Verloren im App Djungel

Wenig Blogarbeit leistet er, der Herr Irgendlink. Stattdessen muss er sich mit einem hochmodernen Phänomen auseinandersetzen: Appsucht. Der krankhafte Umgang mit den kleinen Programmen, die es für’s Smartphone gibt. Dass die Sucht auch ihre Vorteile hat, zeigt folgende, englische Irgendlink-Seite: http://idogma.com. Dass der werte Herr Junkie käuflich ist, kann man hier sehen auf http://www.whitewall.de/irgendlink. Und dass er es immer noch gerne umsonst macht, dafür steht http://iphoneart.com/iRgendlink.

Insbesondere die White Wall möchte ich denjenigen ans Herz legen, die schon immer mal den hungerleidenden Protagonisten dieses Blogs unterstützen wollten :-) – es gibt wöchentlich neue Bilder zu unschlagbarer Qualität – davon habe ich mich selbst überzeugt. Und zu einem sehr ansprechenden Preis.

Auf-auf-juchhei

Letzten Freitag. Mitten im Wald auf dem Nachhauseweg rufe ich Redakteurin D. an und propagiere: „Isch mach Dir korrekt Livereise für Deine Zeitung, weissssdu, habisch im Winter erfunden aufem Jakobsweg.“ Numal langsam mit den jungen Pferden, spricht die Redakteurin, sie sei neuen Ideen gegenüber stets aufgeschlossen, ich möge das Projekt doch mal skizzieren. Sei ja genug Zeit, das Wochenende über.

Wochenende. Der Sonntag geht drauf, den Ärger über die Verlegung eines Datenkabels zu verwinden. Aus bauesoterischer Sicht bin ich nunmal ganz und gar kein circulativer Charakter. Deshalb tue ich mich schwer damit, raumübergreifende Elemente, wie Kabel oder Wasserleitungen zu konstruieren. Meine Welt endet samstags an der nächsten, unüberwindlichen Mauer. Sonntagnachmittag gastiert Blogkollege Soulsnatcher. Ein so-soll-es-sein Tag am Lagerfeuer.

Montags fällt es mir wie Schuppen von den Augen: dereinst wirst du ein alter krummer Mann sein, der in einem sonnigen April froh ist, den Winter überlebt zu haben. Gebückt und geschrumpft wirst du einen dörflichen Marktplatz überqueren, dich auf deinen Stock stützen, in den milchig blauen Himmel schauen, vielleicht führst du deinen Enkel bei der Hand. Im Augenwinkel entdeckst du junge Männer auf dem Weg zur Arbeit, die sich Sorgen machen über diesen armen, alten, krummen Kerl, der unter Schmerzen zum Arzt keucht, vielleicht.

Dienstag. Schreibe hundert mal: „Bei diesem schönen Wetter macht es überhaupt keinen Sinn zu arbeiten.“ Abends schwänze ich die Ausstellungseröffnung von Malerkollegin B. Dienstags um 18:30 sollte während Vernissagen kein Schönwetter sein und überhaupt wäre es gut, wenn es dunkel wäre während einer Ausstellungseröffnung und nicht so viel geredet würde und es ordentlich Kanapees zu essen gäbe.

Mittwoch. Jetzt. Ich muss was tun. Sollte um 11 Uhr losgeradelt sein, rüber in die Tackerbude. Aber zunächst sollen ein paar Neuigkeiten raus. Auf Englisch radebreche ich den Dual Apps Loop, eine Methode zur Verbesserung von Smartphone Fotos, die natürlich streng nach den iDogma Regeln funktioniert. Und dies hier packe ich noch oben drauf.

Der Redakteurin schulde ich noch immer eine Projektbeschreibung.

Jetzt. Auf-auf geht’s zur Lohnarbeit, juchhei.

Ungehörte Kettensäge im Duett mit multiple bird tweets

Eine Lichtung im Wald. Genauer: MEINE Lichtung im Wald. Seit über zwei Stunden auf dem Weg zur Arbeit. Zunächst im Netz surfend nach iPhoneart Galerien, nun radelnd. In meinem Tal der guten Ideen überschlagen sich die Ereignisse. Ständig muss ich zudem stoppen, gute Lichtverhtnisse. Obwohl ich die Strecke beinahe täglich radele, biezet sich hinter jeder Biegung Neues. Wenn man einmal den Blick fürs Detail ges härft hat, wird einem nie mehr langweilig. Kettensäge im Wald auf ca. 8 Uhr. Zwölfuhrglocke noch eine gute Stunde entfernt. Dieses Mal gelingen mir ein paar Zeilen. Obschon ich unruhig bin, weil man mich in der Tackerwerkstatt vermutlich seit spätestens 9 Uhr erwartet. „Entwickele den Mut, zu versagen. Dich zu versagen“, fabuliere ich, als ich den steilen Weg aus dem Tal der guten Ideen hinauf ackere. Speichel vorm Mund. Zwei Joggerinnen kommen mir entgegen. Wennich ein normaler Mensch wäre, wäre das Gefühl, zu spät zur Arbeit zu kommen, unerträglich. Alles würde ich daran setzen, die durch Verschlafen und Trödeln und Unlust und Frust und Langeweile verlorene Zeit aufzuholen. Mit 100 Sachen würde ich mein altes, müde gewordenes Auto antreiben, über die Höhenstraße, parallel zum Tal der guten Ideen und schließlich in dem Dorf namens Käshofen runter in ebendieses Tal – es würde auf horroreske Weise zur Schlucht des Vergessens und auf der anderen Seite, hier oben bei der Lichtung würde ich gegenüber meines Sitzplatzes vorbei rasen, in der Hoffnung, dass nicht ein anderer eiliger Mensch, der das Versagen nicht erträgt, die Kurven schneidet und wir uns frontal vernichten. Zwei Massen aus Stahl und Blut und Knochensplittern.
Wenn ich es rechtzeitig zur Arbeit geschafft hätte, würde ich jetzt nicht hier sitzen und diese Zeilen in die iPhone Tasten hacken. Ungehörte Kettensäge im Duett mit multiple bird tweets.

