Multiple App Games

Die Kombination verschiedener Bildbearbeitungsapps ermöglichte die folgenden Bilder. In „Multiple App Loops“ entstehen spielerisch kleine Kunstwerke. Ähnlich wie bei modernen Webseiten, die Design und Inhalt strikt trennen, wird bei diesen appspressionistischen Kreationen Design und Sinn getrennt. Dies hat den Vorteil, dass sich der Künstler spielerisch frei um die Gestaltung kümmern kann, während in einem zweiten Arbeitsschritt, meist durch die Rezipienten, der Sinn, der hinter dem Werk steckt, geliefert wird. Zum Einsatz kamen ProCamera, TinyPlanet, Diptic, PhotoWizzard, DynamicLight, Polamatic, sowie der erweiterte Icon-Zeichensatz des Smartphones.

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Warum kommt der Sinn erst nach der Erschaffung des Kunstwerks? Vermutlich ist dies eine, wenn nicht die Kernfrage schlechthin des Appspressionismus. Wir leben in einer arbeitsteiligen Gesellschaft. Wir leben in einer zunehmend unmateriellen Gesellschaft. Wir überfluten einander mit einem kaum überschaubaren Strom aus geistigen Produkten, Schöpfungen aus den Tiefen unseres Seins, das wir doch selbst nur so schwer verstehen. Wir sind ständig auf der Suche nach Sinn. Nach Lebenssinn im Großen, wie auch nach dem Sinn, der hinter einer Sache steht. Und wenn wir ihn nicht finden, fabrizieren wir ihn kurzerhand. Die Produktion von Sinn geht Hand in Hand mit der Produktion von Sinnlosem. Sobald irgendwo in der Welt ein Sinnvakuum entsteht, füllen wir es, indem wir unseren eigenen Sinn kreieren. Es entstehen Parallelsinne. Sinniversen, einander widersprechende Sinne. Und nur wer ganz mutig ist und die Leere ertragen kann, verzichtet auf Sinn.

Reisejournalismusfotoliteraturdingsda

Seit Langem liegen zwei Liveschreibprojekte in der Schublade, bei denen die Zusammenarbeit mit Printmedien nötig wäre. Am Besten mit Tageszeitungen. Wie ein Pferd, das beim Turnier verweigert, mache ich immer mal wieder einen Anlauf, bremse kurz vor dem Hindernis, werfe den inneren Dressurreiter ab. Und drehe vor den Augen des Wettvolks, seitlich schielend, schnaubend, angeschlagen meine Runde auf der Rennwiese.
„Es käme einer Operation am offenen Herzen des Journalismus gleich“, erzähle ich gestern meinem Freund Journalist F. Gestikulierend wie ein Südländer breite ich eine imaginäre Karte vor Ihm aus, beschreibe das große Nichts ohne Fix- und Angelpunkt, das vor mir liegt, wenn, ja wenn ich das Projekt endlich durchziehe.
Das größte Problem des Lifeschreibens ist, dass nichts geschrieben wird, wenn man nicht schreibt, wie auch das größte Problem des Schreibens selbst darin besteht, dass nichts geschrieben wird, wenn man nichts schreibt. Beim Lifeschreiben kommt hinzu, dass man kein Thema hat, wenn man sich nicht von der Stelle bewegt. Und ohne Thema, selbst beim besten Willen, worüber sollte man dann schreiben? Auf den Lifereisen um die Nordsee und auf dem Jakobsweg habe ich die Themen aus den Tiefen meiner Seele geholt, wenn mir nichts eingefallen ist. Aber damit kann ich einer Tageszeitung nicht kommen. Das sieht mehr nach narzistischem Künstleregotripp aus, nicht nach Berichterstattung. „Das ist das Hindernis!“ flüstert Journalist F. , „Der Versuch, die Methoden der herkömmlichen Schreibe, journalistisch, literarisch, lyrisch, egal welchen Genres, auf die Literatur, die Lyrik und den Journalismus des Internetzeitalters anzuwenden. Weißt du, wie man ein Hindernis überwindet, um mal beim Pferdebild zu bleiben?“ „Ämm? Drüberspringen?!“ „Und …? …alternativ?“ „Darum herum laufen? Aber das ist doch keine Lösung. Das will doch auf der Rennwiese des Lebens niemand sehen. Die Leute wetten nicht auf Alternativdenken. Und überhaupt, werfen wir doch jetzt Spring-, Dressur-und Rennreiten in einen Topf.“ „Exakt. So ist es nunmal im Internet. Die verschiedenen Disziplinen mischen sich zu einer neuen, verstörenden, gewöhnungsbedürftigen Gesamtdisziplin, für die es vielleicht jetzt noch wenig Freunde gibt.“
Langsam formiert sich ein abstraktes Bild des Reisejournalismusfotoliteraturdingsda. Irgendwie angesiedelt auf der Rennwiese des Lebens, angereichert mit Minimaldudenkenntnissen, dem Wissen um eine unheimliche Datenbank, die zu füttern es gilt, und mit programmiererischen Kenntnissen, garniert mit ein bisschen Mut und dem Tatendrang, blind ins Nichts vorzustoßen, in der Hoffnung, schon nach wenigen Metern mit etwas belohnt zu werden, vor dem man ehrfürchtig und dankbar auf die Knie geht.
„Aber diesen Satz,“ höre ich Jounalist F. sagen, „der da oben steht, den wirst du so nicht schreiben, oder?“ „Nein. Da gehe ich drumrum“.

Die Kelten, einigen wir uns auf die Kelten

„Fünf keltische Schwerverbrecher hat man einst kopfstehend hier beerdigt“, behaupte ich, „weiß Gott, welch abscheuliche Taten sie begangen haben und das ist ein paartausend Jahre her, jaja, das war damals so üblich, Schwerverbrecher kopfnachunten zu beerdigen, womöglich lebendig?“ Wir stehen vor dem Beet, meine Mutter, ein Freund der Familie und ich, mitten im Garten, der in voller Frühlingsblüte steht, Kartoffeln sprießen, Petersilie, Mohrrüben, Tomaten, Paprika, allmögliches Zeug wächst. Überall, nur nicht in diesem fünf Meter langen, sechzig Zentimeter breiten Stück Land. Was haben wir nicht alles versucht: Erbsen gelegt und gewartet, aber nichts keimte, nach Wochen in der Tiefe nachgeschaut, die Saat war verdorben, Salat, schon am nächsten Tag war er verschwunden, Bohnen, Rote Beete. Nichts wächst in diesem Beet. „Wenn wir Amerikaner wären, stephenkingesque Unheimlichkeitsamerikaner im Nordosten der USA, würde ich ja sagen, das Land ist verhext, es war einmal ein Indianerfriedhof … großes Unheil über alle, die es betreten oder gar bepflanzen wollen, aber hier, im friedlichen Europa?“ Wie kann das gehen, dass da nichts wächst? Die Kelten! Einigen wir uns auf die Kelten.