise Ruhe freischaufeln konnte im schmutzigen Stollen des immer verfügbar Seins. Dennoch war die Gangart ein bisschen zu hart. Anders lässt sich nicht erklären, dass ich mit dem Auto an der Haltestelle vorbei fuhr, an der meine Mutter darauf wartete, dass ich sie und ihren kleinen Rollkoffer einlud.

Sie hatten sechs wunderbare Tage im Norden verbracht. Sie und der Koffer und ein paar Freundinnen und noch ein paar andere Menschen aus der Gegend. Mit Besuch auf Rügen, Fahrt mit der Dampflok nach Kühlungsborn. Ruhe, Ausflüge, Einzelzimmer, Buffet. Jedenfalls sehe ich im Augenwinkel die Mutter, die Haltestelle und ein paar andere Menschen mit Rollkoffern vorbeiziehen, wie in Zeitlupe. Vierspurige Straße, ich muss links rüber und erst einmal einen knappen Kilometer fahren, um zu wenden. Dann endlich.

Dann sitzen wir im Auto. Die Mama sprudelt vor Freude und erzählt die Reise, während ich denke, haste nicht was vergessen, Herr Irgendlink?

Maske. Verflixt. Vierspurige Straße, wie erwähnt. Schwierig anzuhalten. Schwierig, die Maske aus der Tasche zu kramen. Der Verkehr erfordert alle Konzentration. Die Mutter sprudelt euphorisch. Jedes Zischwort versetzt mir einen Schrecken. Na ja, wird schon schief gehen.

Tat es auch. Zwei Tage später, 17 Uhr. Zack. Wie ein Schalter bin ich ausgeknockt. Schaffe es gerade noch, vom Supermarkt (ich trug Maske) mit ein paar Lebensmitteln nach Hause zu Frau SoSo. Zack. Bett. Erst sechzig Stunden später stehe ich wieder auf. Derweil an der Mamafront, wir telefonierten: Covid. Zum Glück lag ihre Impfung nicht so lange zurück wie meine, steckte sie es recht gut weg.

Die Zugfahrt zu Frau SoSo, tags zuvor lief bestens ohne Verspätungen. Ich hatte ein unbemasktes Oktoberfest an Bord. Dirndeln und unbeschwerte Lederhosentypen an Bord auf dem Weg zum letzten Cannstatter Wasen Wochenende. Daran muss ich denken. Wenn ich ebenso unbemaskt mit ihnen das Abteil geteilt hätte, wer weiß, was ich angerichtet hätte?

Mittwochs geht es ein bisschen besser. Frau SoSo hakt sich ein in die Virenträgereinheitsfront. Ich schlafe ein mit einer unheimlichen Akzeptanz: Man sagt, es könne passieren, dass man mit Covid einschläft und nachts das Herz stehen bleibt. Das stelle ich mir gar nicht übel vor. Ich habe keine Bedürfnisse (außer Nichtstun und Schlaf). Ich denke keine Zukunft. Ich will nichts erreichen. Noch nicht einmal die Kurzgeschichte will ich fertig schreiben, die ich am 3. Oktober begonnen hatte. Ein feiner leerer Zustand. Ja, doch, ein nächtlicher Herzstillstand wäre der Jackpot. Mit einem Rutsch wäre die ganze verflixte Außenwelt mit all ihren Krisen weg, ich müsste mich nicht mehr sorgen oder grämen, hätte kein Halsweh noch Husten.

Zack und weg. Das wäre fein. Auch wenn mir sonnenklar ist, dass es nicht geschieht. Nicht jetzt. Nicht mir. Die Künstlerin C. kam auf diese Weise vor sechs Jahren ums Leben. Legte sich wie gewohnt ins Bett und wachte nicht mehr auf. Ich neide diese Art zu gehen. Insgeheim.

Was haben wir heute für einen Tag? Dienstag. Sonne. Mir geht es besser. Frau SoSo auch. Sie hustet zwar noch, aber sie hat die Sache allgemein ‚besser‘ vertragen als ich. Schwer zu sagen, wie sich das in anderen Körpern anfühlt.

Außer, dass ich schnell ermüde, geht es mir blendend. Und gegen das Ermüden habe ich ja ein wunderbares Rezept: Schlaf.