iDogma Postcard 17

Einige Bildexperimente. iDogma Fotos.
Kunst aus dem iPhone. Demnächst auch in meiner White Wall Galerie bestellbar.
Stonehenge gibt’s als iDogma Postkarte #17. Wer noch nicht hat, darf wollen.

„Stonehenge“ in Haguenau

Tiny Köniz. Nähe Bern, Schweiz.

iR. Gendlink – und wie er lernte, die See zu lieben

„Eine Lichtung im Wald.“ schreibe ich gegen Mittag. Eigentlich radele ich gerade zur Arbeit. Ich sollte mich beeilen. 12 Uhr ist angepeilt. Schließlich siegen jedoch 30 Jahre Europenner-Trainingslager über Pflichtbewusstsein. Ich lehne das Rad an einen Holzzaun, krieche unter den Latten durch und setze mich auf die Wiese. Jetzt schreibe ich einen neuen Blogeintrag. Ich habe so lange nichts geschrieben. Gerade eben auf dem fichtenrindenduftenden Waldweg hatte ich ein paar Satzfetzem im Kopf. Könnte ich ja im iPhone tippen und direkt veröffentlichen. Mit Wehmut denke ich an die Jakobswegreise, als es Gang und Gebe war, immer wieder zu stoppen, unter tropfenden Eukalyptusbäumen ein paar Zeilen zu hacken. Die Reisewelt ist eine andere Welt. Dies ist Las Vegas. Wild und unkontrollierbar. Desortiert, verschoben, verschroben, unruhig, von Sorgen zersetzt wie sarkoidiotisches Lungengewebe.
Kaum habe ich mich ins warme, dürre Gras gesetzt, kommen Gedanken wie Störfrequenzen und die wohl geformten Sätze, die ich noch vor wenigen Metern im Sinn hatte, sind weg. Im Dorf namens Sanddorf schlägt die Turmuhr Zwölf. Zeit in bester Dominanz. Entmutigt packe ich das iPhone aus und tippe den Titel dieses Blogartikels. Dann, als ich auf das winzige, weiße Eingabefeld starre, in dem der eigentliche Text entstehen soll, will mir nichts einfallen außer einer lakonischen Bemerkung: „Du bist nicht unterwegs. Lass es.“ Als spräche das Schicksal, stürzt die App ab und der Titel ist weg. Ein deutliches Zeichen, denke ich. Ich sattele das Rad und strebe weiter der Arbeit entgegen. Am Waldrand pausiert ein Bofrost- Mann. Das ist insofern bemerkenswert, als mir sonst nie Bofrost Autos begegnen. Immer nur sehe ich deren Konkurrenz, die Eismänner. Auf dem Heimweg sollen mir noch weitere Bofrostautos begegnen. Wirklich ungewöhnlich. Wenn mein Leben ein Horrorfilm wäre, dann wäre diese Häufung unheimlich zombiehafter Kühlkostlieferanten ein tragendes Element in dem Film. Eiskalt liefe es den Zuschauern über die Rücken.
Auf der Arbeit bin ich dermaßen montagsungeschickt, dass ich schon nach drei Stunden den Heimweg antrete, um größeren Schaden abzuwenden. Solche Tage. Es gibt ohnehin nichts zu tun, außer Möbel zu reparieren.
Die unheimlichen Bofrostautos. Einsetzende Müdigkeit. Im Nordwesten ahnt man den Wetterumschwung. Ich fahre bis zur Lichtung, nehme ich mir vor, und dann schreibe ich den Artikel vom Morgen. Irgendwas mit der Nordsee wollte ich schreiben, oder? Und dass ich wieder da raus muss, kämpfen, Liveliteratur schaffen, Meilensteine der Kunst neu einmessen. Ich denke über die nahe Zukunft nach und verpasse die Lichtung, auf der ich in aller Ruhe den Artikel über die Nordseeradeltour schreiben wollte. Stattdessen sinniere ich über eine Passage in einem Krimi von Linus Reichlin, in der es um den Unterschied zwischen Zukunft und Vergangenheit geht. Vom Hundertsen ins Tausendste komme ich, rein gedanklich, auf dem 10 km langen Heimweg. In einem Dorf namens Kirrberg kaufe ich Brot und schlafe einen Kilometer außerhalb ein in der Sonne auf einer Holzbank in einer blühemden Obstwiese.
So eine Art Waldung im Licht.