Appspressionismen erstes Quartal 2018

Drei Männer mit dem Rücken zum Betrachter fotografieren ein Containerschiff von der Aussichtsplattform eines Elbfährschiffs.

Eine Galerie verschiedener Motive des ersten Quartals 2018. Alle Bilder wurden mit Apps auf dem Smartphone aufgenommen und bearbeitet. Daher der Titel Appspressionismen. Das Dogma, auf dem der Appspressionismus fußt, nenne ich iDogma. Es besteht darin, sich keines anderen Werkzeugs zu bedienen, als des Smartphones und dessen Apps. Die folgende Galerie kann per App zum Print beauftragt werden und kommt per Post zum Sammler, ohne dass der Künstler, moi même, das Kunstwerk jemals ‚in echt‘ zu Gesicht bekam.

In der Praxis will ich es demnächst unterwegs im Paminablog testen. Ich biete Photoboxen, die ich unterwegs gestalte.

Multiple App Games

Die Kombination verschiedener Bildbearbeitungsapps ermöglichte die folgenden Bilder. In „Multiple App Loops“ entstehen spielerisch kleine Kunstwerke. Ähnlich wie bei modernen Webseiten, die Design und Inhalt strikt trennen, wird bei diesen appspressionistischen Kreationen Design und Sinn getrennt. Dies hat den Vorteil, dass sich der Künstler spielerisch frei um die Gestaltung kümmern kann, während in einem zweiten Arbeitsschritt, meist durch die Rezipienten, der Sinn, der hinter dem Werk steckt, geliefert wird. Zum Einsatz kamen ProCamera, TinyPlanet, Diptic, PhotoWizzard, DynamicLight, Polamatic, sowie der erweiterte Icon-Zeichensatz des Smartphones.

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Warum kommt der Sinn erst nach der Erschaffung des Kunstwerks? Vermutlich ist dies eine, wenn nicht die Kernfrage schlechthin des Appspressionismus. Wir leben in einer arbeitsteiligen Gesellschaft. Wir leben in einer zunehmend unmateriellen Gesellschaft. Wir überfluten einander mit einem kaum überschaubaren Strom aus geistigen Produkten, Schöpfungen aus den Tiefen unseres Seins, das wir doch selbst nur so schwer verstehen. Wir sind ständig auf der Suche nach Sinn. Nach Lebenssinn im Großen, wie auch nach dem Sinn, der hinter einer Sache steht. Und wenn wir ihn nicht finden, fabrizieren wir ihn kurzerhand. Die Produktion von Sinn geht Hand in Hand mit der Produktion von Sinnlosem. Sobald irgendwo in der Welt ein Sinnvakuum entsteht, füllen wir es, indem wir unseren eigenen Sinn kreieren. Es entstehen Parallelsinne. Sinniversen, einander widersprechende Sinne. Und nur wer ganz mutig ist und die Leere ertragen kann, verzichtet auf Sinn.

Warum alle immer alles wollen und sich immer nie kümmern

Das alte Fotolabor leer geräumt. Neben drei Fahrrädern, zwei Wäschekörben und einer Musikbox, finden sich sieben Vergrößerer darin, sowie eine Reprokamera. Ich hatte das Labor vor fünfzehn Jahren zusammen mit meinem Freund QQlka eingerichtet. Ein großzügiges Wohnfotolabor mit Ruhesessel, in die Wand eingelassenen Lautsprecherboxen, Präsentationswand. Ab 2001 ist es der „Verkomm(n)ung“ preis gegeben. Ich habe eine Familie, die keine Leerfläche kennt. Das erklärt, wieso auf den Vergrößererplatten überall Nippes liegt. Osternester, Vasen, Buddhafigürchen, Blechdosen, Trockenblumen. Unbeabsichtigt habe ich das wohl schrillste Fotolabor aller Zeiten heran gezüchtet. Ich Doktor Frankenstein der Reprotechnik, ich. Nach drei Stunden harter Arbeit kristallisiert sich eine Arbeitsatmosphäre. Dunkelkammerlichter. Chemieschalen. Die Lüftung säußelt. Das Thermomenter zeigt konstant 18 Grad. Dass sich in den Jahren sieben Vergrößerer angesiedelt haben, macht mich schmunzeln. Als ob sie sich im Dunkeln vermehrt hätten.
Nun steht Putzen an. Staub und Spinnweben raus. Dann kann ich an einem neuen Experiment schuften. Obwohl ich seit 2005 nur noch digital arbeite, kommt hin und wieder eine „analoge“ Idee. Journalist K., dem ich diese Idee anvertraute, schaute mich wie aufgestachelt an. Das Verfahren sei womöglich revolutionär. Bloß kein Wort im Netz!
Die gute alte Urheberproblematik. Die Daumenschrauben der Alltagskreativität. Die Wurst-vom-Teller in einer angst-zu-kurzkomm Welt. Wer kennt das nicht? Manchmal frage ich mich, wieviel Wissen alltäglich verloren geht, nur weil die Ideenhaber es, aus der Unmöglichkeit, es zu vermarkten, weder entwickeln, noch es preis geben. Konstatiere das ewige Gesellschaftsproblem, dass immer alle denken, alle wollen immer alles umsonst und alle anderen kümmern sich immer nie. Der Markt herrscht.

Appspressionismus – eine neue Kunstrichtung erblickt das Licht der Welt

Gestern war das Wort plötzlich da: wie nennt man das eigentlich, wenn Leute mit dem Smartphone und deren Erweiterungen, den so genannten Apps, Kunst schaffen? SmartPhoneart? Mobile Art? iPhoneart? iPhoneography? Oder ganz dogmatisch iDogma?

Was, wenn daraus eine Kunstrichtung entstehen würde, ein ganz profaner Ismus? Würde man von Smartphoneismus sprechen? Wie wird sich die kunstinteressierte Nachwelt in 10 oder 20 Jahren mit dem Phänomen der digitalen mobilen Kunst zu Beginn dieses Jahrtausends auseinandersetzen? Wird das mühsame Fummeln auf den winzigen Touchscreens überhaupt als künstlerische Betätigung wahr genommen? Und ist das, was da raus kommt Kunst? Oder wird die geradezu immense Flut an Bildern, die diese wilden Alltagskünstler, die im bürgerlichen Leben einer ganz normalen Arbeit nachgehen, ins Netz stellen, am Ende ungesehen verebben?

Auf dem Sektor Smartphonekunst gibt es kein vernünftiges deutsches Wort, mit dem man das Phänomen beschreiben könnte.

Im Artikel zuvor habe ich erstmals das Wort Appspressionismus gebraucht. Auch nicht gerade deutsch. Aber ein Ismus ist es.

Eine Suche kurze Zeit später egab Erstaunliches: nur 2 Ergebnisse nach 0,17 Sekunden Suchzeit. Beide führen auf den Artikel, den ich gerade geschrieben hatte.

Sei dahin gestellt, was aus dem Appspressionismus wird.

Interessant finde ich diese moderne Form der digitalen Geburt: Kaum nehmen die Dinge, Worte, Ideen im Kopf Gestalt an, kann man sie auch schon mittels Kurznotizen in Blogs, Facebook oder Twitter ausplaudern – eine appspressionistische Schwangerschaft quasi, die nur wenige Minuten dauert, bis ein neuer Begriff im Netz die Runde macht