Auf ins Birrfeld

Das Wasserschloss, so heißt die Gegend im Aargau, in der drei Flüsse zusammenfließen. Innerhalb weniger Kilometer münden Reuss und Limmat in die Aare. Die Landschaft ist hügelig, bergig, würde man zu Hause in der Pfalz sagen, durchzogen von den Flusstälern, die oft weitläufig sind, sich manchmal auch eng schnüren und es kaum Platz gibt im Tal für Siedlungen und Landwirtschaft. In Brugg hat die Aare eine Engstelle, rauscht zwischen kaum fünfzig Meter voneinander entfernten Felswänden hindurch. Die Gegend ist dicht besiedelt. Feine Wohnsiedlungen, durchdrungen von alten Bauernhöfen, garniert mit ein bisschen Militär. Flusspioniere üben den Pontonbrückenbau. Auf jedem Felsen thront eine Burg. Wildegg, Lenzburg, Habsburg. Und es gibt auch flache, weite Gegenden, wie etwa das Birrfeld, das sich nach Süden erstreckt. Die Fotos sind während einer Fahrradtour entstanden, die wir nach dem Zufallsprinzip organisiert hatten. Soso blätterte so lange in einem 360 Seiten dicken Buch, bis ich Stopp sagte, Seite 191, das war die Gradzahl unseres gestrigen Tagesziels. Dann steckte ich blind den Finger ins Buch und landete auf zwei Worten mit sieben Buchstaben. Unsere Entfernung. Im Navi projizierten wir den Punkt von den Heimkoordinaten aus: sieben Kilometer in Richtung Süden. Das Zufallsspiel machen wir immer dann, wenn wir keine Idee haben, wohin unser Ausflug führt. Wobei Spiel ein bisschen wenig ist. Da wir die Touren dokumentieren, sind sie auch stets konzeptuelle Kunstaktionen. Am jetzigen Morgen erwache ich grübelnd, dass man als Künstler nie Feierabend hat. Das können sich normale Menschen gar nicht vorstellen, glaube ich. Als Künstler gaukelt einem permanent eine Idee im Kopf, sammelt man Bausteine für Großes, das sich anderen Augen verbirgt. Tag und Nacht, samstags und sonntags, das Künstlerhirn steht niemals still. Man arbeitet ununterbrochen auf dem Hochseil der Sinnfindung – ohne jegliche Sicherheiten. Aber vielleicht ist es auch nur ein ganz banales Prinzip, man treibt eine Maschine, die einen treibt, die man treibt, die einen … und so weiter und so fort.
Auch Soso berichtet von Tagestour 13-06-08

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Col Art mit Marc Kuhn und Rossana Durán

Ab 21. Juni gastieren der Schweizer Maler Marc Kuhn und die mexikanische Malerin Rossana Durán in der Zweibrücker Prisma-Galerie. Neben einer Ausstellung von Kunstwerken aus fünfundvierzig Jahren Col-Art, bei denen international mehrere Hundert Künstlerinnen und Künstler mitgewirkt haben, wird es am Wochenende, den 22. und 23. Juni 2013 (jeweils 10-18 Uhr) eine Malaktion in den Atelierräumen geben, zu der sowohl Laien als auch Profis, herzlich eingeladen sind.

Vernissage der Col-Art-Ausstellung ist am Freitag, 21. Juni 2013 um 19 Uhr in der Galerie Prisma, Lammstraße 6, Zweibrücken.

Mehr Infos zur Ausstellung gibt es auf der Homepage der Zweibrücker Künstlergruppe Prisma

Col Art Einladungskarte Prismakunst 2013
Col Art Einladungskarte Prismakunst 2013

Wilde Wasser

Jüngst von einem Stauwehr in die Aare geblickt. Das Hochwasser hat hierzulande zwar auch gewütet, war aber bei Weitem nicht so verheerend, wie in Deutschland.

Neunercollage Aare-Wasser Draufsicht

Schönwetterdepression

Das Wort muss notiert werden. Schönwetterdepression ist, wenn immer Schlechtwetter ist, und es vom einen auf den anderen Tag schön wird. Der Mensch kommt mit diesen Extremen nicht zu Recht. Ein Meteolag (abgeleitet von Jetlag).

Mittlerweile hat man sich an das „normale“ Wetter wieder gewöhnt. Zum Glück. Es bremst leider die Arbeitswut am Jakobswegbuch. Gestern während meines Livetrackingexperiments, spüre ich einen Hauch Defaitismus. Wozu soll ich ein Buch, dessen Handlung im Winter spielt, im Sommer herausbringen? Es wird nicht klappen, diese Woche das Schriftstück zu vollenden.

