Was macht eigentlich der Knopf Kreativmodus an meinem Burgherrenkit Irgendlink?
Er schaltet die Einheit auf zufällige Wiedergabe. Entweder werden Sie verstört die Ergebnisse beobachten, oder vor Entzücken in die Luft springen.
Aus meiner Bewerbung zum Burgenblogger – Bedienungsanleitung für eine Ritterburg
Oder anders gesagt: wenn man dem Künstler nicht sagt, was er tun soll, dann macht er was er will. Treibt Schabernack. Lässt die Ideen sprudeln. So entstehen grotesk-phantastische Ideen auf dem weiten Feld zwischen Dada und Karikatur, zwischen Ironie und bissigem Humor.
Natürlich spielen die Reize, die die Umwelt auf einen ausüben eine große Rolle. Zum Beispiel das Bild, das die Rheinzeitung in ihrer Ausschreibung zur Burgenbloggerei verwendet hat. Es zeigt Burg Sooneck, auf der der Burgenblogger dereinst residieren und arbeiten soll, mit einem riesigen hineinmontierten Pfeil, der auf den Burgturm zeigt. Schon von Anfang an hat mich dieser Pfeil gestört. Er will und will nicht in das romantische Bild einer Ritterburg über dem Mittelrhein passen. Kann mal jemand den doofen Pfeil vor meinem Burgfenster wegnehmen, war einer meiner ersten Gedanken. Schrei’s laut hinaus. Als ob man, wenn man auf Burg Sooneck einzieht, immer diesen Pfeil vor den Augen hätte. Ha.
Kurzerhand habe ich das Bild aus dem Netz kopiert und durch Halftone auf dem Smartphone genudelt und einen Cartoon gebastelt, auf dem aus dem Burgturm eine Stimme in die Sprechblase schreit, Kann mal jemand den doofen Pfeil vor meinem Burgfenster wegnehmen.
So weit so gut. Der nächste Schritt wäre gewesen, auf den Teilenknopf zu drücken und das Bild zu Facebook, Google und Twitter zu portieren, aber halt halt halt, gibt’s da nicht noch so etwas wie ein Urheberrecht? Und, verflixt, wer hat überhaupt das Bild gemacht? Ist das ein Stockfoto? Ist es gemeinfrei? Darf ich es verwenden? Schnell mal nachschauen. Ach und tatsächlich, unter dem Bild steht ein Name: Ulrich Pfeuffer. Google fragen. Es gibt ja so viele Pfeuffers. Welche mit drei F. Und Ulrichs. Welche mit zwei L. Auch diesen Ulrich Pfeuffer gibt es. Fotograf in Koblenz. Mittelrhein. Könnte passen. Klasse Seite. Besonders gut gefallen mir seine Ostsee-Bilder in der Rubrik Unterwegs. Sie sind so schön still. So unprätentiös. Ein Augenschmaus.
Impressum gibt es auch auf der Seite, also Mail an Ulrich, mal nachfragen, wie er die Sache sieht. QQlka, mein Galerist meint zwar, oooch, das kannste verwenden, ist doch künstlerische Freiheit, Paragraf fünf oder so, wird doch keiner etwas dagegen haben. Aber das ist mir in Anbetracht des Wespennests Burgenbloggerei ein bisschen zu heikel. Und außerdem ist es höflich, zu fragen. Vielleicht lernt man ja nette Leute kennen?
Herr Pfeuffer hat noch nicht geantwortet. Vielleicht findet er diese Art Humor doof. So doof wie ich den Pfeil. Deshalb steht an dieser Stelle nicht das Cartoon-Bild, sondern … muss ich mir noch überlegen, wird sich ja in Irgendlinks Archiven irgendwas finden lassen, das man zurechtbiegen kann, dass es in den Artikel passt.
Schnitt.
Nachts erwache ich mit dem phantastischen Gedanken, ich könnte mein Alterego, den MudArt Künstler Heiko Moorlander zum Burgenblogger bewerben. Der hat sowieso viel mehr Charisma als ich. Und Geld wie Heu. Der könnte ein revolutionäres Projekt ausrufen, das das Mittelrheintal auf einen Schlag weltberühmt macht. Ein Dorado für Taucher und MudArtisten soll es werden. Der Rhein in Schlammen war geboren, in Anlehnung an die jährlich stattfindende Veranstaltung Rhein in Flammen.
Okay, es ist sicher keine gute Idee, sich als Burgenblogger zu bewerben mit einem Projekt, das das Rheintal ab Koblenz unter Wasser setzt und zweihunderttausend Menschen umsiedeln will. Aber revolutionäre Kunstideen fordern nunmal ihren Preis.
Vielleicht wäre es besser, wir würden die Staumauer im Binger Loch machen, sagt QQlka. Wir sitzen auf der Südterrasse des einsamen Gehöfts und lassen die Ideen sprießen. Man könnte das Tal trocken legen und eine 65 Kilometer lange Shoppingmall daraus machen. Ein Paradies für die kaufkräftige junge Mittelschicht. Dach drüber. Shops in den Felsen meiseln, fast wie Andorra. Gute Idee, sage ich. Die ist von dir, sagt QQlka. Von uns, beschwichtige ich. Ideen sind immer das Zusammenspiel vieler. Ideen sind produktiv gewordene Kommunikation.
Ab hier wird es vielleicht ein bisschen philosophisch in diesem Satireartikel, aber der Beweis, wie der Zusammenschluss von Ideen funktionieren kann, liegt ja ungeschminkt vor uns. Die Burgenbloggerkampagne nimmt ihren Lauf durch die sozialen Medien. Die vielen Bewerberinnen und Bewerber inspirieren sich gegenseitig, beflügeln einander. Eigentlich ist das virtualisierte Mittelrheintal durch die Kampagne ein fruchtbarer Acker geworden, auf dem theoretisch wir alle, die wir darüber schreiben, denken, hoffen, mitfiebern, wer denn nun der einzige Burgenblogger, die einzige Burgenbloggerin wird, prima leben können.
Auch ich habe viel gelernt. Die wenigen Profijournalistinnen (ja, tatsächlich konnte ich nur Frauen finden, die vom Fach sind und das Zeug hätten zur Burgenbloggerin), haben mich mächtig inspiriert und mir mit ihren offen gelegten Bewerbungen die Dinge klar gemacht, die ich zwar ahnte, aber die ich bisher nicht so im Fokus hatte. Durch die offene Darstellung unserer Bewerbungen und Ideen, haben wir uns gegenseitig weiter gebracht. Das war nicht nur ein kollektives Hose runterlassen. Das war gemeinsames Schaffen an einer großen Sache. Für den Kunststraßenbau und die nächsten Projekte konnte ich vor allem eins mitnehmen: höchste Blogdisziplin und tiefe Einblicke in die Promotion von Projekten. Ich werde es auf den nächsten Livereiseprojekten gut gebrauchen können.
In knapp zwei Tagen endet die Bewerbungsfrist für den Posten auf der Burg. Ich bin gespannt, wieviele sich beworben haben und wie es weiter geht.
Oh, und ehe ich’s vergesse, Blogartikel will Bild. Nehmen wir doch diese kleine Karikatur zu den Mitteln der Burgenblogger: Herzblut und Ideen: