Ihr da draußen

Eigentlich wollte ich ja einen Beitrag schreiben mit dem Titel „Wo Hanf riecht, da lass dich nieder“, und das wäre so eine Art Versöhnung mit der verkorksten Welt geworden, aber ich bin müde. Da kommen einem die lieben Kommentatorinnen und Kommentatoren in den Sinn. Und Ihr seid ja so wichtig!! Deshalb eine kleine Hommage an Euch da draußen, in der Hauptstadt oder neben der Lorelei oder in Bad Geistkirch oder in der Südpfalz, eventuell auch in Melbourne, Ihr Lieben, Ihr seid natürlich ein wichtiger Bestandteil dieses Weblogs.

Exponentielle Katzenvermehrung

Jedes Kind kennt die Geschichte vom magischen Schachbrett: wenn man auf das erste Feld dieses Schachbretts ein Reiskorn legt, das sich von Feld zu Feld verdoppelt, so hat man auf dem 64ten Schachfeld gut 1,8 Phantastillionen Reiskörner liegen. Eine Menge, mit der man die gesamte Welt für immer ernähren könnte.

Nun begibt es sich, dass oberhalb des einsamen Gehöfts, wo keiner es sieht, ein solch magisches Schachbrett für Katzen zu existieren scheint. Wenn man nur eine Katze auf das erste Feld setzt, so hat man binnen Kürze 1,8 Phantastillionen Katzen, eine Menge, mit der man die gesamte Welt für immer ernähren könnte.

Seit Gestern streunt eine zweite Katze auf dem Gehöft umher. Wir befinden uns also auf Feld Nr. zwei unseres geheimnisvollen Schachbretts. Zum Glück erst da.

Der tatsächliche Hintergrund der Geschichte scheint: Urlaubszeit. Mensch will nach Süden. Wohin mit Katze, Hund und Wellensittich? Antwort: Hund auf dem Autbahnrastplatz festbinden, Wellensittich in stinkenden Socken bei 95 Grad waschen (ich weiß, das ist grausam, aber so sind die lieben Mitmenschen nunmal) und Katze ab aufs magische Schachbrett.

Das Schmetterlingsdilemma

Nun stehe ich in meiner Journalistenkarriere vor der größten Herausforderung überhaupt. Ich muss über eine Kindermalaktion berichten. Klang eigentlich ziemlich interessant, als die Redakteurin mir die Veranstaltung schmackhaft gemacht hat. Wo Kinder sind ist immer etwas los. Wo Kinder sind, da kannste was lernen. Das Leben ist bunt und jung und steht in den Anfängen. Alle Türen sind offen. Die Möglichkeiten für die Kleinen sind schier unbegrenzt. Aus jedem Einzelnen könnte ein kleiner Da Vinci, eine Mona Lisa, Steuerberater oder Massenmörder werden. Viel Raum also für Phantasie.

Die Malaktion fand in einer kleinen Galerie unter Anleitung eines regionalen Künstlers statt. Still ging es zu und das Thema, dessen sich die Kinder annahmen lautete „Alles was fliegt“.

Äußerst fatal, wie sich herausstellte: bis auf zwei der 15 Jungkünstlerinnen und -künstler malten sie allesamt Schmetterlinge. Nun schreib‘ mal 100 Zeilen über 15 Kinder, die 13 Schmetterlinge, ein Huhn und einen Weißkopfseeadler malen. Etwa so: 15 Kinder malen 13 Schmetterlinge, ein Huhn und einen Weißkopfseeadler. Was für eine Schlagzeile! Die Schmetterlinge sind bunt. Der kursleitende Künstler versucht, das weißkopfseeadlermalende Kind davon zu überzeugen, dem Vogel einen roten Schnabel zu malen, aber der achjährige verbohrte Strolch wehrt sich mit Händen und Füßen. Das Mädchen vorne links malt einen grünen Hintergrund und einen Baum neben den Schmetterling. Das Mädchen neben dem Mädchen vorne links malt einen etwas helleren grünen Hintergrund, einen größeren Baum und eine Sonnenblume neben seinen Schmetterling. Das Mädchen ganz rechts malt einen blauen Hintergrund, eine Blume und ein Gartenhaus neben den Schmetterling. Die Kinder dazwischen schattieren ihren Hintergrund von Grün nach Blau und erzeugen quer über die Bank einen tollen Verlauf von Grün nach Blau. Der Galerist gibt seine erste und einzige Begegnung mit einem Weißkopfseeadler zum Besten, damals in Kanada, als er eine Gruppe Kultur- und Landschaftsbesessener an den Yukon führte.

