Die Künstler, die ich rief

Ein Kunstler macht „muh“, viele Künstler machen Mühe.

Gemeiniglich verzieht man die Mundwinkel oder zuckt mit den Schultern, wenn ich den Spruch bringe. Manche lächeln aus purer Höflichkeit. Noch nie hat jemand diesen Satz verstanden, oder gar ganzen Herzens darüber gelacht.
Heute war es mal wieder soweit. Hängung der nächsten Ausstellungsrunde in den Galerieräumen der Künstlergruppe, die mich vor über einem Jahr adoptiert hat. Ausstellungsaufbau ist mir nicht nur ein Greuel, sondern extrem harte Arbeit. Zudem wartete Kulturredakeurin D. seit frühmorgens sehnsüchtig auf ein Foto der Ausstellung, das sie im Vorab-Artikel verwenden kann. Elf Uhr früh hängt noch kein einziges Bild. Mutterseelenallein bin ich. Da hat es keinen Sinn, die zwei mal drei Meter großen Bilder alleine zu hängen zu versuchen. Das geht einfach nicht. Zwei müssen die losen Leinwände halten, einer schaut, wie es wirkt und der Vierte nagelt – ich weiß, das ist frech – die Dinger fest.
Später sind plötzlich vier fünf Künstler da, aber Monsieur steht trotzdem oft genug alleine da. Die einen räumen Dinge von A nach B, jemand kocht Kaffee, der einzige Hammer ist plötzlich weg, die Leiter wird andernorts gebraucht, kurzum, selbst wenn drei Leute zufällig bereit sind, ein Bild zu hängen, fehlt immer noch ein Vierter, ein Hammer und die Leiter.
Redakteurin D. wartet ungeduldig auf das Pressefoto.
Gestern Abend noch schwadroniere ich großmäulig mit Soso, ich hab wieder Lust auc Ausstellung und man könnte dies machen und jenes – die Treffen mit den OllegInnen beflügeln einen immer so schön. Aber nun, ernüchtert dirch die Ausstellungsaufbaumühle gedreht, ist mein Bedarf an Kuratieren erst Mal gedeckt.
Zudem warten draußen in der „echten“ Welt interessante Fotomotive, die unbedingt auf den CMOS Chip gebannt werden wollen.
Heiko Moorlander: „The Absence of Doing“ (Mudart without Mud), 2013, Zweibrücken

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Und in der echten Kunst ab Morgen bei Prisma Col-Art Bild Teneriffa 2010:

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Runter zum Rhein

Seltsam in Waldshut zu tiengen
Einsam steht jeder Baum und Strauch …

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Die Geschichte des Rheins muss neu geschrieben werden. In Leibstadt beim Kernkraftwerk stehe ich neben der Staumauer, tippe diese Zeilen, das Hochwasser geht zurück. Eine sechzig Kilometer-Runde von Brugg aus gestartet. Das Bild ist an der Aare aufgenommen, die bei Koblenz (Schweiz) in den Rhein mündet. Aber die Geschichte des Rheins muss ja neu, später, wenn ich wieder daheim bin.

Inkassofotografie

Wie der Herr Irgendlink zum Inkassofotografen wider Willen wurde, quasi die Mutter zum Kind der modernen Geldeintreiberei.
Und das ganz ohne Messer, Muskeln, gegelte Haare, Sonnenbrillen und Verbrecherakzent.
Nur noch rote Farbe im Haus für ein Kunstwerk, das an diesem Wochenende auf dem örtlichen Straßentheaterfest gezeigt werden soll. Die Lackdose aus dem letzten Jahrtausend ist so verklebt, dass ich den Deckel mit einer Beißzange aufreißen muss. Die millimeterdicke Lackhaut, die auf der stinkenden Brühe liegt, ziehe ich ebenfalls mit der Zange ab. Lasse das Ensemble achtlos in der Sonne liegen.
Mittwochs besucht mich mein alter Freund Leb. Natürlich beflügelt das Gebilde, das in der Abenddämmerung ziemlich gruslig aussieht, die Phantasie.
Er hat die zündende Idee, dass man ein Foto davon machen könnte. Yet another unverkaufbares Kunstwerk, denke ich schon, da regt Leb an, es als Begleitmotiv für Mahnungen zu nutzen. Einfach die freundliche Zahlungsaufforderung zusammen mit einem „Schmuckfoto“ und den Rest erledigt die Phantasie des Kunden.
Dies ist also die Geburtsstunde der Inkassofotografie.

Inkassofoto by Igendlink Zange und Farbklecks