Herr Irgendlink sucht das Glück

Knochenharter Weg hinunter ins Tal, zerfurcht von schweren Traktoren. Ringsum abgeerntete Felder, ein Hochsitz in der Ferne vor dunklem Waldrand. Stille liegt über dem Land, man muss es einfach lieben.

Ich stolpere, rappele mich wieder auf und als ich mich umsehe, worüber ich gestolpert bin, entdecke ich ein Hufeisen. Rostigbraun liegt es im Schmutz. Wie mag das dahin gekommen sein? Hey, Hufeisen, das bedeutet doch Glück, oder? Ich hebe es auf. Man könnte es aber auch dazu benutzen, Hufeisenwerfen zu spielen? Hmm, nee, Glück bedeutet das! Ich bin nah dran. Das Glück muss hier irgendwo sein. Vielleicht da unten am Waldrand neben der Parkbank? Besessen von dem Gedanken, dort hat jemand einen Geldkoffer liegen lassen haste ich hin. Aber neben der Parkbank liegt nur ein zerknülltes Papiertaschentuch. Mist! Außer Atem, setze ich mich auf die Bank. Vögel zwitschern. Wind rauscht in den Bäumen. Blätter fallen. Natürlich zu Boden. Ein Düsenjäger bricht die Stille. Verflixt. Irgendwo muss mein Geldkoffer doch sein. Ich stelle mir vor, dass sich mafiose Millionen darin befinden, die niemand vermissen wird. Natürlich werde ich das Geld an mich nehmen, mir eine Insel kaufen, ein schnelles Boot und einen Butler. Da hab ich keine Skrupel. Das Geld gehört mir. Schließlich hab ich das dazugehörige Hufeisen.

Dort vorne, dieser Busch sieht merkwürdig aus. Ein Fuß oder ein Arm ragen heraus. Das muss der Mafiaboss sein, den sie getötet haben, oder der Fuß oder der Arm des Mafiabosses, an dem mit Handschellen der Geldkoffer befestigt ist. Das Hufeisen in der Hand, gehe ich zu dem Busch. Tatsächlich: etwas Längliches ragt heraus. Schon bin ich beschwingt, bald bin ich reich. Ich muss nur noch den Fuß oder den Arm absägen, den Koffer nehmen und aloha Südsee … Fuß und Arm sehen aber eher hölzern aus – ein Mafiaboss mit Holzbein? Sachen gibts. Ich ziehe an dem Stock, an dem mein Geldkoffer hängt. Das Ding hängt fest, boa, muss der Geldkoffer schwer sein. Plötzlich ein Ruck, ich falle, am Stock hängt eine Wurzel, sonst nichts. Mist. Ich betrachte das Hufeisen und stelle fest, Glück muss nicht gleich Geld sein, es könnte auch Grundbesitz bedeuten. Da drüben der Bauer zum Beispiel, wie er sein Feld beackert, vielleicht, wenn ich gleich bei ihm vorbei komme, schenkt er mir sein Land? Wäre doch möglich, schließlich habe ich das Hufeisen und somit auch Glück.

Angekommen beim Bauer, biete ich ihm einen freundlichen Gruß: „Tach Bauer“

„Tach Wandersmann,“ erwidert er.

Stille. Noch mehr Stille. Der Bauer werkelt an seinem Traktor.

„Was kaputt?“

„Die Zapfwelle,“ sagt er.

„Nuja, brauchense ja nu nich mehr,“ antworte ich kühn.

„Wie kommst du darauf, ‚türlich brauche ich die noch, ich muss doch das Feld bestellen.“

Mein Herz pocht. Mannomann, das gibts doch gar nicht, soviel Glück hatte ich wirklich nicht erwartet. Erst schenkt der mir sein Land und dann arbeitet er auch noch umsonst für mich.

Froher Dinge gehe ich meines Weges und überlege, ob ich nicht noch mehr Kapital aus dem Hufeisen schlagen könnte … vielleicht, nuja, ich könnte einen  Hufeisenwerfkonzern gründen, Hufeisencasinos eröffenen, in denen Spieler ihr letztes Geld verjücken, weil sie glauben, mit Hufeisenwerfen  könne man gewinnen, diese Gimpel …

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