Facts about Kunststraßen 9

Die längste Kunststraße entstand 2012 auf dem Nordseeküstenradweg. Die Reise führte durch 10 europäische Länder auf kombinierten nationalen Radstrecken einmal um die Nordsee. Mit der Anreise und Rückreise per Fahrrad zwischen Zweibrücken und der Partnerstadt Boulogne sur Mer, ist die Strecke gut 7000 Kilometer lang. Die Reise dauerte vier Monate. Gewohnt spartanisch ging es zeltend in durchschnittlichen Tagesetappen von etwa 70 Kilometern voran. In England und Schottland musste ich mich wegen sehr schlechten Wetters in Bed & Breakfast und Hotels sprichwörtlich freikaufen. Von John O’Groats, dem nördlichsten Punkt des schottischen Festlands ging es in zwei Fährhüpfern via Orkney- zu den Shetlandinseln und ab dort per Flugzeug nach Bergen. Eine weitere Fährpassage führte von Varberg in Schweden nach Grenaa in Dänemark.

Auf der Reise lernte ich den schottischen Künstler Ray Harris kennen, der mich durch Norwegen, Schweden, Dänemark und Deutschland begleitete und der auch ein Stück auf der Nordkap-Kunststraße mitradelte.

Bei Ums Meer änderte ich mein Konzept und verabschiedete mich endgültig vom alten Photoschema und der Idee, die Kunststraße linear auf einer carrerabahnähnlichen Konstruktion darzustellen. Die Digitalisierung hatte begonnen und das literarische-künstlerische Konzept der Livereise in Blogform nahm Gestalt an.

Die Straßenfotos im Header dieses Blogs sind auf dem Nordseeküstenradweg in den gewohnten zehn-Kilometer-Abständen gemacht.

Die Liveblogberichte finden Sie in diesem Blog unter dem Menüpunkt Projekte/UmsMeer

Viele kleine quadratische Straßenfotos, Grundton blaugrau in einem regelmäßigen Gitter angeordnet.
Über 700 Fotos, im Abstand von zehn Kilometern aufgenommen, dokumentieren die Radreise um die Nordsee 2012.

Facts about Kunststraßen 8

Zwei Bilder einer Straße mit Kirche und Dorfeingang in Burgund. Ähnlicher Standort im zeitlichen Abstand von 10 Jahren.

Die doppelte Kunststraße.

Viele meiner Ziele habe ich erst im dritten, vierten oder fünften Anlauf erreicht. So habe ich zum Beispiel das Nordkap erst mehr als 25 Jahre nach meinem Erstversuch im Jahr 1988 per Fahrrad erreicht. Sogar eine Reise per Auto mit dem Ziel Nordkap scheiterte 2010 in der Nähe von Bodø nur wenige Kilometer nördlich des Polarkreises.

Ähnlich verhielt es sich mit der Radreise nach Süden, bei der mindestens viermal das Ziel Gibraltar nicht erreicht wurde.

Die Beharrlichkeit des Kunststraßenbaus zahlt sich letztendlich aus. Im Jahr 2000, kurz bevor das amerikanische GPS-System auf ‚Genau‘ gestellt wurde und somit der Weg frei gemacht wurde für die zivile Nutzung der Satellitennavigation, radelte ich mit analogen Kameras und etwa dreißig Filmrollen im Gepäck quer durch Frankreich, überquerte bei Andorra die Pyrenäen und kehrte an durchs Rhônetal zurück nach Hause. Eigentlich standen die Zeichen gut, Gibraltar zu erreichen. Leider hatte ich meine Kreditkarte verbummelt und musste die Reise mit dem Notgeldvorrat in Form von American-Express-Schecks bewältigen. Mit 3000 französischen Franc, umgerechnet etwa 450 Euro, war die fünfwöchige Reise unschlagbar billig.

Zehn Jahre später wiederholte ich die Reise und folgte fast der gleichen Strecke. Dieses Mal im neuen ‚technischen Outfit‘ mit iPhone, GPS, Digitalkamera. Auch 2010 erreichte ich Gibraltar nicht. Die Reise endete im Gebirgsdorf Borreda unweit von Ripoll in den Pyrenäen, wo mich meine Liebste ins Auto lud und wir eine Woche Erholungsferien am Mittelmeer machten.

Die beiden Zweibrücken-Andorras sind gut dokumentiert.

Hier eine Karte der bereisten Strecke (die dünne schwarze Linie zeigt die abweichende Route 2010, meist Streckenverbesserungen zur Vermeidung von Hauptstraßen):

Zwei Fotos im Abstand von zehn Jahren zeigen eine Kirche in Weitwinkelaufnahme
Bildpaar im Abstand von zehn Jahren.
Zwei Bilder einer Straße mit Kirche und Dorfeingang in Burgund. Ähnlicher Standort im zeitlichen Abstand von 10 Jahren.
Bildpaar im Abstand von zehn Jahren.

