Burgenblogger im Mittelrheintal – Bedienungsanleitung für eine Ritterburg

Raubritterburg Sooneck im UNESCO Welterbe Mittelrheintal

Burg Sooneck am Mittelrhein - Strichzeichnung
Ihr Burgen-Basiskit im Mittelrheintal (Skizze): Burg Sooneck zwischen Bingen und Bacharach.

Wir beglückwünschen Sie zum Kauf des Burgen-Basiskits Sooneck. Unser langlebiges Top-Modell, das wir im Mittelrheintal schon seit nahezu achthundert Jahren anbieten, wird Ihnen viel Freude bereiten. Bitte prüfen Sie den Inhalt auf Vollständigkeit. Das Burgenkit enthält neben der Burganlage selbst auch ein 67 Kilometer langes Stück Rheintal inklusive einer der wichtigsten europäischen Wasserstraßen, zwei Bahnlinien, zwei Bundesstraßen und ein Gefolge von etwa 200.000 Menschen, die sich dicht an dicht in den etwa dreißig Gemeinden drängen. Neben zahlreichen Niederwäldern und einer beträchtlichen Fläche Weingütern beinhaltet Ihr Burgenkit eine Fülle unentdeckter Kleinode und skurriler Begebenheiten. Um sie zu entdecken und nutzbar zu machen, empfehlen wir Ihnen unser Burgherrenkit Irgendlink (Zubehör ist nicht im Basiskit enthalten).

Zubehör Burgherrenkit Irgendlink

Mit dem Modell Irgendlink als Flaggschiff unseres Unternehmens lassen wir keine Wünsche offen. Ursprünglich als Reisekünstler-Set konzipiert, kann das Modell auch zu beliebigen anderen blogtechnischen Zwecken eingesetzt werden. Schon 2010 wurde mit dem Modell Irgendlink das wohl erste deutschsprachige Buch, das auf einem Smartphone geschrieben wurde, erzeugt. Und zwar täglich live berichtend vom Camino Frances, dem spanischen Teil des Jakobswegs. Unter dem Titel „Schon wieder ein Jakobsweg“ ist es seit 2013 als eBook und gedruckt erhältlich. Weitere live gebloggte Reisen, bei denen das Modell Irgendlink seine Tauglichkeit im täglichen Blogeinsatz unter Beweis stellte, führten fotografierend und bloggend einmal rund um die Nordsee („Ums Meer“) auf Europas längstem Fernradweg, der North Sea Cycle-Route. Hier leisteten die serienmäßig eingebauten guten Englisch-Kenntnisse in Sprache und Schrift wertvolle Dienste. Obschon das Burgherrenmodell schon im Jahr 1966 konzipiert wurde, lässt es keine Wünsche offen an die Ansprüche einer hochdigitalisierten Zeit. Sei es programmierend per PHP und Skripten auf dem eigens angeschlossenen Webserver oder gestaltend im reinen HTML- und CSS-Modus. Last but not least lassen sich verschiedene Textmodi einstellen, mit denen sie nach Belieben eine klassische Reportage erstellen oder, wenn Sie es ein bisschen verrückter mögen, auch mal fiktiv abstrakte Elemente einspielen können. Schlagworte Ihrer Wahl wie zum Beispiel Mittelrhein lassen sich auf Knopfdruck programmieren und suchmaschinenwirksam unterbringen, ohne dabei die LeserInnen zu stören. Aufgewachsen mit dem Internet und – ein Jahr vor der Anerkennung des Mittelrheintals zum Welterbe – für das Internet zugelassen, ist bei unserem Top-Modell bisher noch nie ein Fehler aufgetreten. Viele renommierte Kundinnen und Kunden waren stets zu 100 Prozent zufrieden. Unter ihnen die Rheinpfalz (www.rheinpfalz.de) und das Welterbe Salzwelten Hallstatt (http://www.salzwelten.at/de/hallstatt/bergwerk/), das 2013 eine durch Irgendlink live gebloggte Reise auf 120 Keramikfließen im Memory of Mankind (http://www.memory-of-mankind.com/) einlagern ließ.

