Laaangweilig! #flussnoten #ibcoco

Was habe ich geflucht, dabei wusste ich doch genau, dass der Radweg schnurgerade an einem Kanal aus Straßburg hinaus führt, zwanzig, dreißig, vielleicht vierzig Kilometer weit. Laaangweilig stöhnte ich wieder und wieder und begab mich für einige Stunden auf Forschungsreise im eigenen Seelengewebe. Wenn man genau in sich hört, kann man die Kräfte hören, die während des Haderns mit Unabänderlichkeiten in einem malmen und wirken. Wie ein Reiben von Knochen auf Knochen, schmerzhaft, unsichtbar, unheimlich, die Umstände da draußen passen dir nicht, dein Hirn schaltet in den Hadermodus und versetzt den armen, unschuldigen Körper in eine sklavische Situation, in der er mit seinen beschränkten Mitteln tunlichst machen soll, dass das aufhört. Das unheimlich flache Land. Der schmale Kanal, der sich immerhin nach einigen zig Kilometern in ein renaturierndes Etwas verwandelt, das nicht mehr schiffbar ist, das sich selbst überlassen wurde, in dem Vögel dümpeln, Wasserratten, allerlei Getier, gesäumt wird das unnatürliche Rinnsal, das vor hunderten von Jahren als Wasserstraße gegraben wurde, von dichtem Auwald. Insekten allüberall, bunte Libellen, eigentlich ein Wunderland, das durchaus sehr schön ist, aber dein Hirn klammert sich an dem Begriff Laaangweilig fest und es erklärt das Außen als Nichtachtenswert, als unbedingt so schnell wie möglich zu durchqueren, damit die Einheit, Körper Geist bald wieder in „schöneren“ Gefielden wandeln kann. Und so trittst du rein und gibst alles. Der Radweg ist durchweg geteert. Nur ab und zu wird er für einige hundert Meter etwas unbequem, weil Wurzeln sich dicht unter dem Teer voranbohren und eine Art Wellblechpiste verursachen. Die Vorhut von Bautrupps hat die Wurzelwellen mit neongelbem Spray markiert, was aussieht wie Kunst. Platanen manchmal, mit solllchem Durchmesser. Und Angler. Hun-der-te. Die Elsässer kennen mehr Ausprägungen von Anglern, als die Eskimos Worte für Schnee haben: Angler mit Baskenmütze, Angler mit Camouflage-Anzügen, mit Schirm, Bierbauch, Pfeife, Gauloise Caporal, Zopf, rotnasige Angler, weintrinkende Angler, welche mit Pastis, im Illkanal gekühlt, Angler ohne Oberkleidung … an solchen Sachen ergötzt sich das Hirn und vergisst manchmal, den armen Körper anzutreiben. Die Oberschenkel schmerzen. Sie sind müde. Immer wenn die Laaangeweile durchdringt, wird das Kräftepaar, los, voran, weiter weiter weiter und der Schmerz, der aus dem Unvermögen, es geht nunmal nicht schneller rührt, unerträglich. Dann sucht sich das Auge Anhaltspunkte. Die Beschilderung wurde ausgebaut am Radweg, seit ich ihn 2014 radelte. Es gibt nun Hinweisschilder auf die Orte abseits. Der Kanal führt nie direkt durch ein Dorf. Auch gibt es mittlerweile Tafeln, auf denen man Hinweise auf Sehenswertes, Übernachtungsmöglichkeiten und Infrastruktur findet. Es geht voran. Aber immer noch dieses verflixte Marckolsheim! Schon 2014 fiel es mir auf. Zuerst ein Schild, auf dem steht, es sei 26,5 Kilometer entfernt, ein paar Kilometer weiter eines, auf dem 29 Kilometer steht, dann 30, irgendwann kommt dann eine Serie von Schildern, auf denen der Ort 4 Kilometer entfernt ist. Als ob es die Hinweisschilder im Zehnerpack billiger gab und ein findiger Radwegebaubeamter sich sagte, hey, da sparen wir dem Steuerzahler Geld. Die schwimmenden Siedlungen des Elsass. Marckolsheim eines der großen Mysterien unserer Zeit.Schließlich erreiche ich es dann doch, dieses Marckolsheim. Der Kanalradweg endet dort. Bzw. er biegt nach Westen ab hinauf in die Vogesen bis nach Colmar. Ich will aber nach Süden. Entweder radele ich durch die Dörfer nach Neuf-Brisach … das Hirn warnt, das war laaangweilig, damals 2014, okay okay, so schuftet sich der Körper also fünf Kilometer weit auf der Hauptstraße bis zur Schleuse bei Sasbach, rüber nach Deutschland, weiter am Rhein. Eine gute Wahl! Es läuft besser. Die Kräfte im Innern haben sich geeinigt, wirken nicht mehr gegeneinander. Es geht mir besser, im ruhigen Einklang drifte ich auf einem Kiesradweg am Rheindamm.

