Ungeweckt und ohne Pflicht

Vor Sonnenaufgang mich im Bett hin und her gewälzt, den Brückentag durchdacht, einen coolen Artikel über Männerkosmetik, inversionswetterlage und Feuer machen im Kopf. „Den solltste jetzt aufschreiben“, denk ich. Es ist bestimmt halb sieben. Wenn ein Arbeitstag wäre, würde ich seufzen, den Wecker abstellen, aufstehen, Kaffee kochen, mich anziehen, Brote schmieren, raus in die Welt für einen Hungerlohn und aus falsch verstandenem Pflichtgefühl.
Fürs Schreiben, wird mir klar, würde ich all das nicht tun. Es erzielt keinen direkten Gewinn. Mit dem Gedanken, dass ich völlig verseucht bin von den Ideen und Werten einer auf dem absteigenden Ast befindlichen Menschengesellschaft, schlafe ich endlich wieder ein.
Bild KW 42/2011

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iDogma – Kunst in den Nischen des Alltags

Obwohl ich mich der abstrakten iPhoneograpfie zugewandt habe, sind die Quellen meiner Kunstwerke doch stets natürlichen Ursprungs.

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Vom Polstereibedarf auf dem Arbeitstisch bis zum humorigen Comic. Das iDogma macht es möglich. Bilder entstehen in den Ritzen des Alltags. Das Phone ist einfach immer parat. In der Mittagspause kann man als Fingerübung die Ideen, die einem während des Tackerns kommen, realisieren.

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Letzten Sonntag: keine Lust, die schwere D300 mitzuschleppen. Die 1536 Quadratpixel aus des iPhones Hipstamatic erzielen, der Mathematik sei Dank, dennoch taugliche Effekte.

Schreiben oder schmieren

Ich sollte schreiben. Habe mir abgewöhnt, zu versuchen, um sieben Uhr aufzustehen. Trotzdem perversfrüh genug jetzt. Kaffee gekocht. Ofen lodert. Nachts arbeite ich im Dateisystem, tauche ab in die Vergangenheit meines Fotoarchivs. Zehn ernsthafte Künstlerjahre und noch fünf halb enrsthafte davor. Sechs digitale Jahre. Ein iPhone Jahr. Die Bilderzahl steigt hyperbolisch quadratisch kubisch an. Wo soll das Enden. Zwei Festplatten ausgebaut, eine neue, gigantische eingebaut – zwei gehen raus, eine geht rein, fast wie in Mad Maxens Donnerkuppel – was die Arbeiten am System auslöste. Gestern Passwörter geändert. Seit der Kundenserver des Providers gehackt wurde, bin ich hellhörig. Zum eigentlichen Kunst-arbeiten komme ich diesertage kaum. Der Tackerjob hat mich im Würgegriff. Hohe Schlagzahl. Macht Spaß, obschon mir gestern klar geworden ist, dass der Spaßfaktor dramatisch eingebrochen ist, seit Kollege T. entlassen wurde. Die Zeit der hochphilosophischen Tackerstunden ist längst vorbei. Die Kollegen A. und F. und all die anderen steigen einfach nicht ein auf den Monty Pythonesken Humor, den T. und ich entwickelt haben.

Nun aufm Sprung zur Arbeit dämmert: du solltest endlich damit aufhören: in den Vergangenen 30.000 Fotos zu wühlen, zu tackern, zu verwalten, Steuererklärung zu machen, all das Alltagsmenschliche Gebambels – sei ein Tier mit einem Instinkt von höchster Intelligenz, Rebell du – und dich um die Gegenwart kümmern. Die Alarmglocken läuten in der Küche. Ich sollte jetzt Brote schmieren.

Zwei Tage unformatiert

Null Uhr Vierundzwanzig. Ich habe durchgehalten. Fast. Das ganze Wochenende nichts getan.

Es war nicht einfach. Schon freitags in den letzten Stunden des Lohnerwerbs ratterte die Gedankenmühle: „Dann mach‘ ich samstagfrüh dies und danach jenes und wenn der Nebel weg ist das. Ich sollte noch Jene anrufen und Diesen, sowie  Mailschulden abtragen, den Müll rausbringen“, usw.

So läuft das leider nicht mit der Erholung, wird mir schließlich klar. Um 17 Uhr verlasse ich die Lohntackerei und verwerfe alle Pläne. Vor mir liegen zwei unformatierte Tage und Nächte.

Dennoch juckt es mich das ganze Wochenende, die heranrückende Zeit im Geist zu gliedern. wieder und wieder verwerfe ich meine Pläne, bis am Ende eine Art Gegenwärtigkeit heranzieht. Wie Wolken von Westen. Mit feinem Regen im Gepäck, der auf dem gesicht kitzelt und weiter nicht weh tut.. Natürlich  mache ich in jeder Minute irgend etwas. Aber ich mache es, ohne es mir vorgenommen zu haben. Versagen inbegriffen. Der lieben U. hatte ich einen neu eingerichteten Computer  zugesichert, sonntagsabends. Er ist nicht fertig geworden.

Stattdessen: spazieren gehen, fotografieren, schlafen, essen, das Feuer schüren. Auf idogma.com neun abstrakte iPhoneografien hoch geladen und hier im Blog die Kunstroll (rechts weiter unten) mit interessanten Links bestückt.

Liebling, das war mein Wochenende.

Nächste Woche werde ich während langer Tackerstunden in der Möbelwerkstatt genügend Zeit haben, über das Problem der formatierten Zeit nachzudenken.