Erst kürzlich war die Einheit drei Wochen lang per Fahrrad und zu Fuß von der pfälzischen Heimat in Zweibrücken bis zum Gotthard, dem Ursprung des Rheins, unterwegs.

FAQ

Was passiert beim Einschalten des Burgherrenkits?

Das Modell Irgendlink wird unverzüglich seine Arbeit in dem gewählten Arbeitsmodus aufnehmen. Zu Fuß und per Rad werden die Geheimnisse, Anekdoten und die Geschichte des Mittelrheins erforscht, wobei Ausflüge in die Geschichte und der nahe Kontakt zu den Menschen oberste Priorität genießen. Im Fotomodus erstellt das Modell atemberaubende Bildcollagen und Panorama-Aufnahmen.

Was macht eigentlich der Knopf Kreativmodus an meinem Burgherrenkit Irgendlink?

Er schaltet die Einheit auf zufällige Wiedergabe. Entweder werden Sie verstört die Ergebnisse beobachten, oder vor Entzücken in die Luft springen.

Welche Erfahrung hat das Modell?

https://irgendlink.de/2009/04/29/ein-hohelied-auf-die-bloggosphare/

Fachgerechte Entsorgung

Ihre Ritterburg ist zu 100 Prozent natürlich abbaubar. Sollte sie einmal kaputt gehen, lassen Sie sie einfach ein paarhundert Jahre stehen und nichts wird mehr davon übrig bleiben.

Service

Unser Service steht Ihnen wochentags zwischen 8 und 12 Uhr und zwischen 13 und 17 Uhr zur Verfügung. Per E-Mail rund um die Uhr.

Wenn Sie diese Bedienungsanleitung bis zu Ende gelesen haben, senden Sie bitte eine E-Mail an unsere Serviceabteilung.

Jürgen Rinck

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In der Rubrik Mittelrhein sammeln sich ab September 2014 alle Artikel zu dem Thema. Außerdem bietet die Rubrik eine erweiterte Linkliste auf der rechten Seite, die zu interessanten anderen Burgenbloggern führt und zu den Hintergrundinformationen.