Der zweite Reisetag. Zwischen Breisach und Neuenburg findet sich ein feines Lagerplätzchen unter uralten Eichen. Die Autobahn rauscht auf der einen Seite und jenseits des Altrheinarms hört man die Rheinschiffe brummen.

Laaangweilig! #flussnoten #ibcoco

Was habe ich geflucht, dabei wusste ich doch genau, dass der Radweg schnurgerade an einem Kanal aus Straßburg hinaus führt, zwanzig, dreißig, vielleicht vierzig Kilometer weit. Laaangweilig stöhnte ich wieder und wieder und begab mich für einige Stunden auf Forschungsreise im eigenen Seelengewebe. Wenn man genau in sich hört, kann man die Kräfte hören, die während des Haderns mit Unabänderlichkeiten in einem malmen und wirken. Wie ein Reiben von Knochen auf Knochen, schmerzhaft, unsichtbar, unheimlich, die Umstände da draußen passen dir nicht, dein Hirn schaltet in den Hadermodus und versetzt den armen, unschuldigen Körper in eine sklavische Situation, in der er mit seinen beschränkten Mitteln tunlichst machen soll, dass das aufhört. Das unheimlich flache Land. Der schmale Kanal, der sich immerhin nach einigen zig Kilometern in ein renaturierndes Etwas verwandelt, das nicht mehr schiffbar ist, das sich selbst überlassen wurde, in dem Vögel dümpeln, Wasserratten, allerlei Getier, gesäumt wird das unnatürliche Rinnsal, das vor hunderten von Jahren als Wasserstraße gegraben wurde, von dichtem Auwald. Insekten allüberall, bunte Libellen, eigentlich ein Wunderland, das durchaus sehr schön ist, aber dein Hirn klammert sich an dem Begriff Laaangweilig fest und es erklärt das Außen als Nichtachtenswert, als unbedingt so schnell wie möglich zu durchqueren, damit die Einheit, Körper Geist bald wieder in „schöneren“ Gefielden wandeln kann. Und so trittst du rein und gibst alles. Der Radweg ist durchweg geteert. Nur ab und zu wird er für einige hundert Meter etwas unbequem, weil Wurzeln sich dicht unter dem Teer voranbohren und eine Art Wellblechpiste verursachen. Die Vorhut von Bautrupps hat die Wurzelwellen mit neongelbem Spray markiert, was aussieht wie Kunst. Platanen manchmal, mit solllchem Durchmesser. Und Angler. Hun-der-te. Die Elsässer kennen mehr Ausprägungen von Anglern, als die Eskimos Worte für Schnee haben: Angler mit Baskenmütze, Angler mit Camouflage-Anzügen, mit Schirm, Bierbauch, Pfeife, Gauloise Caporal, Zopf, rotnasige Angler, weintrinkende Angler, welche mit Pastis, im Illkanal gekühlt, Angler ohne Oberkleidung … an solchen Sachen ergötzt sich das Hirn und vergisst manchmal, den armen Körper anzutreiben. Die Oberschenkel schmerzen. Sie sind müde. Immer wenn die Laaangeweile durchdringt, wird das Kräftepaar, los, voran, weiter weiter weiter und der Schmerz, der aus dem Unvermögen, es geht nunmal nicht schneller rührt, unerträglich. Dann sucht sich das Auge Anhaltspunkte. Die Beschilderung wurde ausgebaut am Radweg, seit ich ihn 2014 radelte. Es gibt nun Hinweisschilder auf die Orte abseits. Der Kanal führt nie direkt durch ein Dorf. Auch gibt es mittlerweile Tafeln, auf denen man Hinweise auf Sehenswertes, Übernachtungsmöglichkeiten und Infrastruktur findet. Es geht voran. Aber immer noch dieses verflixte Marckolsheim! Schon 2014 fiel es mir auf. Zuerst ein Schild, auf dem steht, es sei 26,5 Kilometer entfernt, ein paar Kilometer weiter eines, auf dem 29 Kilometer steht, dann 30, irgendwann kommt dann eine Serie von Schildern, auf denen der Ort 4 Kilometer entfernt ist. Als ob es die Hinweisschilder im Zehnerpack billiger gab und ein findiger Radwegebaubeamter sich sagte, hey, da sparen wir dem Steuerzahler Geld. Die schwimmenden Siedlungen des Elsass. Marckolsheim eines der großen Mysterien unserer Zeit.Schließlich erreiche ich es dann doch, dieses Marckolsheim. Der Kanalradweg endet dort. Bzw. er biegt nach Westen ab hinauf in die Vogesen bis nach Colmar. Ich will aber nach Süden. Entweder radele ich durch die Dörfer nach Neuf-Brisach … das Hirn warnt, das war laaangweilig, damals 2014, okay okay, so schuftet sich der Körper also fünf Kilometer weit auf der Hauptstraße bis zur Schleuse bei Sasbach, rüber nach Deutschland, weiter am Rhein. Eine gute Wahl! Es läuft besser. Die Kräfte im Innern haben sich geeinigt, wirken nicht mehr gegeneinander. Es geht mir besser, im ruhigen Einklang drifte ich auf einem Kiesradweg am Rheindamm.

