Vorhin hab ich irgendwas gefaselt von wegen: „endlich wieder ruhig schlafen können.“ Das war bei Journalist F. Wir hatten eine Ansammlung von Quittungen sortiert, wurden ihrer Herr, vereinten sie mittels moderner Software zu so etwas ähnlichem wie Steuererklärung.
Aber nun hocke ich hier vorm PC. Wie? Schlaflos. Weiß auch nicht warum. Das Feuer knistert. Wenn ich dieser tage die Künstlerbude für mehr als zwölf Stunden verlasse, ist sie eiskalt. Gibt ja nur den Holzofen. Und der füttert sich nicht von alleine. Das Thermometer zeigt mittlerweile 10 Grad plus. Mit zwei Pullovern und Mütze ziemlich okay. Alles eine Frage der Gewöhnung. Ein bisschen sorge ich mich um die Festplatten. Minus drei sollten sie packen. Überlege, ob ich nicht Festplattentester werden könnte. Die Künstlerbude bietet ideale Extrembedingungen.
Zurück zum Zettelkram. Der liegt fein verpackt im Aktenordner. Kann nur noch Tage dauern, bis alles schniegelfein bei den Behörden ist. Ich bin der Marathonläufer der spätkapitalistischen Körperschaftsverwaltung, oder so ähnlich. Überbringer der Botschaft: Hausse!
Spaß beiseite. Die momentane Schlaflosigkeit rührt daher, dass ich das Kunstding wohl nicht mehr los werde. Ich bin zu tief verstrickt in die eigenen verquickten Ideen und Projekte. Seit einiger Zeit denke ich darüber nach, anständig zu werden – ach was, ich unternehme ernsthafte Versuche, eine Arbeit zu finden. Festanstellung soll mein zweiter Vorname sein, Ehrbarkeit meine Adresse. Ist aber nicht einfach, nach zehn Jahren als Künstler, im normalen Leben Fuß zu fassen. Man gilt als nicht resozialisierbar.
In solchen Momenten denke ich manchmal, ob ich nicht der ideale Typ für die Straße bin. Ein Edelpenner, der der Gesellschaft entsagt. Nicht wirklich gescheitert, nicht am Ende, aber auch nicht in der Lage, dazu zu gehören. Ich habe etliche Berber getroffen, draußen unter den Bäumen Europas. Wahllos verteilt zwischen Industrie- und Neubaugebieten mahnten sie erhobenen Zeigefingers: „Achte auf deine Schuhe!“, doch das tut nichts zur Sache. Stolze Menschen, die sich eine Lebensgeschichte zurecht logen. In ihren phantastischen Träumen besaßen sie Geld und hatten es in Wirklichkeit gar nicht nötig, auf der Straße zu leben, aber …
Ja, ein Typ Edelpenner, der sich herumtreibt, das Land bereist und darüber berichtet, das würde ich gerne machen. Aber zunächst gibts noch ein paar Kunstausstellungen. Das Insolvenzverfahren der Europenner ist kompliziert.