Nürnberg

Kurzer Leerlauf heute. Habe die Innere Stadt, also zwischen den Stadtmauern fotografiert. Äußerst oppulent. In einer Unterführung bei der Burg saß ein Bettler bei minus 10 Grad. Just als ich ihm ein paar Münzen in den Hut warf, trat eine mildtätige Blondine heran, brachte heißen Tee in einer Thermoskanne, Essen und eine warme Jacke. Gerührt lief ich weiter.

Das ist Leben – des einen gut, des anderen mies. Kalt ist’s ohnehin. Auf der Burg stehen Schilder, die das Feuerwerkeln verbieten. In der Dämmerung an die 100 Menschen an der Mauer. Wie sie die Stadt bestaunen. Wie schön sie ist. Wie schön die Menschen sind.

Mir wird dort oben bewusst, dass ich arbeite. Der Künstler ist zurück. Er scannt das Land, empfindet und baut daraus ein gutes Konstrukt aus Bildern und Texten. „Das ist mein Ziel“, erkläre ich leise murmelnd feierlich. Ich will wieder beobachten und mitschreiben in 2k9.

Nachher geht’s zur Piratenparty. ich will ein Gummiband an einen Esslöffel binden und es als Augenklappe benutzen. Dann bin ich verkleidet und darf billiger rein.

Gestern gab’s ein WG-Fest. Unschöne Szenen spät nachts: ein Besoffener warf die Mülltonne über das Hoftor mitten in die Menge.

Groß war auch der Putzplan im Treppenhaus der WG (man beachte den Putzrhytmus):

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Schon fast dunkel gelang mir dieses Bild (die neue Kamera ist ein kleines Wunder):

ritterZum Kontrast, aber irgendwie witzig:

eisdieleUnd noch zwei geheime Botschaften aus dem Straßengraben:

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Drei Männer mit Mantel

Unvermutet besuchte mich Kollege T., brachte Freund Sch. mit und M., den ich vor anderthalb Jahren auf einem Geburtstagsfest kennen gelernt hatte. Sie trugen Mäntel. Die hatten sie im hießigen Designer Outlet Center günstig gekauft. Sehr schicke Mäntel mit modernem Schnitt. Die Taschen waren noch zugenäht. Überall hingen Preisschilder und sonstige Schildchen, wie man sie eben bei frisch gekauften Mänteln vorfindet.

In einer Vorahnung hatte ich eine Kiste Bier gekauft. Wir saßen um den Ofen und unterhielten uns über den Mantel an sich, und darüber, dass Männer ohne Mäntel nichts wert sind.

„Stellt euch nur vor. Ihr könnt mit diesen Mänteln im April, wenn es wieder wärmer wird und man nur mit Stringtanga und Mantel bekleidet unterwegs sein kann einfach so in Parks spazieren gehen, ab und an den Mantel öffnen, Frauen, Kinder, Rentner erschrecken. Allein diese Möglichkeiten!“ scherzte ich.

M. schien das nicht zu verstehen. Er lachte nicht. Ohnehin war sein Mantelkauf eine von Zweifeln behaftete Aktion. Er habe mit seiner Tante, seiner Mutter, und seiner Schwester telefoniert, sagte Kollege T. Alle haben gesagt: Zu dem Preis? Kauf ihn! Nun hat M. einen Mantel.

Wir gruppierten uns um den Ofen, schwätzten dies und das. Dann breitete ich den Jahreskalender 2009auf dem Boden aus, weil Kollege T. gewisse Termine festhalten wollte: „Wir sind nicht mehr die losen Leichtfüße, die wir einst waren,“ sagte er, „Irgend, wir müssen planen.“

Der Kalender war ein zusammen gerolltes Ding von einer Baufirma. Um ihn auf dem Boden auszubreiten, tranken wir erst einmal vier Bierflaschen leer, die wir dann an den Ecken draufstellten, damit er schön plan liegt.

In KW 24 machte ich einen breiten Strich: „KW 24, die brauche ich, das ist Anfang Juni, da will ich mit Freunden dies und das dort und dort erleben.“ Groß. Außerdem markierte ich die Woche für das Jazzfestival im Nachbarstädchen S., mitte März. Und Ostern? Hmm, nix vor. Aber die Geburtstage. Schnell markierte ich die Geburtstage von Sch., T. und M., den Mantelmännern und noch ein paar Freudenfeste. Okay. Soweit ist mein Jahr komplett. „Ist das nicht traurig,“ rief ich, „was für ein leeres Jahr. Sch. beruhigte mich: „Streich alles weg, was du eingetragen hast, dann hast du mein Jahr 2009“.

Wir tranken weiter. Das Gespräch mäandrierte, kaum möglich es strukturiert weiter zu geben. Einzig fällt mir nun ein, dass wir überlegten, ein Internetportal für Mantelfetischisten einzurichten: www.mantelfetisch.de.

Küchentisch

Also früher, da hätte ich mir ja weitaus spannenderes vorstellen können, was man mit einem Küchentisch anstellen kann: Sex. Aber heute? Heute ist der Küchentisch eine weite, garstige Brache, bar jeglichen Fleisches, den ich missbrauche, um alle wichtigen Dinge, die ich für eine Reise benötige zu sammeln. Hmm. Früher ist mir das auch schon einmal passiert. Fein säuberlich legte ich im Mai 2000 alles, was ich für die Radeltour nach Andorra benötigte auf den Küchentisch, dass ich auch ja nichts vergesse: Zelt, Schlafsack, Kocher, Kreditkarten, Geld, Adressbuch usw. usf. Problematischer Weise ist mir damals die Kreditkarte herunter gefallen. Das bemerkte ich erst in Dijon, 400 km entfernt und ich durchstand die Reise als Hungerleider, Bettler, glücklich.

Heute liegt auch wieder allmögliches Zeug auf dem Tisch. Die Geldkarte habe ich mir vorsorglich mit Tesa auf den Bauch geklebt. Nachher gehts nach Nürnberg, alte Freunde treffen und 2k8 mit erhobenem Haupt beenden.

Ist auch wichtig, mal wieder hier raus zu kommen. Ich kann es kaum fassen, derart festgenagelt zu leben. Aber hey, das ist einfach so passiert. Die letzten Tage ohne Lohntackerei waren immens wichtig, um den Künstler wieder frei zu legen. In diesem Weblog macht sich das bemerkbar daran, dass ich verstärkt arbeite, Artikel poste, die Blogrolle endlich einbaue, etc pipapo.

Im Grunde könnte man das Leben an Hand eines Küchentischs gut erklären. Der Küchentisch ist eine Fläche, auf der man, je nach dem wie der Wind gerade steht, sein Leben präsentiert. Mal liegt darauf die Steuererklärung für ein verwirktes Jahr, mal sammeln sich alle reiserelevanten Gegenstände und, ja, ich spreche das ungerne an, aber es soll auch Menschen geben, die ihre Sexualität teilweise oder vollständig auf Küchentischen ausleben.

Gehört das hierher? Breche ich ein Tabu? Ja. Ja.

Wenn Küchentische reden könnten, was würden sie uns erzählen?