Köcheln im Sudbad des Alltags

Ein ganz und gar Suchmaschinenunoptimierter Beitrag mit der Hoffnung auf Heureka, er kann es noch …

Stampfmugge in den unerklärlichen Weiten des eigenen Hirns: Ja lebt denn der alte Holzirgend noch … ouh Shallala. Der Junge mit dem wehenden Haar, der auf seinem Seelensurfbrett durch den Alltag reitet auf den meterhohen Wellen eines selbsterdachten Phantasie-Pazifiks-in-Hawaii?

Es ist in diesem Artikel höchste Zeit, dass etwas passiert – Exkurs in den ganz normalen Alltag eines ganz normalen Menschen.

Sonntag. Raus zum Naturwunder. Per Rad. 18,8 Kilometer von Daheim entfernt. Volle Wintermontur. Vier Westen übereinander, zwei paar Socken, sechs Meter Reißverschluss, Minus 10-Grad Handschuhe. Was auch bitter nötig ist, denn die Füße werden und werden nicht warm auf der Tour. Ich fahre langsam, passiere, nicht gerade in bester Laune, jede Menge Sonntagsspazierende. Viele alte Leute, die sich auf Gehwägelchen stützen und denen ins Gesicht geschrieben steht, wie knapp sie den Winter überlebt haben. Aber auch junge Paare mit dick vermummten Kinderwagen. Ein vorsichtiger Hundegassieführer mit einem Bub im Schlepptau, der sich wackelig zaghaft auf Rollskates versucht. Auf dem Hinweg zum Naturwunder, eine bizarre Eiche mit überladender Krone, die nur im Winter gut aussieht, grüße ich niemanden, schaue stur gerade aus. Eigentlich bin ich in diesem Moment so wie die meisten Menschen, nicht ich. Erst beim Naturwunder bessert sich die Laune. Ich taue auf. In den Bereichen ewigen Schattens, die hierzulande zum Beispiel Straßengräben sein können, in denen um diese frühe Jahreszeit nie auch nur ein Sonnenstrahl ankommt, liegt noch immer Schnee. Kaum Plusgrade, und, so weit ich mich entsinne, das erste bisschen Sonne für dieses Jahr. Gab es einen trüberen Winter, als 2012/13? Wird mit zunehmendem Alter der Winter, rein gefühlt, immer bedrohlicher? Menschen, die auf dem Berg leben, sterben im Tal, schießt es mir in den Sinn. Hoch über Dietrichingen habe ich einen Prima Weitblick über die gelbgrünbraunen Felder, das kahle Land. Der Rückweg ist von einer ganz andern Laune geprägt. Irgendwie kommt mir das Lied „Guten Morgen, guten Morgen, guten Morgen Sonnenschein …“ ins Ohr und geht nicht mehr weg. Ein Gutelauneschlager aus den Siebzigern – bei Youtube konnte ich ein Stück mit Nana Mouskouri ausfindig machen:

Bei Flann O’Brien las ich einst: die Richtung, in der man einen Weg bereist, ist von elementarer Bedeutung. Je nachdem fliegt einem der Weg nur so entgegen, während er umgekehrt zur qualvollen Marter wird. Was wohl auch auf die Laune zutrifft. Der Rückweg, auch Glückweg genannt, fliegt mir tatsächlich entgegen. Auf der Sprachfunktion des Fons sammele ich Ideen, akustische Skizzen zwar vermutlich wertlos, aber es ist ein gutes Gefühl, der dahinschreitenden Gegenart ein paar Fetzen abzutrotzen für das eigene Archiv. Ich fabuliere die Namen fiktiver Künstlerinnen und Künstler, denen ich eine Geschichte andichte. Angefangen hat alles vor einem Jahr mit Heiko Moorlander, den ich in einer Fonkunstplattform als Mud-Art-Künstler etablierte. (Später taucht Moorlander noch einmal auf in diesem Artikel bei Haushundhirsch – dort wird die Mud-Art-Legende leider ziemlich diskreditiert (siehe Kommetare des Artikels)). Seither macht es mir Spaß, Menschen zu erfinden. Stella Steinrich, sie hat nur wenige Jahre gelebt, ist bekannt geworden durch ihre „Secret Sekrets“, die geheimen Sekrete. Vielleicht lasse ich sie als Stellvertreterin bei der örtlichen Künstlergruppe auftreten.

Zugegebener Maßen muss auch die Hintergrundarbeit in den technischen Innereien dieses Weblogs sein. Und bis zu einem gewissen Grad darf sie sogar öffentlich in Artikeln wie dem vorigen ausgebreitet werden. Was bin ich anderes, als ein Suchender zwischen Zukunft und Vergangenheit, der all-täglich versucht, ein Maximum an Glück zu schöpfen?

Das Kerngeschäft dieses Blogs ist seit über einem Jahrzehnt doch der Alltag, nicht wahr? Selbstbefragung, rhetorisch, inclusive Selbstbeantwortung: Ja.

Früher kümmertest du dich nicht im Geringsten darum, ob die Blogeinträge suchmaschinenoptimal sind, ob sie gefunden werden, ja, es war dir sogar egal, ob überhaupt jemand sie liest. Aber seit Betreten der Leistungsspirale weht ein anderer Wind, Mann. Und der schadet so viel wie er nutzt. Natürlich wird das Blog bekannter, durch diese „Maßnahmen“, aber mal ehrlich, die herzige, leutselige Rede, so wie jetzt, die ist dir doch abhanden gekommen …

So dudeln die Gedanken um das, was ich tue. Den Alltag als Themenschwerpunkt habe ich wohl ziemlich vernachlässigt, bzw.: sind nicht die technischen Dinge auch Teil meines Alltags?

Das Naturwunder bei Dietrichingen im Jahr 2009.

Im gestrigen Artikel gibt es das Wunder als Hipstamatic-Aufnahme von der anderen Seite betrachtet.

4 Antworten auf „Köcheln im Sudbad des Alltags“

  1. Warum nicht einfach raus aus der „Leistungsspirale“? Es ist auch nicht unüblich, dass man sich in Künstlergruppen beäugt, auch mal den Gedanken hat: Spieglein Spieglein an der Wand…

  2. hach, er schreibt wieder, juhu!
    ja, ich mag sie, diese deine alltagsschreibe! und ja, es darf auch aus dem technischen nähkästchen geplaudert werden. alles hat platz. es ist dein blog. und lass dich bloss nicht zu sehr optimieren von aussen.

    (ähm, wie bringt man eigentlich nana wieder aus dem ohr?)

  3. Vielen Dank, dass du deinen Ohrwurm mit uns teilst – jetzt hab ich ihn auch!
    :-)

    … und es stimmt das ein Weg immer zwei Gesichter hat, den mit Gegenwind und den mit Rückenwind. Die Wege mit Rückenwind habe ich lieber, ich schätze mal: Du auch. *g*

    Liebe Grüße, Szintilla

  4. Bei Temperaturen um die 0°C schwöre ich auf gestrickte Wollsocken in Kombination mit Radüberschuhen hatte ich noch nie kalte Füße ;-)
    Frohes Radeln..

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