Zweibrücken, Verdrossenheitsallee

„Runter in die Stadt“. Ich weiß nicht, wieviele Einträge mit diesem Claim markiert sind. Fast wäre es eine Rubrik wert. Die Runter-in-die-Stadt-Passagen sind grobe Situationsbeschreibungen eines hastig durch die Welt Schreitenden, der irgendetwas will. Einkaufen, Bank, Post etc.. Bestandsaufnahmen, en Passant geschrieben und gewürzt mit einer Prise Wehmut über das Dahintrudeln der Gesellschaft. Die steilste Straße der Stadt ist wie ausgestorben. Der hinaufkeuchende Typ schaut mich verduzt an, als ich ihn grüße. Grüßen ist eine Frage der Richtung, in die man sich bewegt. Und der Größe der Ortschaft, in der man sich befindet (siehe hierzu: Diesseits und jenseits des Grüezigrabens). In der Stadt grüßt man nicht, auf dem Dorf ist es hingegen üblich. Ich phantasiere über ein gravitatives Problem des Grüßens, wonach, je dichter die Bevölkerung zusammenlebt, desto unüblicher das Grüßen. Ist wie Schwarzes Loch: die Stadt schluckt jede Höflichkeit, jede Nähe und jede Herzwärme. Nach einem Treffen mit den KünstlerkollegInnen radele ich durch den Augustabend zurück, im ZickZack, Plakate und Flyer für das Kunstzwergfestival verteilend. Die Verdrossenheitsallee in der Schillerstraße ist übervölkert mit Schluckspechten, zeternden Frauen, Humden. Zwischen uralten klapprigen Fahrrädern und rostigen Kleinwagen lungern jede Menge seltsame Typen in den Feierabend. Verdrossenheitsklientel, oder nur arbeitende Schicht, die sich freitags zum Feierabendbier versammelt? Ich weiß es nicht. Wäre es ein Wochentag um halb zwei nachmittags, müsste ich die Diagnose, Gesellschaft geht vor die Hunde stellen, aber freitags um sieben sind das nur seltsame Typen, die an einem verpissten Ort im Stadtkern Bier trinken. Ich radele am Schwarzbach entlang und fabuliere ein Endzeitszenario, in dem nach und nach alle, die gerade eben noch den Fuß in der Tür der Mittelschicht hatten, abrutschen. Der Typ mit dem Golden Retriever da vorne, gassie gehend, wird schon bald seinen Job verlieren und nie wieder einen finden. Knapp fünfzig mag er sein. Nach und nach werden alle Ersparnisse verbraucht sein, das Auto kann nicht mehr repariert werden. Ein Krachen im Getriebe seiner, die wohlige Ruhe in der Mitte der Gesellschaft gewöhnten Familie. Kurzum, schon bald wird er vielleicht da hinten bei den anderen krakeelend auf eine Mäuerchen in der Verdrossenheitsallee hocken. Eine Sportlergruppe steht schwätzend, Muskeln und Sehnen dehnend auf dem – ich nenne es – Fitnessstrich an der Schwarzbachallee. Auch sie nur einige wenige Schritte vorm Abgrund? Düstere Gedanken an den Niedergang der Gesellschaft durch Ausbluten der hart arbeitenden Schicht. Die Bilder, die ich gesehen habe, könnten trügen. Vielleicht ist ja doch alles in Ordnung? Ich bilde mir das nur ein. Bin hysterisiert durch entsprechende Berichterstattung, die doch nur auf Verkauf abzielt. Verkauf von Nachrichten, Stimmungen, Meinungen. Und da macht nunmal derjenige das Geschäft, der das spektakulärste Angebot hat. Niedergang ist doch um so vieles spannender, als Aufschwung. Und somit ist Negatives auch viel besser zu verkaufen … ach hör doch auf. Du machst es doch genauso. Oder beobachtest du nur?

Bau, schlau wem – oder das Irgendlink’sche Lot-Theorem

Eben noch denke ich über einen Artikel nach „Wie man ein Weblog aufräumt, das schon zehn Jahre in Betrieb ist“, schon finde ich mich perversfrüh morgens auf einer Baustelle wieder. Kollege T. hat eingeladen, ihm beim Wohnungsrenovieren zu helfen. Insbesondere die Freunde, bei denen er sicher ist, dass sie Baumaschinen haben und diejenigen, die einen bauschlauen Eindruck machen, hat er angefragt. Moi même also. Eine Wand muss gestellt werden. Das geht nicht ohne Lot. Ein Lot ist ein schwerer Metallkegel mit Schnur dran, weiß der Bauschlaue. Wohin man es hängt, es zeigt den direkten Weg zum Erdmittelpunkt. Es ist die Wandgradgarantie persee. Das Lot war lange nicht im Einsatz. Die Schnur ist total verknotet, weshalb erst einmal ein Schlüpfen ins Gordon Knot Kostüm angesagt ist. Es ist zum Verzweifeln! Ich knote mir die Finger wund, aber die Schlinge scheint sich nur noch mehr zuzuziehen. Abschneiden nutzt auch nichts. Dann hätten wir zwar ein Lot, aber wir müssten erst einen Lotschnurladen finden, um eine neue Schnur zu kaufen. Ich merke, dass ich mit meinem chaotischen Versuch, ohne Brille auf Gutglück an den vielen Schlingen zu ziehen nicht weiterkomme. Die Analogie zum zehn Jahre alten Weblog mit zehntausenden von Artikeln kommt mir in den Sinn. Ist so ein unstrukturiertes Blog nicht eine exakte virtuelle Analogie zum Lot-Problem? Theoretisch gibt es in jedem Langzeitblog eine durchgängige, jahrelange, klare Linie, vielleicht ein paar parallele Themenstränge, die zu einem unklaren digitalen Konglomerat zusammengeknotet sind und die es mittels Aufbau einer klaren Kategorie- und Schlagwortstruktur zu ordnen gilt. Bloß: wo anfangen? Man müsste alle Artikel noch einmal lesen und sie kategorisieren. Kürzlich hatte ich dieses Problem wie folgt gelöst: ich überlasse das Problem der Nachwelt, werde stattdessen mich um die Bloggegenwart kümmern, mir eine Kategorisierungs- und Verschlagwortungsdisziplin aneignen. Aber hier am Bau mit dieser verworrenen Lotschnur? Unentwirrt hat das Lot eine Länge von höchstens fünfzig Zentimetern. Ich muss es entwirren!
Manchmal hilft es schon, in einer verworrenen Situation kühlen Kopf zu wahren, nicht grantig zu werden, sich auf eine lange Zeitspanne einzustellen, die zwischem dem liegt was ist und dem, wie man es haben möchte. So suche ich den Anfang der Schnur und gehe sie stur von Knoten zu Knoten durch, mantrisch. Wie Rosenkranzbeten. Im Blog wäre das wohl auch möglich, aber da halte ich mich lieber an die Idee, die Gegenwart zu ordnen und die alten, unverschlagworteten Artikelleichen einfach im Nirvana der Uneindeutigkeit zu wissen. Diesen Artikel sollte ich nun noch Kategorisieren und verschlagworten …

