Wort zum Montag

Nichts ist schön und es muss auch nichts schön sein. Die Welt darf hässlich sein und das Leben unangenehm.

Fundstück, datiert auf den 2. Oktober 2009.

Die Woche kann ja heiter werden ;-)

Ein 64 Meter tiefes Loch bohren

Es ist tatsächlich so, wie Bredenberg im Kommentar im Artikel zuvor sagt: die guten Ideen kommen früh und wenn man sie nicht sofort aufschreibt, gehen sie verloren. Mal ist es eine Szene wie aus einem Film, mal ein kurzer Dialog, mal die Idee für eine skurile Figur, die man als Held eines Romans ausformulieren könnte, manchmal sind es einige avantgardistische Satzfetzen.

Wenn ich montags nicht ins lederne Notizbuch gekritzelt hätte : „Schulmädchen wartet im Regen auf Bus“ und mich anhand dieser Notiz nun erinnern kann: Kollege T. saß neben mir im Auto und sagte: „Es ist neun Uhr, das ist viel zu spät für die Schule.“ – „Na gut, die will zum Pornocasting“, scherzte ich politikalisch incorrekt und wir lachten die dreihundert Meter bis zur Arbeitsstätte – wenn ichs nicht ins Notizbuch geschrieben hätte, ich hätte das glatt vergessen. Genauso wie das 64 Meter tiefe Loch, das wir im Prinzip gebohrt haben binnen weniger Stunden an diesem Montagmorgen. Einige Teile der Möbel, die wir bauen, müssen nämlich mit Löchern versehen werden, damit man sie verschrauben kann. „Nur noch 2000 Stück,“ sagte Kollege T., „dann haben wir es geschafft.“ – „wieviel Meter issen das, 2000 Stück?“ frage ich. Kollege T. grübelt, das Ding ist 16 mm dick, macht bei 2000 Stück 32000 Millimeter und da es zwei Löcher sind, die wir bohren sind das 64 Meter. Boa.

Was noch ins Notizbuch gekritzelt? „Ein Tag zum Ende-der-Liebe-Story-schreiben, unterbrochen durch Werbung.“ Puuh, das ist starker, antikapitalistischer Tobak, garniert mit der Pflicht zu fühlen. Müsste ich jetzt viel nachdenken, um die Skizze auszuformulieren, mache ich jetzt nicht, leg ich mich lieber ins Bett.

Was bleibt ist das graue Bild vom Mädchen unterm Regenschirm, verloren an der Überlandbushaltestelle. Ich kenne den Maler, der dieses Bild malen könnte, Cousin S.

Kopf vs. Hand

Hum. Alle Ideen sind morgens, sowie die Energie, sie auszuformulieren ebenso. Abends nur noch zu rein körperlicher Arbeit fähig. Formuliere an einer Hirnkurve, die den Denkenden im Lauf der Zeit zeigt. Je älter, desto mehr drängt sich das Ideentum in den Morgen. Ich erinnere mich, früher, Jahre her, sind mir auch nach zehn Uhr früh tolle Dinge eingefallen, die ich aufschreiben konnte oder zeichnen oder fotografieren.

Gestern Abend sagte ich zu Kollege T. Muss heim, muss schlafen. Zu Hause jedoch Arbeitshandschuhe übergestreift und den Grundstein für die Galerierenovierung gelegt, während eine Rockband in dem Raum probte. Das versetzte mich in einen seltsamen Musikrausch und ich hätte Lust gehabt, gleich mit dem Presslufthammer zu arbeiten. Wenn es zur Musik gepasst hätte.

Februar hätte ich gerne die Galerie winterfest renoviert. Hoffe auf viele lange Abende, ohne störendes Denken. Merke: ist der Kopf leer, klappts mit den Händen umso besser. Und umgekehrt?

Windige Nacht. Sechs Uhr schon wach, weil ich vergessen hatte, die Tür offen zu lassen für die Katze. Sie kratzt im Fall dann so lange am Teppichboden, bis ich mich aus dem Bett schäle. 13 Grad warme Künstlerbude, Nieselregen und sogleich dieses Schmunzeln im Gesicht, weil mir der Titel des Blogeintrags untendrunter in den Sinn kommt. „Wendekreis des Rasierapparats“ Henry Miller wäre stolz auf mich. Was das wohl auf Englisch heißt? „Tropic of Shaver“ Ein guter Titel.
Nun zum Amt, Fahrerkarte beantragen, was zusammen mit Führerschein und biometrischem Passbild knapp 100 Euro kostet. Aber immer noch billiger, als die Buße von 500 Euro plus vier Punkte fürs Fahren ohne Fahrerkarte.