Vorgestern hatte ich dem Finanzamt geschrieben, dass die Steuererklärung erst Ende Januar kommt. Paar Termingeschäfte des Menschseins gibt es ja leider. Die Bewerbung für eine wichtige Weihnachtsausstellung in Frankreich konnte ich nicht fristgerecht abgeben. Das wird ein harter Winter ohne Geld, fürchte ich. Ich sehe mich auch nicht in der Lage, das Weihnachtsgeschäft im Shop zu bewältigen. Egal. Geld wird überbewertet.

Nuja. Genug Kleinholz gibt es auch nicht.

Falls jemand in der geneigten Leserinnenschaft ein Häuschen an der Costa Blanca hat, das ab Januar bewacht werden muss … ich könnte die Zitronen ernten.

Ich bin Euch noch etwas schuldig, liebe Kommentatorinnen und Kommentatoren

Danke! Tausend Dank für Eure Rückmeldungen der letzten Tage und Wochen, die ich nicht beantwortet habe.

Gelesen jedoch schon. Mich gefreut wie verrückt oder nachdenklich geworden. Je nach Kommentar. Hab auch Antworten dazu gedacht. Sie nicht geschrieben, leider.

Ich pfeife – wie wohl wir alle – aus dem letzten Loch (äußere Situation). Gründe muss ich nicht nennen. Ist so.

Was ich sagen möchte: Eure Kommentare bleiben nie ungelesen, ungehört, unwahrgenommen. Sie berühren mich. Geben mir Kraft. Ich weiß, dass ihr da seid, ob zufällig reingestolpert in dieses Blog oder absichtlich immer da.

Ich bin so froh, dass es Euch gibt.

Ähm, und achja, die Geschichte vom Pilger, der in Pirmasens in einer Sackgasse endet, die ich im vorigen Artikel angekündigt hatte, die hab ich heute doch nicht geschrieben. Ich pfeife ja aus dem letzten Loch … hey, das wäre doch ein cooler Blogartikel: Pfeifen aus dem letzten Loch der feinen Künste :-).

Werde die Kurzgeschichte nachliefern, ich Prokrastineur am Puls der Zeit, ich.

(Hey, auch cooler Blogartikeltitel: Prokrastineur am Puls der Zeit. Speerspitze der Nichtsnutzigkeit. (Aber was weiß denn ich.))

Die Geschichte vom Pilger, der nach Pirmasens kommt und in einer Sackgasse endet

Nun überschlagen sich die Ereignisse. Früh an diesem Sonntagmorgen spinne ich an einer Kurzgeschichte und twittere so vor mich hin, treibe meine Späße, kündige die Story an.

Die Walnüsse donnern aufs Dach. Es regnet. Ich will den Tag ruhend verbringen. Das Thermometer der Künstlerbude verzeichnet 15 Grad. Ich sollte den Ofen anschüren. Bin zu faul und so kalt ist es ja nicht. 15 Grad sind in dieser Jahreszeit seit Jahren normal in der Bude.

Ich mache ein paar Notizen. Eckpunkte der Story, lege gedanklich eine Strecke an mit Szenen der Geschichte. Zwei Zigarettenautomaten und zwei Schuhläden kommen vor in der Geschichte. Ein verlassener Eisenbahntunnel. Muss nichts Populäres werden, einfach nur mal wieder etwas Anderes schreiben als einen Blogartikel.

Dazu angestachelt hatte mich Kollege Q., der gestern im Metalabor eine wunderbare Kurzgeschichte vorlas, die er geschrieben hatte. Das Metalabor ist ein jährlich stattfindendes Zusammentreffen sich den Kopf zerbrechender Menschen im Taunus. Da ist Raum für alles. Jeder bringt etwas mit, ein Video, einen Vortrag zu einem Thema, das ihm oder ihr am Herzen liegt oder eben eine Kurzgeschichte. Das Metalabor ist eine Mischung aus Thinktank und Barcamp.

Also ja, Herr Irgendlink schreibe mal wieder eine richtige Geschichte, satt dich im eigenen Blog tot zu laufen. Das Problem: Ich will Geld für die Geschichte.