Facts about Kunststraßen 7

Kapschnitt Konzeptkunst Ausstellung

Eine Vernissage ohne Licht. Ausgerechnet vor der ersten Ausstellung einer Kunststraße fiel der Strom in der Galerie aus. Im knapp 150 qm großen Galerieraum im zweiten Kellergeschoß der Galerie Walpodenstraße war es im Dezember 1995 zappenduster, als der erste, verfrühte Gast auftauchte. Künstlerkollege Sven Schalenberg bekam kurzerhand eine Taschenlampe in die Hand gedrückt und konnte an der über hundert Meter langen Konstruktion, auf der die Straßenfotos von Mainz nach Norwegen montiert waren den ‚Kapschnitt‘ zu Fuß erkunden.

Dem Hausmeister gelang es erst wenige Minuten vor der offiziellen Eröffnung, den Stromausfall zu beheben.

Facts about Kunststraßen 6

In den ersten Jahren des konzeptuellen Kunststraßenbaus führten die Strecken über lange Distanzen auf Fahrradreisen kreuz und quer durch Europa und Deutschland. Norwegen, Schweden, Finnland, Irland und Spanien waren die angepeilten Ziele. In Abständen von zehn Kilometern fotografierte ich die bereiste Strecke, stets den Blick Richtung Reiseziel gerichtet.

Die kurzen Strecken kommen.

Was in der Ferne geht, geht auch daheim, dachte ich mir irgendwann und begann auf Spaziergängen, etwa von Mainz nach Wiesbaden, Fotostrecken zu erwandern. Die Bildabstände schrumpften von zehn Kilometern auf zum Beispiel 120 Doppelschritte (ca. 80 Meter). Auf zahlreichen Postrouten in Rheinhessen fotografierte ich den Weg in 1 Kilometer-Abständen. Einige dieser Konzeptkunststraßen wurden in Mainz und Wiesbaden ausgestellt, viele liegen noch heute unveröffentlich im Negativarchiv.

2001 entstand die Kunststraße 11 (Kelf) als Rauminstallation auf einem eigens reservierten Parkdeck in einem Zweibrücker Parkhaus. Sie dokumentiert den Weg vom Flugplatz Zweibrücken zur Fachhochschule. Die beiden Gebiete waren Konversionsprojekte. Ehemalige militärische Objekte wurden in zivil nutzbare Gebiete umgewandelt. Das Projekt Kelf wurde vom Kultursommer Rheinland-Pfalz und der Stadt Zweibrücken unterstützt.

Facts about Kunststraßen 5

Die Einladungskarten zu den ersten Kunststraßen-Fotoinstallationen waren Handabzüge im Format DIN lang. Je drei unterschiedliche Motive passten auf ein Stück Fotopapier. Ich nutzte Negativstreifen aus der Kunststraßenserie, die mit Tesafilm auf bedruckte Folie geklebt wurden. Der Einladungstext wurde zuvor per Tintentstrahldrucker drei mal an die entsprechenden Stellen gedruckt. Logischerweise musste ich drei verschiedene Negativstreifen benutzen, um einen Kontaktabzug zu bestücken. Die einzelnen Karten wurden per Schlagschere aus dem etwa A 4 großen Blatt geschnitten.

Somit gibt es von den drei wichtigsten Ausstellungen der ersten Jahre eine geringe Stückzahl von handabgezogenen echten Fotos, die als Einladungskarte verschickt wurden. Die Rückseiten waren mit Etiketten aus Papier versehen.

Es würde mich interessieren, ob der ein oder andere die Einladung aufgehoben hat.

Einladungskarte schwarz-weiß mit Datum und Text zur Ausstellung Kapschnitt und Kontaktabzügen von fünf Straßenfotos
Motiv 1/3 für die Einladungskarte zur Konzeptkunstausstellung Kapschnitt in der Galerie Walpodenstraße (Mainz) 1995. Der Negativstreifen ist auf dem Rennsteig, nördlich von Oberhof entstanden. Bei einem Remake des Kapschnitt 2015  – zwanzig Jahre später – radelte ich nicht die Landstraße, sondern Radwege bis hinauf zur ‚Höhe des Gebirgs‘. Die beiden anderen Versionen der Einladungskarte zeigen Kunststraßenfotos aus Mittelschweden (km 1200 etwa) und aus Lappland (km 2400 etwa). Die Tour ‚AnsKap‘ im Jahr 2015 wurde in diesem Blog live geschrieben und fotografiert. Sie finden Sie verlinkt unter dem Menüpunkt ‚Projekte‘.