Der Weg könnte eventuell das Ziel sein.

Guten Morgen. Schon spät.

Gestern, spätabends habe ich so etwas Ähnliches wie den 2400 Meter hohen Pyrenäenpass der Computerei erreicht: ein selbst zusammen gebasteltes Betriebssystem zum Laufen gebracht und mich obendrein mit dem Netz verbunden. Der Browser, den ich dazu verwendete heißt Lynx, ein reiner Textbrowser, welcher seltsamer Weise auch gut benutzbar ist, um Gestaltungsfehler in High-Tech-Design-Webseiten aufzudecken: Wenn Du mit Lynx nicht schnell und einfach den Inhalt der Seite lesen kannst, dann taugt die Seite entweder nichts oder sie hat keinen Inhalt. Beides macht keinen Sinn.

Man möchte vielleicht glauben, dass das Erklimmen von hohen Bergen mit vollbepacktem Fahrrad eine elende Schufterei ist, was ja auch stimmt. Nur eben. Es geht ja nicht um die Schufterei, sondern um das Zurücklegen des Weges im Einklang mit der Natur und sich selbst. Die schönste Alpenstraße, die ich per Fahrrad erkundete war der San Bernardino-Pass, von Süden kommend. Eine ruhige, pittoreske Strecke. Eine der großen Schweizer Fernradstrecken führt über den San Bernardino bis ins Tal des Hinterrheins. Somit ist die Strecke in zweierlei Hinsicht von hoher philosophischer Bedeutung: Erstens: Der Weg, du und die Natur in konspirativer Auseinandersetzung. Zweitens: Das Ziel ist eine Quelle, besser gesagt, eine der beiden Quellen des größten westeuropäischen Flusses.

Während ich so am Computersystem schufte, breite ich Bücher und Kritzelzettel aus, schalte vom einen aufs andere Betriebssystem, telefoniere mit Fachleuten, trinke Kaffee. Man könnte sagen, die Informationen häufen sich unter mir wie der Abraum kilometerlanger Gletscher. Nach und nach entsteht so ein Thron, auf dessen Spitze ein kenntnisreicher Mensch sitzt. Stets schuftend, schwitzend, lernenden, niemals aufhörend.

Eine interessante Eigenschaft von Bergen ist die Möglichkeit, seine Sichtweise zu verändern, indem man sie erklimmt. man erweitert buchstäblich seinen Horizont. Deshalb sind Berge in meiner bescheidenen Halbphilosophie so wichtig

Flashback > Mai 2000

Puuh, jetzt qualmt mir der Schädel wegen anstrengender Arbeiten mit Computerdingen, von denen ich (noch) keine Ahnung habe.

Hat je ein Eichhörnchen sich mühsamer ernähren müssen?

Allgemeines Fazit: Was klappt macht Spaß. Was nicht klappt, bringt einen zur Weißglut.

Nebenbemerkung: die Sonne scheint. Es ist eiskalt. Bäume zittern im Wind. Kurzfristig mit den Gedanken abgeschweift ins Jahr 2000, als ich mit dem Fahrrad die Pyrenäen überquerte. Frühmorgens in Ax les Thermes gestartet und mich bis zur 2400 Meter hohen Porte d’Envalira hinauf gekurbelt, was anfänglich, bis zu einer Stadt namens L’Hospitalet noch sehr viel Spaß machte. Ab elf Uhr setzte heftiger Verkehr ein. Konsumwillige französische Tagesausflügler stürmten das Steuerparadies Andorra. Die letzten neunhundertHöhenmeter bei recht dichtem Verkehr waren nicht unbedingt die Hölle, aber es ist doch numal so, dass man als kurbelnder Radler ganz gerne seine Ruhe hat.

Wie auch immer. Die Computerschufterei weckt die Erinnerung an den Pass, weil sie sich so ähnlich anfühlt. Fängt harmlos an und legt gegen Ende hin ordentlich zu. Zu guter Letzt trägt man hoch oben auf der Passhöhe die Früchte seiner Arbeit in Form einer Riesenabwärtssauße nach Hause. Ähm. Das heißt: ich raste mit siebzig Sachen nach La Vella, Andorras Hauptstadt, hinunter. Und die Computerschufterei? Noch keine Passhöhe in Sicht.