Das Deckmäntelchen der Empfindungen über der Realität

Das Leben wird immer bizarrer. Die Nacht ist dominant. Ich schweife umher, teils dienstlich, teils aus purer Lust. Neulich hat mich die fünftgrößte Tageszeitung sogar nach Frankreich beordert. Gemeinsam mit Künstlerin T. durch die eiskalte Nacht gerast, um eine Kunstausstellung zu besprechen. Eine jener Nächte …. morgens hatte ich dann keine Lust aufzustehen – verständlich. Zum Glück kann ich die Artikel mittlerweile so schreiben wie Blogeinträge – zudem mit gewissem Mehrwert für die Leser. Sechs Stunden Schlaf sind hart an der Grenze. Ich wäre grundsätzlich bereit zum Winterschlaf.

Heute haben es die Katzen erstmals bis in die Wohnung geschafft. Wegen des warmen Wetters standen die Türen offen. Die eine Katze liegt nun im Schreibtisch, direkt neben mir auf den Steuererklärungen – perverses Vieh, nicht? Die andere liegt hinter dem Ofen – an der wärmsten Stelle in der Wohnung. Beide hassen einander, aber in der Wärme sind sie vereint. Sicher gäben sie gute Kapitalisten ab (Kapitalisten sind so. Wenn es ihnen von Nutzen ist, nehmen sie die Gegenwart anderer Kapitalisten in Kauf). Ich überlege, sie rauszuschmeißen – früh um sechs geht bestimmt das Gezeter los und sie verwüsten die Bude (so sind diese Katzpitalisten nunmal, das ist ihre Natur). Achwas, lass die Tierchen … ich mutiere zum Gothic, was die Stimmung betrifft, man könnte es Melancholie mit einem Schuss Gleichgültigkeit nennen.

Die Zeit, sie rinnt und die Uhr, sie tickt – tickitick-tickitick-tickitick-tick-tick.

Relativ gesehen ist ein Lebensjahr für den Zehnjährigen ein Zehntel seiner Lebenszeit. Für den Dreißigjährigen ist es ein Dreißigstel. Für den Siebzigjährigen ein Siebzigstel. Das könnte das beklommene Gefühl erklären, die Zeit vergehe schneller und schneller, je länger man lebt.

Letztenendes jedoch existiert die Welt nur im eigenen Kopf – in Deinem und Deinem und in meinem Kopf und es liegt an einem selbst, wie man sich seine Wirklichkeit zurecht denkt. Ziemlich erstaunt war ich zum Beispiel heute Nachmittag um 17 Uhr 48, als die Zeit gefühlte Lichtgeschwindigkeit erreichte, die Uhr beim nächsten Blick jedoch nur 17 Uhr 49 zeigte. Es ist beruhigend, wenn zig Jahre ins Land gegangen sind und einem an einem 20ten November eine Minute quälend lang erscheint – wie gesagt, das Meiste – nee, nicht alles, aber das Meiste – schusterst du dir im Kopf zurecht.

Du wirfst das Deckmäntelchen deiner Empfindungen über die Realität.

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