Die Kinder sitzen und malen. Die Kinder sitzen und malen. Die Kinder …

So kann ich doch keine 100 Zeilen für die sechstgrößte deutsche Tageszeitung füllen, oder?

Nunja. Habe ja noch bis Morgen 13 Uhr Zeit, mir etwas einfallen zu lassen.

Ich kann es nicht für gut heißen, dass die Äste so wachsen wie sie wollen

Gestern mal wieder die Härten des HTML-Schuftens zu spüren bekommen. Als ich das Atelier des Malers S. betrat schwante mir nichts Gutes. Ein seltsames Lächeln lag auf seinen Lippen, ähnlich wie das Lächeln eines Kindes, das gerade einen Streich ausgeheckt hat. Zwischen großformatigen Gemälden und verbranntem Holz (der Maler S. hat eine interessante Technik entwickelt, mit schwerem Öl Gegenständen, die zur Wertlosigkeit herabgesunken sind, ein neues Antlitz zu verleihen), zwischen Ölgemälden und diesen Bruchstücken der modernen Zivilisation also standen zwei Computer. „Setz dich,“ sagte der Maler, schob mir einen Sessel heran und platzte heraus: „Ist doch nicht schlimm, wenn ich auf der Homepage ein bisschen Ordnung in die Ordner gebracht habe.“ Mir stellten sich die Haare zu Berge. Hatte der Maler nicht schon immer einen Hang zur Exzentrizität? Hat er nicht ganz gerne Sonderzeichen und Leerzeichen in den Dateinamen verwendet. ich erinnerte mich an Stunden der Muse, sagen wir besser der Qual, in denen ich damit beschäftigt war, seine Dateinamen in HTML-konforme Zeichenketten zu verwandeln. Und an die Telefonate und E-Mails, in denen ich ihm eindringlich ans Herz gelegt hatte, doch bitte keine Äs und Ös und scharfe Esse und Fragezeichen und Ausrufezeichen, Dollars und kaufmännische Unds in den Dateinamen zu verwenden. All meine Arbeit hatte er zu Nichte  gemacht. Mehr noch: um sich selbst im Dateisystem seiner Homepage zurecht zu finden, hatte er es für gut befunden sowohl den Bilder-, als auch den Dokumente-Ordner aufzusplitten und alle Dateien in verschiedene Verzeichnisse zu verpacken. „Nich so gut …?“ konstatierte er zweifelnd, als er meine säuerliche Miene bemerkte. „Nein, gar nicht gut,“ sagte ich; mit einer ausladenden Handbewegeung veruschte ich ihm anschaulich zu erklären: „Eine Homepage ist ein in sich geschlossenes Paket, bestehend aus vielen hundert Links, die alle voneinander abhängen. Wenn du nur einen Namen änderst oder etwas verschiebst, gerät alles aus den Fugen.“

Es war wie der Dreißigjährige Krieg auf engstem Raum. Hier ein nieder gebranntes Dorf aus Stylesheets, dort eine geschändete HTML-Datei, Raub und Mord im Vorlagen-Verzeichnis. Die pure Anarchie. Bits und Bytes waren außer Rand und Band, das System, selbst für einen wie mich, kaum noch zu kontrollieren.