Vielleicht erst einmal die Walnüsse zusammen raffen? Schließlich lebt man nicht vom Geschichte verkaufen alleine. Mein zweites Standbein soll werden: Ich steige ins Ölgeschäft ein. Die Nüsse jage ich durch die alles zermatschende Ölpresse, die ich mir kürzlich zugelegt habe. Walnussöl bringt einen guten Preis habe ich gehört.

Es regnet nicht so sehr. Gerade genug, dass die Nüsse schwer werden und aus ihrem Kokon fallen und aufs Dach prasseln und auf den Boden. Ich strippe die Regenjacke über, die langarmigen Gummihandschuhe und die Gummistiefel. Wie ein Schlachter sehe ich aus. Ich nehme einen Korb und watschele im Ententanz unter den Nussbäumen auf dem einsamen Gehöft. Was für eine Schlammschlacht. Fast verliere ich die Lust. Aber nicht, bevor der Korb voll ist. Drei Äpfel gehen auch ins Körbchen. Derweil, also während des Akts des Nussraffens läuft in einem Hintergrundprozess meines Hirns die geplante Geschichte. Du kannst das, ermutige ich mich. Es ist nur noch Arbeit. Geh endlich ran, bin ich versucht, mich anzutreiben. Aber nuja, ist ja Sonntag. Ich will ruhen. Ich will Geld UND ruhen? Achwas, ich will nur endlich die Geschichte aus meinem Kopf kriegen. Vom Pilger, der nach Pirmasens wandert und an den Zigarettenautomaten vorbei kommt durch den Tunnel, vorbei am Bettler an einer Ecke zur Sackgasse, wo er beinahe in Hundescheiße tritt.

Ziemlich nass kehre ich an den Arbeitsplatz zurück. Immer noch 15 Grad. Erst einmal einen Kaffee. Da es draußen auch nicht viel weniger als 15 Grad hat, setze ich mich auf die zweitunterste Stufe der Treppe zur Künstlerbude und starre in den Garten. Viel Grün. Ein Gartenzwerg aus Beton. Ein zugeklappter Sonnenschirm. Ein Avokadobaum im Topf. Überall liegen Nüsse. Am wohnungsnächsten Baum, der sich über Schirm, Avokado und Betonzwerg spannt, habe ich noch keine Nüsse gesammelt. Es ist eine Pracht. Das hölzerne Gold.

Nippe am Kaffee und dann überschlagen sich die Ereignisse, wie eingangs dieses Artikels erwähnt. Nicht etwa so, dass es Ereignisse gibt, deren Auswirkungen man sehen könnte, sie überschlagen sich in meinem Kopf. Die Geschichte soll perfekt werden, verlagsfähig. Lektoriert, korrigiert, kaufbar und von allen gewollt.

Ich setze mir ein Ziel für den Tag. Bis abends will ich die Kurzgeschichte im Kasten haben. Als grobe Skizze. Später, wenn alle Kommafehler raus sind und das Ding eine gute Form hat, kommt es, für sagen wir mal 99 Cent in den Irgendlink-Shop als Epub und PDF.

Rasant, rasant, Herr Irgendlink. Die Kaffeetasse ist leer. Ich habe Hunger. Es ist schon Mittag. Noch neun Stunden, um mein Ziel zu erreichen. Fast ist es wie pilgern im eigenen Kopf, denke ich.

Zurück in der Wohnung schreibe ich einen Tweet.

Erstrebenswert ist ein Leben mit weniger Geld und weniger Zeit. Nicht quantitativ, sondern die ökonomischen Machtinstrumente Zeit und Geld betreffend.

Das ist schon ein bisschen verquer. Die Machtposition, die Zeit und Geld auf mich ausüben, indem ich beides nutzen muss, entmutigt mich oft. Beides sind Konventionen, denen man sich unterwirft. Man begibt sich in Korsetts aus Zeit und Geld. Nutzt sie als Tauschmittel mit den Anderen auf dem Planeten … okay, ich könnte mich darauf einlassen, okay, ich lasse mich ja auch darauf ein.

Wenn der Tausch wenigstens fair wäre.

