Nichts als treue Kälber in den Großviehbetrieben der Weltökonomie

Man sagt, wenn man einen Frosch in einen Topf Heißwasser wirft, hüpft er sofort raus und überlebt. Wenn man ihn in einen Topf mit kaltem Wasser setzt und es langsam erhitzt, bleibt er sitzen.

Ich weiß nicht, ob das stimmt. Ich würde es auch nicht ausprobieren. Die Botschaft hinter dem Gleichnis lässt sich aber prima auf den Konsum übertragen.

Vor über einem Jahrzehnt habe ich bei einem schwedischen Möbelhaus tolle Bilderrahmen zu einem unschlagbaren Preis gekauft. Echtes Holz, sauberes Glas mit geschliffenen Kanten. Ziemlich gut verarbeitet. Ein paar Jahre später kaufte ich die gleiche Rahmensorte ähnlich günstig, packte sie aus und: Das Holz war nun furniertes, gepresstes Laminat. Die Glaskanten ungeschliffen und das Glas so dreckig, dass man es erst eine viertel Stunde putzen musste.

Fünf Jahre waren ins Land gegangen, in denen das Unternehmen seine Rahmenproduktion rationalisiert hatte. Die Arbeitsabläufe optimiert, die Löhne (mutmaßlich) gedrückt, die Materialen, täuschend ähnlich wie früher aussehend, verbilligt und verschlechtert. Das Produkt hatte den gleichen Namen, sah durch die Plastikverpackung gleich aus wie früher, war aber um einiges miserabler.

Ich mutmaße einen globalen Trend dahinter, der sich auf alle Produkte und in alle Lebensbereiche erstreckt. Auch auf Lebensmittel.

Alle Produktionsprozesse unterliegen einem natürlich-ökonomischen Optimierungsprozess. Das heißt, wir erhitzen gemeinsam das Wasser, in dem wir leben.

Ein Entrinnen aus dieser kollektiven Billigkeitsrutsche gibt es nicht. Vereinzelt könnte man versuchen, ganz auszusteigen und nicht mehr mitzumachen. Aber wer kann das schon? Konsumvieh, das sind wir, treue Kälber in den Großviehbetrieben der Weltökonomie.

 

Termine verstreichen wie Butter auf frischem Toast

Um elf Uhr ist eine Ausstellung in einer weitwegen Stadt weiter östlich, zu der wir eingeladen sind. Sonntags. Elf Uhr. Perversfrüh! Eigentlich wollten SoSo und ich hingehen, zumal wir den vernissierenden Künstler sehr mögen. Aber sonntags. Elf Uhr. Perversfrüh! Den inneren Schweinehund vor die Tür treiben? So trudelt der Morgen dahin. Die Uhr? Keine Ahnung. Aber seichte Sonne und Katze, die in der Wohnung nach Wollmäusen jagt, sagen uns, dass es bestimmt schon soooviiiel Uhr ist, wenn nicht noch später. Und bis wir aufgestanden sind, gefrühstückt haben, uns die vierzig Minuten über die Autobahn in die weitwege Stadt weiter östlich gequält haben, ist die Laudatio längst gehalten, der Sekt klimpert in den Gläsern, die Leute reden über dies und das und hinter ihnen an den Wänden hängt einsam die Kunst.

Konsens. Wir gehen nicht. Ich koche Kaffee und Tee, zünde das Feuer im Holzofen an, füttere die Katze, lasse den Tag langsam heranrollen. Wie ein Eisenbahnwagen, der sich auf abschüssiger Strecke vom Zug gelöst hat … den Tag aus dem Zeitkorsett lösen, so dass er seine ureigene Form wieder annehmen kann, das ist mein Ansinnen. Überhaupt. Die Zeit, die Kunst, die Zwischenmenschlichkeit, die Konventionen, nach denen wir alle leben und uns mehr oder weniger diszipliniert nach ihnen richten. Ein gutes Thema an einem Sonntagmorgen.

Kürzlich sagt mir der Künstlerkollege P., er wünsche sich mal ein Jahr Auszeit. Ein Jahr ohne jeglichen Zwang. Ohne Zeit, ohne Termine, ohne sich um auch nur irgendwas zu kümmern. Zwischen Tür und Angel stehen wir einander gegenüber und tauschen gehetzte Parolen zweier Werktätiger auf ihrem Sprung von einem Wichtigen zum nächsten und mir fällt mein „Jahr ohne Termin“ wieder ein, das ich vor zwei Jahren am ersten Januar überlegt hatte zu beginnen. Es aber nie tat. Warum nicht? Weil ein Jahr ohne Termin eine Utopie ist. Eine Sache, die, sobald du dich ihr näherst, umso unwahrscheinlicher wird, je mehr du ihr auf den Leib rückst. Und in der Tat ist es doch ziemlich grotesk, ein Jahr ohne Termin an einem bestimmten Termin zu beginnen und es auf eine bestimmte, terminierte Länge zu reduzieren.

Den Elf-Uhr-Termin haben wir nun galant verbummelt und liebäugeln, heute Nachmittag, irrrgendwann rüber zur Ausstellung zu fahren. Einen ganz normalen Sonntagsausflug zu machen. Aber vielleicht bleiben wir auch einfach daheim und versumpfen vor Blog.

 

Wenn die netten Menschen vom Blogschutzamt vor der Tür stehen und einen darauf aufmerksam machen, dass man sein Blog vernachlässigt

Wenn die netten Menschen vom Blogschutzamt vor der Tür stehen und einen darauf aufmerksam machen, dass man sein Blog vernachlässigt … hey, das könnte glatt ein Twitterspruch sein.

Drunter und drüber geht es derzeit im Hause Irgendlink. Die Kunst- und Kreativitätsaktivitäten mussten temporärer Werktätigkeit weichen. Dennoch schufte ich in den Ritzen des Alltags auch ein bisschen kreativ. T-Shirts designen z.B.

Hier kann man eigene Shirts, Taschen, Handyhüllen etc. mit den „Irli-Designs“ gestalten