Edekakanon – Irgendlinks Vollendete

Neulich beim Einkaufen ticken zwei drei Kassen nebeneinander nahezu synchron – nur um Bruchteile versetzt piepsen die frisch gescannten Waren und am Ende trällern die Kassiererinnen den Preis: Neuneuroneunundvierzig hier bei mir. Einen Takt später höre ich an der Nachbarkasse Neuneurodreiundfünfzig. Wickiunddiestarkenmänneresque reibe ich mir die Nase und jubiliere innerlich. Ich haaabs! Eine zeitgemäße Synfonie des Konsums, ein Konzert für drei Supermarktkassen und neun Kundinnen wurde soeben komponiert. In C-Dur. Ich bin der Wolfgang Amadeus Mozart der feinen Künste, ein moderner Beethoven, der Mendelsohn Bartholdy der Scannerkasse, der – na wie hieß noch dieser Gluck mit Vornamen – des Massenkonsumzeitalters. Bach wurde von seinen Mitschülern gehändelt …

Der Kanon ist eingeteilt in drei mal drei Kunden, mit drei verschiedenen Warenkörben. Die ersten Drei kaufen für exakt Neun Euro Neunundvierzig ein, und sie müssen alle ihre Waren in der gleichen Reihenfolge aufs Band legen, ein bisschen zeitversetzt für den Kanoneffekt. Neuneuroneunundvierzig, werden die Kassiererinnen im Kanon singen und die Kunden bezahlen alle mit einem zehn Euroschein, so dass auch das Wechselgeld im Kanon gesungen werden kann: Und einundfünfzig Cent zurück. Einen schönen Abend noch. Dann kommt das nächste Tripel für Zwölf Euro Dreiundachtzig jeweils und die dritte Strophe – ich nenne sie die Wochenendsingleeinkaufsetüde – kauft Waren für je Sechsundsiebzig Euro Siebzehn.

Ich kann es kaum erwarten, dieses bahnbrechende musikalische Meisterwerk endlich aufzuführen. Könnte mir wohl jemand einen Dirigentenstab verkaufen? Wir müssen natürlich proben.

Spendet mehr Porsches

Wieder zwei Porschemodellautos an den Künstlerkollegen Ruppe Koselleck gespendet. Die Spendenquittung kam prompt per Post. Sehr schön sind die original Reifenspuren meiner beiden Porsches. Nun fehlen noch meine Nominierungen Für die #911bucketchallenge – ich nominiere die ersten drei, die diesen Artikel kommentieren :-)

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