Erst, wenn ich die Arbeit am Alten und die Arbeit am Neuen (neue Liveblogideen, Pläne für neue Reisen versus das Aufarbeiten der Jakobsweglivereise und des Ums Meer Liveblogs) als Einheit betrachte, macht das alles einen Sinn. Innovation geht Hand in Hand mit dem Zementieren des Fundaments. Bin ich der verrückte Innenarchitekt im zehntausendstöckigen Hochhaus der prozessorientierten Literatur? Während unten noch am Rohbau gearbeitet wird, tapeziere ich schon die Wände meines Wohnzimmers?

Einge Minuten stehen Soso und ich auf dem NOK-Wehr an der Aaare und beäugen die Wassermassen und ich versuche ihr dieses tiefe innere Bild zu vermitteln, das sich mir aufdrängt, wenn der ruhige Fluss über die Kante stürzt, zwei drei Meter tiefer sich in ein wirbelndes, chaotisches Etwas verwandelt. Ein wuchtiger, entwurzelter Baum treibt in den Massen – eben, noch vor der Kante, war seine Bahn berechenbar. Mit konstanter Geschwindigkeit liegt er im ruhigen Fluss, aber ab dem Übergang, verschwindet er in einem sprudelnden Gemisch aus Wasser und Luft. Minutenlang beobachten wir, wie er gefangen in dem Wirbel, sich ab und zu aufbäumt, hin und her geschleudert wird, und es will und will ihm nicht gelingen, das Ende der Turbulenzen zu erreichen und weiter zu treiben im Strom. Soso hatte mich vor einigen Tagen gefragt, wie fühlt sich das an, über den bevorstehenden Tod eines geliebten Menschen zu sinnieren? – für eine Szene in ihrem neuen Buch, wollte sie das wissen – es ist, als ob dir von einer Sekunde auf die andere alle Kraft aus dem Körper gesaugt wird und von dir nichts mehr übrig bleibt, als ein armseliges, atmendes Etwas ohne jedes Ziel und jede Richtung, sagte ich. Dann radelte ich an den überfluteten Flüssen entlang und mit jedem Stauwehr und jedem Wirbel, der nach ruhiger, glatter Wasserfläche folgte, manifestierte sich das Bild von der Vorstellung vom Tod des lieben Menschen in genau diesem Prinzip.

Ich schweife ab. Noch immer müsste die Geschichte des Rheins neu geschrieben werden. Aber heute geht es erst einmal raus in die Natur, schließlich habe ich neben all diesen Überlegungen Urlaub.

Künstler in Bewegung ohne Wurst

Nachts kann ich die Finger nicht von Squawk! lassen, einem Live-Tracking-System, welches den „Künstler in Bewegung“ in Bewegung zeigt. Wenn man dem Link folgt, und einen X-beliebigen Namen eingibt, um auf die Karte zu schauen, sollte man Mösjö Irgendlink, moi même, in den nächsten zwei Stunden als Pfeil auf der Karte wandern sehen. In Echtzeit. Zur Zeit sitze ich auf einer schattigen Bank an einem Bächlein außerhalb von Lenzburg. Ziel ist der Hallwiler See, wo ich, nachdem ich einkaufen war, eine Wurst und Brot essen will. Die Füße ins Wasser.
Wenn schon in Echtzeit beobachtet werden können, dann auch so viel Privatsphäre wie Wurstessen … ne, im Ernst, es geht mir darum, unter Preisgabe aller Privatsphäre, zu testen, ob es funktioniert, live verfolgt werden zu können. Ein Selbstversuch. Hatte ich bisher immer geglaubt, ich operiere am offenen Herzen der Literatur, indem ich Bloggen, Twittern, Facebooken bis an die Grenze ausreize, komme ich jetzt zur wahnhaften Vorstellung, ich BIN das offene Herz der Literatur. Hier der Link zur Livekarte:
Nachtrag: der Link ist jetzt unterbrochen. Tourexperiment beendet. Ob es ein Element ist, das bei der nächsten Livereise zum Einsatz kommt, hängt davon ab, ob sich der hohe Energieverbrauch (zwei Akkupacks in sieben Stunden) managen lässt (in sieben Stunden füllt der Nabendynamo noch nichtmal einen Akku). Die Datenmenge, die das Experiment verprasste, sieben MB, stellt eine weitere Hürde dar.
http://gpskit.garafa.com/squawk/webview.php?wc=1754806633&gid=ba82370bd5

In Lenzburg
In Lenzburg (CH)