Nur noch 21150 Zeilen

Gestern ist mein erster Zeitungsartikel erschienen. Sogar mit meinem Namen drauf. Ein Bericht über ein Soulkonzert. Dabei habe ich kaum Ahnung von Soul. Aber was solls. Rein ins kalte Wasser, die Szene beobachten, die Information auf Fresszetteln festhalten und den Rest per Web-Recherche ergänzen.

Die Redakteurin gab mir Zweierlei mit auf den Weg: „Du musst dir darüber im Klaren sein, dass du dir als Reporter in der Kleinstadt automatisch Feinde machen wirst., hast du etwas zu verlieren?“ Ich sagte Nein.

„Was den Artikel betrifft, schreib einfach, locker und luftig, genauso wie im Blog.“

Da war ich denn doch ein bisschchen baff. Ich wusste zwar, dass sie weiß … vor einem Jahr hatte sie mich bei einer Aktion hier auf dem einsamen Gehöft mit einem Artikel aus dem Blog konfrontiert. Das ist ziemlich unheimlich, wenn einen die Menschen in der richtigen Welt auf die virtuelle Existenz ansprechen. Man weiß nicht, wie lange und wie intensiv sie einen beobachten. Theoretisch könnten sie alles über einen wissen. Theoretisch ist man ihnen womöglich auf die Füße getreten und bekommt nun die Eiseskälte unterdrückten Unmuts zu spüren, ohne auch nur die leise Ahnung zu haben, worauf sich dieser Unmut begründet. Als enttarnter Blogger ist man ein offenes Buch im wahrsten Sinne des Wortes.

Journalist F. bekam vor einiger Zeit den geradezu paranatürlich diabolischen Unmut seiner Umgebung zu spüren. Beim Geburtstagsfest seiner Freundin, Busfahrerin B., verzogen sich beim Anblick seiner investigativen Journalistenkamera nach und nach alle Gäste. Eine Woche später kreuzte er auf einer Vernissage in der Galerie B. auf. Man begrüßte ihn mit den Worten: „Willst du uns wieder alle im Internet verpetzen?“ und hielt sich auf jedem Foto, das er knipste schwarze Pappstücke vor die Augen, um anonym zu bleiben.

Zurück zur Tageszeitung. Habe noch keine Rückmeldung über den Artikel. Tatsache ist, dass ich neben der Arbeit auch noch etwas dazu lerne. Noch fünf, zehn weitere Soulkonzerte, und ich kann auf dem Gebiet locker flockig vor mich hin schreiben. Alles eine Frage der Übung.

Schon überlege ich, wieviele Zeilen ich noch schreiben muss, um das Jahr überstehen zu können. Die Jobsuche ist lausig. In der Datenbank der Arbeitsagentur herrscht wohl Fußballpause. Parallel zu dieser frustrierenden Suche geistern phantastische Welten. Letztes Wochenende mit Kokolores zusammen den 75 km langen Radweg zwischen Zweibrücken und Landau in Geo-Koordinaten vermessen. Wir arbeiten an einer abenteuerlichen Schnitzeljagd, die man per Fahrrad erleben kann. Am Wegrand liegt alle fünf Kilometer ein Erdversteck, das man mittels GPS ansteuern kann und somit erstens die Strecke auch ohne Karte findet, zweitens noch den Kick des Geocachings hat (die Tour wird auf dem Groundspeak-Server veröffentlicht. Jeder kann sich die Koordinaten herunterladen und nach den Schätzen suchen. Insgesamt ist die Strecke mit 17 logbaren Erdverstecken gespickt. Das heißt: wer morgens losradelt, kann abends in seiner Statistik, die bei Groundspeak gespeichert ist, 17 weitere Founds vermerken.

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