Für einen Moment überlegte ich, das Backup einzuspielen und alles auf den letzten Stand zu bringen, aber des Malers unschuldiger Blick und seine offensichtliche Hilflosigkeit, lehrten mich anders:

Ist es nicht so, bei uns Menschen, dass jeder seine eigene Sicht der Welt und der Dinge hat und dass jeder sich seine Ordnung zurecht gebastelt hat, sein Lebenskonstrukt, in dem er sich prima zurcht findet, auch wenn Außenstehende noch so vehement behaupten, was ist das für ein Chaos, was ist das für ein Saustall, in dem du lebst!

Genausogut ließe sich das Beispiel, vor dem ich nun saß, S.s Homepage auch als Küche oder Wohnzimmer vorstellen. In meiner Küche finde ich mich prima zurecht, jedoch nicht in der irgendeines anderen Menschen. In meinem Leben fühle ich mich pudelwohl, aber nicht in dem Leben meines Nächsten. Das gilt für Dich und Dich und Dich und sogar für Dich, der Du dies gerade liest.

Wenn zwei den gleichen Gegenstand betrachten haben sie nur eines gemeinsam: sie betrachten den gleichen Gegenstand. Aber in ihren Köpfen entstehen, wenn auch oft nur wenig verschieden, ganz andere Bilder. So kommt es zu unterschiedlichen Sichten und Einstellungen, zu mehr Parteien, mehr Stimmen, mehr Weltanschauungen und Ideen.

Also hörte ich erstmal zu, was Maler S. mir erklärte und beschloss sodann, über meinen puristischen Schatten zu springen, und zu versuchen, sämtliche Links der mehrere 100 Dateien umfassenden Homepage anzupassen und das Ganze in ein für ihn verstehbares Konstrukt zu verwandeln. Das heißt: die meiste Zeit arbeitete Maler S. und ich saß nur daneben, gab Tipps, sagte, wo er was zu finden habe und wie er es mit dem WYSIWIG-Editor seiner Wahl in ein wohl geformtes Homepage-Konstrukt verwandeln könne.

Auf dem Rückweg durch die verregnete Nordpfalz dachte ich an Lappland, wohl weil die Wolken so tief hingen und sich nördlich und südlich in Form von Nebelschwaden am Donnersberg vorbei schoben. Dies ist ein Sommer nach meinem Geschmack, dachte ich, und: Jungejunge, du solltest dich nicht aufregen, über diese Winzigkeiten unterschiedlicher menschlicher Sichtweisen; letztenendes sind die Dinge doch nur groß in uns selbst, aber unter diesen Wolken da draußen wirkt es unbedeutend; hey, was ist der Mensch anderes, als ein Tier mit leicht erhöhtem IQ. All das dachte ich und später spazierte ich auf dem einsamen Gehöft durchs nasse Gras, betrachtete die Tomatenstöcke und wie sich die Äste der Obstbäume unter der Last der Früchte bogen, da fand ich die Welt in Ordnung, auch wenn ich es nicht für gut heißen konnte, dass die Äste einfach wuchsen, wie sie wollten …

Sieben Burgen Tour

Aufstieg zur Ruine Löwenstein Ruine Wasigenstein Ruine Blumenstein

Ich komme gerade mit meiner Arbeit nicht voran.

Also ein paar Bilder von der Wanderung neulich. Mit dem neuen Lightbox-Javaskript zur Diaschau arrangiert.

Die Sieben Burgen Tour ist ein Geocache im Pfälzer Wald, bei dem es gilt, auf den sieben Burgen Hinweise zu finden, die einen schließlich zu einem finalen Versteck führen mit Logbuch, in das man sich eintragen kann.

Das waren nun 32 km auf verschlungenen Pfaden, 1300 Höhenmeter insgesamt, und eine Übernachtung in den Verließen der unheimlichen Fröhnsburg.

Wie die Bilder zeigen, war es am ersten Tag schön, am zweiten nicht.

Die Arbeit lasse ich nun liegen und gehe ins Bett. Ist ja schon nach Zwölf.

Morgen schon wieder verreisen, aber eher dienstlich. Das wird nix mit Sommerferien.