Ich saß auf einem Stein –

– und dachte: „Bein mit Bein?“

„Hee, wassen das fürn Stuss“, meldete sich eine innere Stimme, „wir wollten doch über den neuen Autorennamen nachdenken, Mister Irgendlink, den du annehmen wirst, wenn du für Geld Literatur unters Volk bringst. Kack Jerouac wolltest du dich nennen oder Michael Höllenbeck oder Christdith Damenfrau oder noch besser Künther Krass, weil das schon so schön nach Revolution klingt, nach Punk und Blut und Schmerz, sowie einem frühen Tod an einer Überdosis Hasch. Und du kommst nun daher mit Folter von der Wagelweide, Schafram von Weidenbach und Schwanz von Fickingen. Du bist doch kein Minnesänger.“

„Franz von Sickingen war doch gar kein Minnesänger, sondern nur ein Ritter. Vergiss doch den Autorennamen. Erstmal was schreiben. Ich finde es einfach wichtig, über Bein mit Bein zu schreiben. Da hat sich noch keiner rangewagt, auch nicht der große Calbert Anus. Bein suggeriert so schön die körperliche Unversehrtheit, nach der sich die Leute vor knapp 1000 Jahren so sehr sehnten. Die hatten doch nichts. Die hatten nur Pest, drakonische Strafen wie Nase abschneiden oder Bein abhacken. Ihren Urin kippten sie aus dem Fenster direkt auf die Straße, es gab keine Kanalisation und wo du auch hinwolltest, haben Wegelagerer oder Zöllner dich drangsaliert. Da find ich den Vogelweide gut, wie er auf seinem Stein saß und dachte: Bein mit Bein. Im Original heißt das: Ich saz ûf eime Steine und dahte Bein mit Beine. Dummerweise falsch übersetzt mit: Ich saß auf einem Steine: Da deckt‘ ich Bein mit Beine. Herrjeh, deckt ich Bein mit Beine, das gibt doch gar keinen Sinn, es sei denn, er war selbst so ein Vollstrecker, der den anderen die Beine abgehackt hat als Strafe für Ehebruch und sie auf einen Haufen geworfen hat, deckt‘ ich Bein mit Beine – ahahaa – das tägliche Schicksal eines Vollstreckers der Beinabhackstrafe für Ehebrecher? Glaubt doch niemand. Nenee, es muss heißen: Ich dachte Bein mit Bein. Daran lässt sich nichts kritteln.“

Die innere Stimme schweigt endlich.

Eigentlich saß ich auf einer Holzbank; von Süden näherte sich ein Gewitter, ich wollte das Leben besingen, Gras, Blumen, Ameisen und Bäume. Kurz zuvor hatte ich einen Ameisenhaufen mit dem Rasenmäher zerstückelt und ich dachte über das tausendfache Leid nach, das ich verursacht hatte. Allein durch den ungeschickten Einsatz einer Benzin getriebenen Höllenmaschine. Ich glaube via Auge um Auge, Buddhismus vs. Altes Testament kam ich in assoziativen Schüben auf Bein mit Bein und so ist dieser ganze Stuss hier entstanden. Jahrhunderte mussten vergehen, um diesen Text zu schreiben.

4 Antworten auf „Ich saß auf einem Stein –“

  1. Hey, Danke, das wiederum rettet meinen konfliktreichen, extrem schwierigen Tag. Brauch‘ ich jetzt echt, dass sich jemand freut.
    Und Frau Zauberhexe, die ich mal anrufe, wenn ich in der Gegend bin, Danke für die tollen Namenstipps. Dudo ist kurz und knapp und gut. Dudo Schmitt ;-)

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