„Ich will auch was abhaben.“

Ich mag den Spruch. Exkursion zu einer Aarebrücke, nahe Olten, unter der ich 2016 durch radelte. Jemand hatte an den Beton gesprayt: „Ich will auch etwas abhaben.“ Das fand ich süß. Kindlich. Es machte etwas mit mir. Alle wollen etwas abhaben. Muss nicht viel sein. Es klang wie ein zartes, seid doch nett zu mir, ich brauche gar nicht viel. Ich stilisierte den Menschen, der das geschrieben hatte im Laufe der Jahre zum Helden, zur Heldin. Ein unterschwelliges Votum auf Bedingungslosigkeit, fand ich.

Exkurs zur Aarebrücke  bei Seite, Herr Irgendlink. Word! Du hast die Geschichte auf Twitter angekündigt. Jetzt musst du liefern.

Also ran an den PC, bring es zu Ende. Werden doch nur vier fünf A4 Seiten. Die verkaufste dann 100.000 Mal und zack, haste was ab und weil du ja mit Geld nichts anfangen kannst, haben alle deine Freundinnen und Freunde auch gleich was ab.

Da steht sie nun, diese Zahl. Die Maximalforderung. Macht mich unruhig. Ich streife eine zweite Jacke über, eine zweite Hose, dicke Socken.

Maximalforderungen allüberall. Im Hinterstübchen habe ich ein Vermarktungskonzept, ich ökonomisches Genie, ich Kunstbübchen. Die Sache muss viral gehen. Das bin ich, das sind wir alle der Geschichte schuldig. Ich verkaufe sie gratis, nötige alle, die ich kenne, die Geschichte zu rezensieren et voilà. Die naive Kunstbübchenmethode der Vermarktung. Ha!

Hunger im Bauch. Außer Kaffee gab es ja noch nichts heute. Drüben in der Küche steht ein Joghurt. Liegt eine frisch geknackte Walnuss. So ausgemergelt kann ich doch nicht damit beginnen, das Meisterwerk vom Pilger zu schreiben.

Erst einmal warmbloggen. Mache diesen Blogartikel auf, hacke rein was geht. Vieles, was sich an in meinem Innern sich überschlagenden Ereignissen angesammelt und was ich in diesem Blogartikel erwähnen wollte, habe ich vergessen. Egal. Das Wenige zählt.

Das wurde mir gestern im Metalabor klar. Der eigene Perfektionsanspruch steht mir oft im Weg, überhaupt anzufangen.

Verhindert dieser Blogeintrag nun die eigentlich angedachte Geschichte? Ich glaube nicht. Ich bin nur hungrig. Werde etwas kochen. Der Tag ist noch lang. Kochen, ruhen, Geschichte schreiben, so mache ich das jetzt.

Kein exponentielles Radeldemowachstum

Kariertes Handtuch auf dem Boden vorm Holzofen. Krümel, trockener Dreck, Holzstückchen. Rings um den Ofen Ofenbedarf. Eine Holzheizung bringt unweigerlich Chaos und Schmutz in die Bude. 23 Grad. Sitze im T-Shirt am PC. Morgens zerbrach ich mir den Kopf, wie ich die chaotische Datenstruktur auf dem PC verbessern kann, insbesondere das Bildarchiv, das sich auf den Kern und zwei externe Platten verteilt. Ich finde nichts. Die Unzahl der Bilder macht mir Angst. Habe das Gefühl, alles läuft aus dem Ruder. Nicht nur datentechnisch.

Die ganze Welt läuft aus dem Ruder. Das aus dem Ruder Laufen verwirrt mich. Es ist ebenso befremdlich, wie normal, ein nichts tun könnender Beobachter sein zu müssen. Ich frage mich, wie es den Menschen geht, die noch schutzloser als ich dastehen, diejenigen mit Fernehen und Radio. Ich kann das Geprassel von Draußen weitgehend abwehren, indem ich mich dazu zwinge, keine Nachrichten an mich zu lassen. Aber diejenigen, die täglich Zeitung lesen und Nachrichten schauen? Ich bin das Mastschweinchen, das zeitlebens nur mit Rosmarin und anderen Kräutern gefüttert wird, schießt es mir in den Sinn. Ich schmecke anders. Ich sehe die Welt anders. Ach Quatsch! Es sind nicht die Kräutlein, die du frisst, die deinen Geschmack ausmachen.