Der zweite Reisetag. Zwischen Breisach und Neuenburg findet sich ein feines Lagerplätzchen unter uralten Eichen. Die Autobahn rauscht auf der einen Seite und jenseits des Altrheinarms hört man die Rheinschiffe brummen.

Eine neue Straßenkarte für dein Leben, Herr Irgendlink? #IBCOCO

Beim Lesen meiner alten Roadmap diese Woche wurden mir zwei Dinge klar: erstens, ich merke gar nicht, in welchem Ausmaß mein künstlerisches und literarisches Schaffen voranschreitet. Einige zeitaufwendige Projekte konnte ich in den letzten drei Jahren realisieren. Im Liveblog radelte ich ans Nordkap und nach Gibraltar. Done. Ich stelle fest, ES GEHT MICH. Sozusagen. Und zweitens: weitermachen. Deshalb habe ich die drei Jahre alte Roadmap aus der Navigation genommen und eine neue, ungefähre Skizze mit Projekten und Büchern, die mir am Herzen liegen, geschrieben.

Eine grobe zeitliche Überschlagung ergibt fünfzig Monate Arbeit, wenn ich alles, was in der Roadmap gelistet ist realisieren will. Ich muss mir also überlegen, wie ich strukturiert weiterarbeiten kann.

Cover der vorläufigen Heiko Moorlander Biografie - verlassener Truck auf Erdhügel im siebziger Jahre Stil, bläulich gelb verwaschene Farbtöne.
Cover der vorläufigen Heiko Moorlander Biografie

Viele Fäden sind im Spiel. Ich werde sie weiterspinnen. Vorab und zum Wochenschluss lädt gerade eine Preview der Biografie von Heiko Moorlander auf den Server. 32 Seiten nur, aber immerhin ein Anfang. Zum Download des Expeditionen ins Erdreich eBooks.

Wie geht es nun weiter mit dem irgendlinkschen Kunst- und Schreibkomplex? Wie bisher, aber strukturierter und mit erhöhter Absicht, von Kunst und vom Schreiben leben zu können.

Übrigens, einen Punkt auf der Roadmap werde ich schon ab nächstem Wochenende in Angriff nehmen. Gemeinsam mit Sofasophia werde ich den Rhein hinabwandern.

Wir bloggen live und Ihr kommt mit, wenn ihr mögt. Flussnoten.de