Burn -out, -in, -over, -under

Geschrieben Dienstag 26. 7. 2011, einzusortieren vor „Vinslöv“.

Die Lieder sind weg. Die Lohntackerei ist weg. Es gibt keine Sorgen. Nordwestwind vertreibt die dunklen Wolken bzw. zerreißt das stahlgraue Einerlei, das uns seit dem Start in der Pfalz verfolgt. Wie lange ist das jetzt her? Die Zeit hat aufgehört, sich anzufühlen. Es begann mit dem Sekundenzeiger, damals in Rendsburg. Einfach stehen geblieben. Nun stehen auch der Minutenzeiger, verharren Stunden. Alles, was noch vor Kurzem war, scheint mir nun vergessen. Ein gutes Maß für den Grad der Erholung ist das Nicht-Vorhandensein von Lulliefullieliedchen-Gestampfe im Kopf. Die Werberadioliedchen, die ich während der Arbeit höre, fressen sich tief in mein Bewusstsein. Begleiten mich auf Schritt und Tritt. Wenn es nicht mehr stampft im Kopf, bin ich entspannt. Ich kann sehr schnell entspannen, seit meinem Todestag vor fast drei Jahren. Am letzten Überstundentag, letzten Mittwoch, sendeten sie im Radio einen Bericht über das Burn-Out-Syndrom. Besonders Lehrer, Beamte und Perfektionisten seien dafür empfänglich und man solle unbedingt einen mindestens dreiwöchigen Erholungsurlaub einplanen, um dem vorzubeugen. Genau die Woche, die ich dem großen Möbelauftrag geopfert habe, fehlt. Als Tacker gehöre ich aber nicht zur Burn-Out-Risikogruppe.
Ein Kohlweißling ziellos über der Wiese. Packgeräusche einer schwedischen Familie mit zwei halbwüchsigen Kindern und zwei schneeweißen Huskies. Ihr riesiges Hauszelt ist jetzt in einer moderat großen Packtasche, die gesamte Familie in einem roten Volvo- Combi mit Dachkoffer. So tingeln sie von Ort zu Ort. Warum die? Warum ich? Warum die SoSo? Warum sind wir stets besorgt, Strecke zwischen uns und die Vergangenheit oder besser gesagt, unseren Alltag zu bringen? Warum nehmen wir das Eine bereitwillig mit und lassen Anderes nur zu gerne daheim? Abstand. Dem Ausbrennen vorbeugen. Neugier. Und last but not least, das ist jetzt persönlich: weil ich darüber live schreiben möchte. Wieder ist gestern die Sinnfrage aufgetaucht, die ich mir schon während der Caminowanderung gestellt habe: würdest Du auch so enthusiastisch lustvoll reisen, wenn du nicht zu jeder Tag- und Nachtzeit darüber schreiben könntest? Wieder drücke ich mich um eine Antwort, überlasse es spekulativen, mir wohlgesonnenen Kommentaren, „aber ‚tüürlich würd‘ er das machen, der Herr Irgendlink. Er würd‘ eb’n and’re Wege finden, das Erlebte in Kreatives umzusetzen.“
Gestern Abend habe ich gezweifelt. Haderte: du tust es nur noch um des Live-Bloggens willen. Die Kräfte, die dich treiben, sind identisch mit denen, die dich zur Ruhe bringen.
Nur denken, das wirst du immer.

5 Antworten auf „Burn -out, -in, -over, -under“

  1. Unangenehmer wäre vielleicht, wenn Du eine reiche Frau hättest und Dich fragen müsstest, ob Du sie nur wegen ihres Geldes liebst. Wo ist das Problem, wenn Du gern was machst und gern darüber schreibst?

  2. Und wenn du einfach mal einen Weblog-Fastentag einlegst? ;-)
    Am nächsten Morgen könntest du dich dann selber kontrollieren, ob du einen wunderbaren Urlaubstag hattest, mit viel Spaß und viel Lachen und viel Freude… oder ob du stattdessen den ganzen Tag lang „Entzugserscheinungen“ verspürtest und dich deswegen gar nicht richtig an diesem Urlaubstag erfreuen konntest.
    So als Sinnsucheselbstversuch sozusagen…

    Stammleser/innen wie ich lesen derweil im Nachbarblog bei SoSo weiter… wegen der Entzugserscheinungen! :D

  3. Allein die Freugesichter einiger Menschen…
    Habe letzthin den Wolfgang Büscher erzählen hören, dass er, nachdem er durch die Staaten gelaufen ist und drüber geschrieben hat (Titel „Hartland“), er in die Katholische Kirche eingetreten ist.
    Davor bewahre man Dich und vor anderen Unannehmlichkeiten auch- und ich lese bei Dir, wie ich bei anderen unrastigen Reisebeschreibern lese. So gern…
    Gruß von Sonja

  4. ist es nicht eine Freude Erlebtes zu teilen? und will mensch an sich nicht teilen?

    ich schließe mich Sonja an… ich freue mich, dass du schreibst und lese dich und deine Soso sooo gerne…

    weiterhin eine gute Zeit und wunderbare Eindrücke, damit du sie ausdrücken kannst ;o)

    herzliche Grüße U.

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