Morgens überlege ich an einer Strategie, die Daten auf dem PC zu ordnen und vor allem, die beiden externen Platten loszuwerden. Sie fressen nur unnötig Strom. Sagt Freund B. Ich treffe ihn um 13 Uhr auf dem Herzogplatz, dem Treffpunkt für die Menschen der Stadt, um ins Nachbarstädtchen zu radeln, wo eine Kiddical Mass Demo stattfindet. B. äußert Bedenken, dass ich nicht so glücklich bin, so erlebe er mich. Verirrt wie ein Dateisystem. Vermutlich hat er recht. Wir sind die beiden einzigen, die zur Sternfahrt aufbrechen. Zwölf Kilometer und eine Stunde Zeit bis zur Demo. Düstrer Himmel. Es wird Regen geben. Unterwegs holt uns ein Nachzügler ein, L., so sind wir schon zu Dritt. Ich sage, wenn es so geht wie mit dem Reiskorn auf dem Schachbrett und wir verdoppeln unsere Zahl jeden Kilometer, dann wird es eine große Demo. L. sagt, wir haben uns nur veranderthalbfacht. B. erwähnt eine Quizfrage, wie oft man ein Papier falten könne. So radeln wir ins Herbstgrau der Blieswiesen. L. bleibt zurück, hat einen Kettenschaden, kehrt um. Also doch kein exponentielles Radeldemowachstum.

Die Demo, zwanzig Teilnehmerinnen und Teilnehmer, ein Kind, immerhin. Zwischen zwei Blaulicht-Fahrzeugen radeln wir los durch die Stadt. Organisatorin U. mit Anhänger und Lautsprecherboxen, aus denen Radellieder tönen. Unheimlich laut. Ich stopfe Tempotaschentücher in die Ohren. Dann bricht der Regen los. Nicht etwa der übliche, noch fahrbare Landniesel wie man ihn hierzulande kennt, sondern echter, gemeiner Platzregen. Zack. Alle nass. Aber Riesenspaß hat es gemacht.

Die Weiterfahrt zu Journalist F., den ich anschließend im Pflegeheim besuchen wollte, etwa zwanzig Kilometer, spare ich mir. In den Schuhen steht das Wasser, freue mich, dass ich bergauf radeln kann. Das gibt warm. Daheim angekommen nackig ausziehen, abtrocknen, Ofen anzünden, Klamotten aufhängen. Ich bin müde. Das karierte Handtuch kommt wie ein Teppich vor dem Ofen zu liegen. Eine Ecke eingefaltet wie bei einem Papierflieger. Ich frage mich, wie oft man ein Handtuch falten kann.

Später am PC gerate ich beim Aufräumen an meine Zweibrücken-Andorra-Texte aus dem Jahr 2020. Die Tour, die niemals stattfand, suche unveröffentlichte Texte. Ich erinnere mich, dass ich das Buch nie zu Ende geschrieben habe, grabe in den über hundert Entwürfen und Privatbeiträgen dieses Blogs, korrigiere einen, veröffentliche ihn, korrigiere noch einen, veröffentliche ihn, stelle andere korrigiert privat usw. Arbeit, mein Junge, Arbeit. Es ist nur noch Arbeit, die du tun musst. Fleiß und Dranbleiben und nicht Verzweifeln. Wird schon, Junge, versuche ich mich zu beschwichtigen, aber da ist mir längst klar, dass ich schon so viele Baustellen unvollendet zurückgelassen habe, dass die Lebenszeit gar nicht mehr reicht, um alles bis aufs Feinste auszuarbeiten.

Trotzdem. Es ist wie Radfahren. Jede Krubelumdrehung zählt. Dranbleiben.

Heute korrigierte bisher unveröffentlichte Artikel:

Von Verirrungen, Ideen und ’nicht meinen‘ Gegenständen

https://irgendlink.de/2022/09/25/erinnerungen-an-ein-silvester-in-den-1970ern/ (privat)

https://irgendlink.de/2022/09/25/ideenkonglomerat/ (privat)